Dorin - Die Brücke zwischen Orient und Okzident

Wofür steht "Maison Dorin" aus Paris und wer oder was steckt dahinter?

Bei der Recherche über "Maison Dorin" überrascht eine Tatsache sofort: Das älteste Parfum-Haus Frankreichs, das sogar eines der ältesten weltweit ist, ist bis dato nicht allzu bekannt bei uns. Und das obwohl "Maison Dorin" auf eine so lange und traditionsreiche Vergangenheit blicken kann, die nicht minder spannend, als auch ereignisreich war.

Gegründet in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von der gefeierten Bühnendarstellerin Marguerite Montansier, begann alles mit der Herstellung von Puder, Rouge, Lippenstiften und Cremes. Bereits 1780 avancierte "Maison Dorin" zum offiziellen Lieferanten des königlichen Gerichts von Versailles. Dorins Ansehen wuchs stetig und unaufhaltsam und wurde alsbald gekrönt von der eigenen Parfummanufaktur, die selbstredend großen Anklang beim Adel und an den herrschenden Königshäuser fand.

So hätte die Geschichte des erfolgsverwöhnten Traditions-Hauses weitergehen können. Doch irgendwann im 20. Jahrhundert drohte der helle Stern, das weltweit erfolgreiche Imperium "Maison Dorin", unterzugehen.

Das war der Moment als das Ehepaar Bashar und Imane Nasir die Firmen-Bühne betraten und dem Unternehmen neues Leben einhauchten. Anfang des Jahres 1998 begannen die beiden mit viel Herzblut, Energie und Enthusiasmus die ursprünglichen Parfumformeln aufzuarbeiten. All das geschah mit Fingerspitzengefühl und sehr behutsam, immer in respektvoller Anlehnung an alte Rezepturen.

Natürlich kamen alsbald zeitgemäßere Neuschöpfungen zur wachsenden Kollektion dazu. Mit hohem Anspruch an Qualität, auch unter dem Aspekt des Brückenschlags zwischen Originität und Innovation sind so mittlerweile 18 Düfte entstanden, eingebettet in 4 unterschiedlich thematische Kollektionen.

Die vier sinnlich-opulenten Kreationen der "Un Air d'Arabie" Linie wollen eine Brücke darstellen für zwei gänzlich verschiedene Kulturen, spiegeln also die durchaus spannungsgeladene Begegnung von Orient und Okzident wieder. Und machen auch ganz deutlich klar: Hier wird nicht gefackelt, nicht gekleckert, sondern geklotzt! Französische Zurückhaltung? Weit gefehlt! Dass Bashar Nasri ursprünglich aus Damaskus in Syrien stammt und hier somit ein echter Kenner der arabischen Duftnoten am Werk war, das offenbart sich hier in sekundenschnelle, denn jeder der vier Düfte ist ein olfaktorisches Feuerwerk und nichts für schwache Nerven, bzw. zartbesaitete Blümchenduft-Liebhaber. Hierzu passt dann auch die Info, dass "Maison Dorin" eine der verkaufsstärksten Marken in Dubai ist und im arabischen Raum extreme Beliebtheit erfährt. Auch die luxuriöse Pari-Gallery in Qatar, die über 450 internationale Luxus-Marken führt und präsentiert, widmete der Einführung der "Un Air d'Arabie" Kollektion im Jahr 2010 ein festliches Event mit großem Medienspektakel.

Apropos Brücke: Nachdem meines Erachtens der Inhalt der Flakons tendenziell eher den Orient spiegelt, gelingt beim kostbaren Flakon eine ansprechende Fusion. Die Form des Flakons soll den Eifelturm, also Europa, symbolisieren und das Gold am Flakonhals, das in Handarbeit aufgelegt wurde, das steht dann zweifelsohne wieder für den Orient.

Und wie nun, geht die europäische Nase mit dieser gewürzigen Explosion um?

Der erste Test dieser verheißungsvollen Kollektion beginnt mit "Un Air d'Arabie Musk" und hier offenbart sich sogleich die orientalische Seele.

Patchouli und Rose, begleitet von allerlei edlen Hölzern breschen vorwärts und nur der Weihrauch mit seiner kühlen Aura verhindert hier, dass sich allzu viel balsamische Wärme direkt breit macht. Später, viel später dann, wenn sich all die Noten ausgetobt haben, die Kühle des Weihrauchs Geschichte ist, wenn selbst diese langlebige Rose, die hier die einzige Blüte darstellt, aufgegeben hat, dann kommt sie doch zu Tage: verführerische Wärme, samtig-weiche Moschus-Vanille, die gänzlich ohne Süße auskommt. Vanille steuert hier diesen Hauch Rauchigkeit bei, hält sich ansonsten aber vornehm zurück. Ein Kuschelmuschel-Moschus ist das nicht. Dicht ist das alles. Und äußerst präsent. Und so wenig weiblich, wie auch Chanels "Sycomore" ausschließlich feminin ist. Auf Männerhaut sicherlich extrem betörend!

Bei "Un Air d'Arabie Rose of Taif" sind unter anderem Safran und Rosen als Kopfnoten angegeben. Bei dieser wohlbekannten Kombination addiere ich gedanklich gleich noch etwas dazu: Oud! So kennen wir es auch von etlichen Montale-Düften, der die "Oudmanie" vor einigen Jahren erst so richtig ins Rollen brachte. Ich mag Oud gerne riechen, auch wenn die meist medizinisch-stechende Note von "Montale" einem manches Mal ein bißchen was abverlangt, aber es gibt ja noch Alternativen wie zum Beispiel "By Kilian" oder "Micallef", die allesamt verschiedene Arten von Oud verbauen. Hier in "Un Air d'Arabie Rose of Taif" ist meiner Meinung nach auf jeden Fall Oud beteiligt, wie ich meine, sogar in der gesamten Kollektion. Obwohl nun also der Auftakt weniger überraschend ausfällt, gefällt mir was ich vorfinde. Als dann auch noch eine deutliche und schmeichelnde Leder-Note hinzugezaubert wird, das Ganze opulent und prächtig von Amber und Patchouli geleitet, gefällt mir diese orientalische Üppigkeit immer besser. Die animalischen Noten sind sparsam dosiert, grad genug wie es zur gekonnten Verführung braucht. Auch hier: Männer sollten einen Test unbedingt in Erwägung ziehen, die pure Weiblichkeit ist auch das hier nicht!

Der erste Eindruck von "Un Air d'Arabie Amber" war extrem und heftig. Hier geht es direkt zur Sache, die Kiefer- und Piniennadeln greifen aus dem Nichts an und stiften zunächst nur pure Verwirrung. Das scheint auch die einsame Geranie erschreckt zu haben, denn diese versteckt sich vor dem kleinen Tannenwald hier auf meinem Arm. All die anderen kostbaren Bestandteile unterwerfen sich der Dominanz der Kiefer und spielen extrem lange eine untergeordnete Rolle. Die Kühle des Weihrauchs sorgt auch hier dafür, dass es nicht lodert und Patchouli präsentiert sich in gewohnter Erdigkeit und scheint dem Parfum Halt zu geben. Insgesamt empfinde ich Un Air d'Arabie Amber" als trockenen Duft und grad als ich die Hoffnung auf den Namensgeber aufgeben wollte, da wurde es dann weich-würzig, dunkel ambriert und haut-streichelnd. Die Basis ist ein Traum - wenn nur nicht der lange Weg durch den dunklen, kalten Wald wäre... Da Männer ja bekanntlich mutiger sind, sollten auch sie unbedingt testen!

"Un Air d'Arabie Oud" ist kompromisslos und man bekommt, was drauf steht: Rosen, noch mal Rosen und Oud. Die seltene Wildrosen Gattung "Western Rose" wurde hier verwendet. Möglicherweise steuern eben diese Raritäten auch die edle, unsüße und unfruchtige Duft-Aura bei, die diese

Rosen-Oud-Kreation begleitet. Hier ist nichts laut und auch nichts fordernd medizinisch-scharf. Elegant, samtweich, raffiniert und betörend kommt sie daher, diese "Un Air d'Arabie Oud" Kreation, mit dem rauchig-dunklem Oud. Weiblich? Ja! Sehr sogar! Aber nicht klassisch weibchen-mäßig oder gar madamig, nein, durchaus mit Biss, so dass ich auch hier wieder eine Testempfehlung für beiderlei Geschlechter aussprechen möchte.

Für alle vier getesteten Düfte der "Un Air d'Arabie" Serie gilt:

Die Haltbarkeit ist sehr gut. Die Duftentwicklung ist zumeist spannend, ohne jedoch allzu sehr Richtungsänderungen vorzunehmen, das mag ich gerne so. Ausgiebig Zeit sollte man sich für alle vier nehmen und unbedingt mehrfach testen!

Mit jedem weiteren Test gefielen sie mir besser und offenbarten Stück für Stück ihre teils eigenwillige Charaktere.

Die Proben wurden mir freundlicherweise von "Aus Liebe zum Duft" zur Verfügung gestellt.

Inala für ParfumoBlog

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