Hoplos

Hoplos

Rezensionen
Hoplos vor 10 Jahren 5 2
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Des Mauren letzter Seufzer
Ein heißer Tag in al Andalus,dem arabischen Südspanien des Hochmittelalters, die Sonne steht hoch am Himmel und brennt herab, es ist staubtrocken, ein Reisender hat endlich das Stadttor erreicht und betritt die Karawanserei mit dem Orangenbaum in der Mitte, um sich zu erfrischen. Vor dem Haustor befindet sich der Basar der Gewürzhändler. Die Hitze fliert, er riecht Pfeffer, Weihrauch. Der Sand knirscht unter seinen Ledersandalen. Endlich Erfrischung? Nein, aber aromatische Hölzer verbreiten einen angenehmen Duft...

Das Cologne Spanish Leather wurde von Truefitt & Hill in Erinnerung an das alte Königreich Granada kreiert und das riecht man auch. Die Umschreibung als "spicy" und "warm" ist keineswegs untertrieben. Der Piment schafft es zusammen mit den Hölzer die wenigen zitrischen Auftaktnoten gleich zu Beginn gnadenlos zu überrollen. Der Zimt ist an dieser Aktion eher unbeteiligt, aber gewisse Erinnerung an die scharfe Zimtbombe von Gaultiers Le Male kommen da schon hoch. Diese wird aber kongenial durch den Weihrauch entschärft, der die Schärfe verwischt und sich wie einen luftiger, rauchiger Schleier über das Holz legt. Zusammen mit den Gewürz- und den wenigen Kräuter-Blumennoten ist das ein sehr opulenter, richtig orientalischer Auftritt, der da geboten wird. Es sei aber nicht verhehlt, dass der Weihrauch am Schluß recht frei neben den Holz zum Stehen kommt und dann Erinnerungen an das letzte Lagerfeuer weckt. Dieses Dufterlebnis muss man erst mal mögen. Das Cologne bekommt durch den ordentlichen Holz-Gewürz-Komplex ein staubtrockenes Erscheinungsbild, man meint den warmen Sand unter den Füßen zu riechen. Angst vor einer feminen Süße kommen da nicht auf, obwohl Vanille und Tonka das nahelegen würden. Die Ledernoten sind eher diskret. Spanish Leather steht für eine bestimmte Art des Gerbens auf pfanzlicher Basis, so die Erläuterung, die ich bei einen vergleichbaren Produkt der Konkurrenz fand. Und dieser Effekt, Kräuter-Gewürze mit sanfter Ledernote, kann man wahrnehmen bzw manchmal auch nur erahnen.

Ingesamt ein interessanter, aber auch schwieriger Duft, den man erst mal besser kennen lernen muss, um ihm Sympathie entgegenzubringen. Und wer mit Weihrauch umgehen kann, wird hier keineswegs schlecht bedient. Den Duft fair zu bewerten, ist schwierig, je nach Dosis und Tagesform habe ich schon alles zwischen 60 und 85 für vertretbar gehalten.

Der Duft ist trotzdem eine schöne Reference an eine interessante Zeit in der europäischen Geschichte, wenn man nicht wie der Emir von Granada 1492 auf der Passhöhe stand und beim Zurückblicken um sein verlorenes Königreich weinen musste...
2 Antworten
Hoplos vor 10 Jahren 7 5
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Trafalgar oder der Nelson Touch
Am 21. Oktober 1805 vor Kap Trafalgar steht Admiral Horatio Nelson vor einer schwierigen Entscheidung. Er soll eine nach Schiffszahl und Bewaffnung überlegende spanische-französische Flotte stellen und soweit möglich vernichten. Die Windverhältnisse sind instabil, gleichzeitig kündigt der immer stärker werdende Wellengang einen schweren Sturm an. In dieser Gemengelage entscheidet Nelson, der beruflich wie privat höchst unkoventionell handelt, die feindliche Flotte nicht wie damals üblich auf Parallelkurs mit Breitseiten zu beschießen, sondern mit 2 Kolonnen in 90 Grad Winkel die gegenerische Flotte anzufahren und aufzuteilen, auch auf die Gefahr hin, seine Flagg- und Führungsschiffe an beiden Angriffsspitzen im gegenerischen Sperrfeuer zu verlieren. Am späten Vormittag gibt Nelsons Flaggschiff Victory mit der Flaggenkombi "England expects, that every man will do his duty" das Signal zum Angriff...

Was darf man von einem Duft erwarten, der nach dem größten britischen Seesieg in den Napoleonischen Kriegen benannt wurde?

Er ist, wie Yatagan es trffend beschrieben hat, ein Solitär und beginnt wie ein solcher. Eine wahre Breitseite an Zitrischen Düften eröffnet die Wahrnehmung. Man bemerkt dann rasch, wie die floralen-kräuterlichen Elemente sich Platz verschaffen. Das Holz bleibt subtil im Hintergrund und wird mit dem Verblaßen der Zitrischen Elemente stärker, ohne dominant zu werden. Gerade zu Beginn schwingt eine Ahnung von Meer, Algen und auch Medizin mit, während man dann meint, man stehe auf den Deck eines Segelschiffes und röche das frisch geputzte Holzdeck.

Gerade im Mittelteil mit der floralen Dominanz von Jasmin, ich meine auch Rose und Maiglöckchen zu erkennen, unterdückt die clevere hölzerne Einhegung eine süße Schwere dieser Blumenpracht. Es ist, als stände am Gartenzaun und brächte seiner Liebsten einen dezenten Blumenstrauß. Ob da dem Parfumeur die legendären Amouren von Admiral Nelson mit Lady Hamilton vor Augen standen?

Die sanfte Schlußphase mit Zeder und Sandelholz, die mit den verbleibenden zitrischen Anteilen eine gewisse Frische verbreiten, läßt das Understatement eines Gentlemen durchscheinen, dem nichts mehr aus der Ruhe bringen kann.

Der Duft ist vergleichweise kantig und segelt hoch am Wind, ohne aber aus der Rolle zu kippen. Er tut seine Pflicht, hat aber Wagemut und schärft die Sinne für Neues, bisher nicht Gewagtes. Er vollbringt eben den Nelson Touch, jenes unkoventionelle Angriffsmanöver aus der Seeschlacht vor Cap Trafalgar, dass die Grundlage für den Sieg legte.

Dieses Cologne ist es wert, getestet zu werden, auch wenn es nicht jeden liegen wird und es leider nicht an jeder Ecke zu bekommen ist.
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