
"Die Dame mit den Flaschen" - Doktor Rauch (1)
23. Juni 2024, kurz nach 09 Uhr
Grüß Gott, die liebe Frau Gartner hat es mir empfohlen, bin ich hier richtig bei Doktor Rauch? Achso ... eine Überweisung habe ich leider keine, jedoch darf ich schöne Grüße ausrichten.
Frau H (Sekretärin)
Nehmen sie Platz. Es kann jedoch etwas dauern, da Therapiestunde.
Therapiestunde? Davon weiß ich gar nichts. Nichtsahnend gehe ich den Kompromiss ein und setze mich ins Wartezimmer, indem drei weitere "Patienten" auf ein Gespräch mit Doktor Rauch warten. "Hallo", "Grüß Gott", "Willkommen" ... alles mögliche ist dabei, ich lächel nur zurück und suche schnell einen Platz zum Sitzen. Kurz schaue ich mich um, doch es vergehen nur wenige Sekunden bis ich zu meiner Tasche greife und mein Mobiltelefon raushole – kurz den Ticker durchlesen, ob grade was Spannendes diskutiert oder über ein Parfüm geredet wird. Hmm, nicht viel los - vielleicht ist es noch zu früh und die meisten sind schon produktiv am Arbeiten.
Nach ungefähr 15 Minuten wird der Erste ins Zimmer des Doktor Rauch gebeten. Er verabschiedet sich von uns. So kenne ich das aber gar nicht, oder? Ich schaue zufällig ans andere Ende des Zimmers, in die Nähe der Eingangstür und merke, wie sich eine Frau ständig ihren Handrücken zur Nase hält und daran riecht. Ob sie wohl deswegen hier ist?
Es vergehen weitere 10 Minuten und auch die "schnüffelnde" Frau wird hineingebeten, sie sagt nichts.
Nachdenklich und unbewusst rieche ich an meinem T-Shirt, der noch ein wenig vom Duft des heutigen Tages riecht - dieses mal gab es nur wenige Sprüher.
Nach einigen weiteren, zähen Minuten kommen neue Personen in die Ordination. Diese gehen jedoch direkt in einen separaten Raum und setzen sich nicht zur mir in den Warteraum. Was die da wohl tun?
Die verbleibende Person, die direkt neben mir sitzt, riecht ganz besonders - doch irgendwoher kenne ich diesen Duft - hatte ich diesen nicht schon einmal in der Sammlung? Egal, denke ich mir, hoffentlich komme ich bald dran.
Frau G (Assistentin)
Frau B, bitte in Raum 2
Frau B ist nun an der Reihe und folgt der Assistentin in Raum 2.
Und jetzt sitze ich ganz alleine im Warteraum. Alleine – so mag ich es gar nicht. Ich wage es nochmal, mich im Raum genauer umzuschauen. So sehe ich einige Broschüren und Poster von Parfümerien, die mir vom Namen gar nichts sagen. Jedoch vermitteln sie eine Botschaft - diese kleinen Parfümflaschen aus Kunststoff und oder Glas mit einem Fassungsvolumen zwischen zwei und zehn Milliliter, die man komischerweise unbedingt testen soll, bevor man sich zu einem Kauf entscheidet. Irgendwoher kenne ich das doch, aber woher nochmal genau? Mir fällt es nicht ein, egal.
Nach einigen Minuten der totalen Stille höre ich eine Tür aufgehen. Wenig später höre ich ein Flüstern am Ende des Ganges: "[...] sie kam unangemeldet, fragst du sie mal? [...]".
Schritte kommen näher, näher zu mir, dann stehen zwei Personen in der Eingangstür zum Warteraum.
Doktor Rauch
Grüß Gott, sind sie, ähm, Frau Rosalie T.?
Ja, das bin ich, antworte ich zögerlich.
Doktor Rauch hat einen Umschlag mit einigen Zetteln in der Hand und wühlt darin, während ich auf eine Antwort oder Anweisung warte.
"O.K., kommen sie kurz mit, vorne links, Raum 4." seine Antwort. Ohne zu zögern stehe ich auf und gehe entlang des schmalen Gangs in Raum 4. Darin ein Tisch mit einem Sofa und einem Sessel - befremdlich aber doch so gewohnt.
Während ich mich umschaue kommt Doktor Rauch schon durch die Tür hinein und begrüßt mich recht herzlich: "Nehmen sie Platz". Ich setze mich bewusst auf das Sofa, da mir dies in dieser Situation angenehmer ist.
Ein weiteres Mal wühlt Doktor Rauch in seiner Zettelsammlung, was sich dort wohl versteckt, dass es doch so wichtig sein muss?
"Also gut, zu Beginn eine Frage: Darf ich sie Rosalie nennen?" - Ja, antworte ich.
Doktor Rauch: "Was führt dich zu uns, Rosalie?
Ich möchte mal was anderes - ja, ich weiß, dafür war ich bekannt, herb hier - rauchig da ... doch irgendwann, hmm, es darf dann auch mal was anderes sein. Nicht ganz was anderes, sondern - ach, sie wissen schon.
Doktor Rauch runzelt die Stirn und überlegt für einige Sekunden, als er sich dann dazu entscheidet aufzustehen und kurz den Raum zu verlassen.
So war ich wieder alleine ...
"Klopf, Klopf, Klopf" machte es an der Tür, doch als ich gerade darauf reagieren wollte, ging die Tür schon langsam auf. Es war nicht Doktor Rauch, sondern eine Dame, die ich vorhin erst im Warteraum gesehen habe. Sie hält eine kleine, mysteriöse Schachtel in der Hand und sagt: "Weihrauch?"
Hmm, erstmal kann ich mit der Frage nichts anfangen, aber ich nicke nett zurück. Die unbekannte Dame setzt sich neben mich und zeigt mir ihre kleine Schachtel, die sie mitgebracht hat.
Was da wohl drinnen ist? Meine Neugierde - ganz groß.
Die unbekannte Dame öffnet langsam die kleine Schachtel - alles voller kleiner Fläschchen. Sie hält mit ihrer linken Hand meine Augen zu und führt eines dieser kleinen Kunststofffläschchen langsam zu meiner Nase. Ich nehme einen normalen Atemzug durch die Nase als plötzlich ein intensiver Geruch in meine Nase steigt und sich rasend schnell in meinem Kopf ausbreitet. Alles wird schwarz vor meinen Augen, mein Körper fühlt sich taub an, und ich kann mich fast nicht mehr bewegen. Panik durchströmt meine Adern, doch bevor ich auch nur einen Laut von mir geben kann, höre ich eine Stimme dicht an meinem Ohr flüstern ...
Fortsetzung folgt ...



