Sniffsniff

Sniffsniff

Rezensionen
21 - 23 von 23
Sniffsniff vor 6 Jahren 25 12
8
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
6
Duft
Je l'adore? Non! Mais ça me plaît un peu.
Vorgestern warf mir die Kassiererin beim Türkisen eine Probe "J'adore" ins Tütchen. Ich freute mich über die Testmöglichkeit und sprühte mir bereits auf dem Parkplatz beherzt ein Schwällchen des großen Namens auf meinen Unterarm. Der große Name weckte große Hoffnungen, wenngleich ich mit Dior auch immer etwas sehr Elegantes und Feminines, ja sogar eine gewisse Noblesse assoziierte und deshalb schon darauf gefasst war, dass der Duft nicht wirklich zu mir passen könnte.
Nunja, was jetzt folgt, kann wohl getrost als selbsterfüllende Prophezeiung bezeichnet werden. Es duftet mir ein zurückhaltend-zitrisches Wölkchen floraler Zartheit entgegen. Wenn ich "J'adore" musikalisch interpretieren müsste, würde ich zur Querflöte greifen. Helle Töne dominieren den Duft, wenn er eine Farbe hätte, wäre er hellgelb mit pastelliger Note. Ich rieche Ylang-Ylang und ganz viel Jasmin, die hölzerne Basis will sich mir indes nicht zeigen. Und so blümelt es still und leise vor sich hin. Ich vermisse jegliche Tiefe. "J'adore" hat so viele Ecken und Kanten wie ein Gymnastikball. Ich fühle mich mit diesem Duft fremd in meiner Haut. So riechen Damen, bei denen immer alles perfekt ist. Von der Frisur über die Nägel bis hin zum Kostümchen, an dem kein Fusselchen haftet. Frische Wäsche kommt mir in den Sinn, blütenrein. Während ich so vor mich hin sinniere, entferne ich ein paar weiße Katzenhaare von meinem schwarzen Wollpulli.
Ist der Duft erotisch? Mitnichten. Er ist der Duft eines ätherischen Wesens, das jenseits jeglicher Sexualität frisch, sauber und adrett duften möchte. Da ist ganz und gar nichts Verdorbenes, das auf ungeahnte Tiefen hinter der akkuraten Fassade seiner Trägerin verweisen wollte. Ich kann mir den Duft gut an betont femininen Frauen bis 40 vorstellen, die ihren Job in Hosenanzug oder Kostüm bestreiten müssen und dabei freundlich-seriös wirken möchten. "J'adore" ist nicht aufdringlich oder gar penetrant, sondern bleibt immer fein und höflich. Dieses Understatement zeigt sich auch im Duftverlauf, der linear ist wie eine Perlenkette (die übrigens gar nicht schlecht mit "J'adore" harmonieren würde) . Die Sillage ist bei angemessener Dosierung auf Armlänge wahrnehmbar, aber auch hier weicht der Duft nicht vom seinem zurückhaltenden Credo ab. Nach etwa vier Stunden baut der Duft in puncto Haltbarkeit rapide ab und ist nur noch sehr körpernah wahrnehmbar.
"J'adore" ist ein Duft, der bei den wenigsten Nasen vehemente Ablehnung auslösen dürfte. Er ist gefällig, ein freundlich-klarer Wohlgeruch für Liebhaberinnen und Liebhaber floraler Akkorde, für die das Wort Extravaganz etwas immanent Bedrohliches besitzt.
Umso mehr irritiert mich die Namensgebung. Mit dem Französischen "J'adore" assoziiere ich affektgesteuerte Hingabe, sinnliches Begehren und ein klitzekleines Bisschen animalische Triebhaftigkeit. Insofern hätte ich den Duft eher "Mais oui, ça me plaît un peu" genannt. Aber wahrscheinlich sitze ich aus genau diesem Grund nicht in der Marketingabteilung bei Dior.
12 Antworten
Sniffsniff vor 6 Jahren 40 15
10
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
Von Verstörung und irrationalem Begehren ...
Am 3. Oktober ging ich an Bord einer LKW-Fähre in Richtung Baltikum, um einige Tage auf der Kurischen Nehrung zu entspannen. Um das Passagierdeck des gewaltigen Schiffes zu erreichen, wurden die Fußpassagiere unmittelbar nach dem Betreten des Schiffes durch einen schmalen Gang gelotst, der nahtlos in eine scheinbar endlose Rolltreppe überging. Man fuhr und fuhr, leichte Beklemmung stellte sich ein. Ein paar Takte "Stairway to heaven" kamen mir in den Sinn. Plötzlich hängt da ein Werbeplakat. Allein auf weiter Flur. Schöne Menschen in weichem Licht. Boheme, ick hör dir trappsen! Ein Zeichen, Fatum, göttliche Fügung! Ein neuer Gucci-Duft - und die Rolltreppe führt mich direkt ins Himmelreich des Bordshops. (Man muss dazu wissen, dass meine Sammlung Anfang Oktober noch aus Gucci Rush und Gucci Rush bestand - mein Duft seit 1999.) Ich checkte also schnell ein, trank meinem Mann zuliebe noch ein gemütliches Bierchen und verschwand im (12 Quadratmeter großen) Bordshop. Schicker Flakon. Passt zu diesen schönen Menschen, die da im sanften Gegenlicht Bacchanalisches im Kopf zu haben scheinen. Mein Inneres schwelgt bereits in verführerisch-weichen Duftsphären. Ich sprühe auf das Papierchen. Voller Vorfreude inhaliere ich den Duft. Peuhaoioioi! Ich bin empört. Kippe fast hinten über. Was um Himmels Willen ist das, was soll das und wer zum Teufel will so riechen? Alkohol auf Fußtinktur mit Stroh und Moos unter morscher Birke. Ich erwartete ein Parfum, das gefälligst so zu riechen hat, wie meine Ottonormalnase Parfum kennt und einzuordnen vermag. Das ist "Memoire d'une odeur" definitiv nicht. Ich war irgendwie verstört und stapfte enttäuscht zurück zu meinem Mann, der insgeheim frohlockte, viel Geld gespart zu haben.
Einen Monat später bin ich beim Türkisen und darf mir einen Geburtstagsduft aussuchen. Die Verkäuferin ist wunderbar. Scannt mich, kennt mich. Der erste präsentierte Duft ist meiner und wird gekauft. Ich bin allerdings etwas enttäuscht, da ich gerne noch mehr probiert hätte. "Ach, da fällt mir ein Erlebnis mit dem neuen Gucci ein, den würde ich gerne noch einmal testen." Die Wunderbare greift zielstrebig nach "Ambrosia di fiori" und hält mir das Papierchen unter die Nase. "Nein, der hier ist auch nicht meins, aber ich meine den Grünen, den Krassen." "Den Grünen, ernsthaft den Grünen?" Die Türkise ist merklich erschüttert. "Ja, ich will ihm noch eine Chance geben. Vielleicht entwickelt er sich ja und wird noch schön." "Nee, da wird gar nichts mehr schön!" Habe ich schon erwähnt, dass mir diese Verkäuferin unglaublich sympathisch war? Es geht doch nichts über entwaffnende Ehrlichkeit. Wir finden den Duft also beide nicht so dolle.
Dritter Versuch, Ende November. Da isser wieder. Das grüne Anti-Blümel-Wasser lacht mich an, ich greife zu und werde waghalsig. Ich sprühe den Duft auf mein Handgelenk. Er ist nicht mehr so böse wie bei unserer ersten Begegnung auf der stürmischen Ostsee. Nachdem der Alkoholschleier sich verzogen hat, bekommt er eine nüchterne Note. Er ist klar. Er hat nichts Verspieltes. Er will auch nicht erotisch sein, nicht feminin, nicht verrucht. Ich mag die Kamille, die mich beruhigt. Sie hat etwas Strenges, sie gibt die Richtung vor, bleibt dabei aber klar und erhaben. Die Hölzer kommen hinzu, geben der Kamille Fülle. Moschus nehme ich nur minimal wahr. Ganz am Ende kann ich die Vanille erahnen, ganz zart, jetzt nur noch in Verbindung mit der Kamille, die auch nur noch ein feiner Schleier ist.
Anfang Dezember: Was soll der Geiz. Ich habe mir den Flakon gekauft. Was mich so lange und wiederholt bewegt, soll wohl zu mir gehören. Ich habe auch eine Erklärung: Seit unserer ersten Begegnung habe ich mich durch das gesamte türkise Standardsortiment gerochen und begriffen, dass ich Blumen furchtbar finde. Besonders Maiglöckchen. Früchte sind etwas besser. Ich habe auch begriffen, dass meine Düfte mindestens Unisex sein müssen. Viele Herrendüfte finde ich an mir tragbarer als zum Beispiel ein SI oder LVEB. Dass ein reiner Damenduft einen Kaufimpuls in mir auslösen kann, ist äußerst selten. Ich bin mittlerweile froh, wenn ein Duft anders riecht, wenn er sich vom fruchtblümeligen Gefälligkeitseinerlei abheben kann.
Und das kann "Memoire d'une odeur" nur zu gut. Er ist kein Mädchenduft. Zumindest keiner für die, die süß und sexy sein wollen, ins Nagelstudio rennen und sich Fake-Lashes dranbasteln.
Er erinnert mich mit seiner leichten Heunote an meine Pferde und löst schon allein deshalb ein Wohlgefühl bei mir aus. Ich sprühe ihn vor dem Einschlafen auf mein Kopfkissen und schlafe tief und fest. Er ist so leicht und klar, dass ich ihn sogar im Stall tragen würde. Niemals käme ich bei einem anderen Duft auch nur auf die Idee. Und ich glaube, meine Pferde würden ihn auch mögen.
Morgen werde ich ihn in der Schule tragen und ich bin gespannt, was er da auslöst. Es ist und bleibt ein polarisierender Duft, aber es lohnt sich, ihm 7-364 Chancen zu geben. Alle Duftkonventionen auf "reset" und "Memoire" hat das Potenzial, eine neue Dufterinnerung zu schaffen.
15 Antworten
Sniffsniff vor 6 Jahren 33 6
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Rabimmel, Rabammel - Rabanne!
Ich bin recht frisch der Parfumsucht verfallen und so liegt es auf der Hand, dass ich mich erst peu a peu durch das Mainstream-Duftmeer schnüffeln muss, um nach und nach einen bescheidenen Erfahrungsschatz aufzubauen, der mich die Duftkommentare bei Parfumo verstehen lässt und mir erlaubt, im Rahmen meiner begrenzten Möglichkeiten meinen kleinen Anteil zum Diskurs beizutragen.
Der erste Paco Rabanne in meiner Nase war Lady Million, welcher es nicht vom Papier auf meine Haut schaffte. Zu aufgedonnert, zu "Pailettenmini im Club". Olympea las sich bezüglich der Duftpyramide und meines olfaktorischen Beuteschemas ganz interessant. Auf's Papier gesprüht, inhaliert und für ganz nett befunden. Mein spontaner Kommentar: "Damit tut man zumindest niemandem weh." Die Frau in Türkis musste ein wenig grinsen. Drei Wochen später hielt ich auf dem Heimweg nach der Arbeit bei unserem kuhdörflichen Drogeriemarkt mit Zentaur und hatte akuten Belohnungsbedarf. Der Herr in Weiß, der mir den Parfumtresen aufschloss, wirkte anfangs etwas verunsichert, machte sich jedoch gleich dienstbeflissen ans Werk und sprühte geduldig einen Duftwunsch nach dem anderen auf's Kärtchen. Nachdem ich nach dem Testen von Angel sehr erschrocken bis angewidert ausgesehen haben muss, griff er unter den Tresen und hielt mir mit betroffenem Blick ein kleines Döschen mit Kaffeebohnen unter die Nase. Chapeau! Es wollte mich so recht kein Duft überzeugen und so landete ich wieder bei Herrn Rabannes griechischen Anklängen. Im Angesicht von Angel konnte die Dufterfahrung nur besser ausfallen. Moment. Olympea Intense. Das ist doch etwas anders aufgebaut als Olympea? Der Herr in Weiß hob verlegen die Schultern. Ab auf den Tester und in die Nase. Hallöchen. Diese freundliche Beliebigkeit, die mich bei Olympea von einer weiteren Beschäftigung mit dem Duft abgehalten hatte, war Olympea Intense völlig fremd. Der Duft ist voluminös, harmonisch, süß und dabei sehr warm und weich. Ich rieche in der Kopfnote deutlich den weißen Pfeffer heraus, der Olympea Intense eine gewisse kantige Würzigkeit verleiht. Dann kommt das salzige Element der Vanille hinzu, das bei mir mit den anderen Komponenten zu einem wunderbar milden Salzkaramellbonbon verschmilzt und den Duft für mich zu einem Traumgourmand par excellence werden lässt. Intensiv und doch zart. Süß, aber keinesfalls klebrig. Die blumigen Noten nehme ich weniger stark (bis kaum) wahr. Ambra und Zeder sind fein abgestimmt und sorgen für einen harmonischen Ausklang, der weiterhin von diesem himmlisch leckeren Karamellbonbon getragen wird. Es ist natürlich kein oller Werthers, sondern ein handgerollter Bonbon aus einer kleinen bretonischen Bonbonmanufaktur.
Die Sillage ist schon nicht von schlechten Eltern, so ist Zurückhaltung bei der Dosierung gefragt. Die Haltbarkeit liegt bei mir bei ca. sechs Stunden.
Und so begab es sich, dass der Paco und ich doch noch unseren Frieden schlossen.
6 Antworten
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