Schellack

Schellack

Rezensionen
Schellack vor 3 Jahren 13 4
Bei wenigen Parfums krachen die Meinungen hier dermaßen aufeinander wie bei Etros "Messe"... Sehr unterhaltsam!!
Spiegelt durchaus wieder, was uns dazu schon untergekommen ist.
Mein erster Gedanke, als meine Gattin den Duft anprobierte, war: "Riecht wie ein erstklassiger, reifer Bordeaux, der leider einen Hauch Korken hat", also schon etwas von höchster Klasse, wie La Mission Haut-Brion 1989 oder so, aber eben mit Beiton. Oder vielleicht - der Herr Pfarrer hat eine Leidenschaft für große Weine und gönnt sich so ein Gläschen gerne in der Sakristei. Merkwürdig ist die Note aber nur bei Wein, ansonsten ist "Messe" für uns durchaus der elegante, etwas schwerere Duft für den großen Auftritt, spitzenverbrämtes Abendkleid etc. - aber natürlich keinesfalls in der zeitlichen oder örtlichen Nähe einer Weinprobe... und auch sonst vorsichtig zu dosieren. Noch dazu, wo man ihn nicht mehr bekommt.
Also bei Schellacks dann und wann gerne gerochen, und unsere Freunde haben wir damit auch noch nicht zu erschrecken vermocht.
Andererseits: vor Jahren war meine Gattin auf der Suche nach einem (weiteren) weihrauchlastigen Parfum. Wir betreten eine kleine, feine Parfumerie in der Hauptstadt. Ein sehr kompetenter und höflicher Herr bedient uns. Sie trägt ihren Wunsch vor, ich will mich nützlich machen und werfe ein "Also vielleicht intensiverer Weihrauch als das Messe de Minuit". Plötzlich - wir sind um ein Haar erschrocken :-) - kippt der freundliche Verkäufer auf Schnappatmung (und von Hochdeutsch in Dialekt): "Messe de Minuit? Des halt i net aus. Net amal in d'Gruft derffns ma des nachschütten!!" Nun, glücklicherweise beruhigte er sich schnell wieder, und wir verließen schließlich zufrieden das Geschäft mit einem Flacon Full Incense von Montal.
Meine Gattin schätzt letzteres nach wie vor sehr, auch das "Messe" wird weiter gerne verwendet.

Aber die Demonstration der starken Emotionen, die ein Parfum auslösen kann, war schon eindrucksvoll!
4 Antworten
Schellack vor 3 Jahren 23 2
10
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Nur eine kleine Ergänzung
Dieses witzig und entzückend verpackte Duftwässerchen des britischen Herstellers ist hier ja schon von vielen ausführlichst beschrieben worden. Etliche verwenden den Ausdruck "süße Tanne". Ja, kann ich mich anschließen, durchaus. Aber als Bewohner des Alpenvorlandes ich hätte einen Präzisierungsvorschlag: ZIRBE!!! Genau DIESE Konifere ist für mich da im Spiel. Entwickelt sich wenige Minuten nach dem Aufsprühen.
Die Zirbe genießt hohes Ansehen in der Folklore - so soll ihr Duft unter anderem besonders erholsamen Schlaf gewährleisten, was dazu geführt hat, daß es vom Zirben-Duftöl für die Kapillarstäbchen über Zirbenholzschartenpolster bis zum komplett aus Zirbe gebauten Schlafzimmer im Alpenumkreis alles gibt. Und man kennt auch einen kultigen Likör, der mit - nicht ganz einfach zu beschaffenden - noch nicht ganz reifen Zirbenzapfen angesetzt wird. Der wird nicht nur schnöde industriell gefertigt, sondern ist auch Gegenstand von hart umkämpften Wettbewerben von Amateurherstellern. Und wer weiß, vielleicht könnte man bei so einer Bewertung ein paar Extrapunkte einheimsen, wenn man vorher den Schrecklichen Teddy auflegt??
2 Antworten
Schellack vor 3 Jahren 12
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Grandseigneur alter und etwas dunkler Schule
Wir haben das Parfum "auf Verdacht" und nur aufgrund der Beschreibung im webshop bei der Rabattaktion einer Wiener Parfumeriekette erworben - etwas, was man ja GAR nicht tun soll, aber was bleibt einem schon im lock-down übrig??
Kurz gesagt: weder ich als Träger noch meine Gattin als (auf Miß- und flache Synthetiktöne recht empfindliche) Schnüfflerin waren enttäuscht.
Wir habens gleich auf der Haut probiert.
Zu Beginn Teernoten, natürlich schweres Leder, dann aber auch der Duft von hochwertigem Zigarrentabak, dunkler Schokolade, altem Rum, die Süße von Kentucky Bourbon Reserve; sogar etwas Portwein schleicht sich ein.
Später Tonkabohnen, auch vorsichtige Blütennoten (minimal sogar Veilchen??) und süß unterlegter Gummi, vielleicht eine leichte Erinnerung ans "Gomma" von Etro.
Insgesamt warm, mächtig, ohne aufdringlich zu wirken oder gar zu erschlagen.
Einerseits Assoziation zu klassischem Herrenabend, nicht im Smoking, aber jedenfalls im Blazer, mit reifen Cabernets, dann Cognac oder Portwein (dieses Parfum würde wohl bei der Verprobung von solchen Getränken nicht einmal stören, was sonst sehr kritisch ist!), andererseits aber auch ein schöner Abend daheim zu zweit, mit klassischer Musik.
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