Splitter

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Splitter vor 4 Jahren 19 2
10
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Ein Blindkauf wird zum Signaturduft
Nach langer Zeit als stiller Beobachter, wird es jetzt doch endlich Zeit für meinen ersten Kommentar. Den habe ich mir extra für diesen Ausnahmeduft aufgespart.
Rhinoceros war mein erster Zoologist und ein Blindkauf allein anhand der Beschreibung und Noten. Und er hat mein grosses Interesse an dieser Marke entfacht. Klar, die einzelnen Tiere und ihre Lebensräume sind teils schwer zu definieren, noch schwerer ist es, konkrete Bilder in den Kopf zu bekommen, die gleichfalls realistisch sind. Darauf möchte ich aber gar nicht eingehen.

Kommen wir zum Nashorn.
Ich trage Parfum an den Armen und traue mich problemlos je zwei Sprühstösse aufzutragen. Dann trabt es heran, das walzende Getier. Kraftvoll erkennbar, die fast schon stechende Note des Rum, gepaart mit der zitrischen Note der Bergamotte und fast so intensiv, dass mir der Atem wegbleibt. Aber nicht in einem Anflug von Abscheu oder sonstigen negativen Gefühlen, sondern vor Ehrfurcht und mit Erwartung, was da kommt.

Ja, ich weiss, was ich tu.
Kaum ist die erste Brise vorübergezogen, startet eine olfaktorische Symbiose, die unscheinbar und gleichsam nicht zu übersehen ist. Der Duft setzt sich trocken auf mich und in den Raum. Schwer und gesetzt verbleibt er da. Wie ein Reibeisen schwebt Tabak, Oud und Nadelholz durch die Luft, gleichsam agil, und weiss zu gefallen. Ab und an scheint in der Theatralik des Nashorns in der Savanne mal ein Wind zu wehen, der rauchigen Staub aufwirbelt. Nicht zu stark, um alles zu überdecken und dennoch stark genug, um klar anwesend zu sein. Auch die Ledernote aus der Basis ist stets anwesend und schwingt über Stunden mit.
Diese Symbiose zieht sich locker 8-10 Stunden, in denen der Duft langsam immer trockener wird, bis sich dann quasi das Nashorn zum Schlafen legt und wirklich nur noch die Basis übrig bleibt. Trockener, staubiger Sand, rauchiger Atem, grosser Dickhäuter.

Ja, ich kann verstehen, dass diese Komposition nicht jedem gefällt. Aber ihn der Schwere und Komplexität - nicht in Form von Phasen, sondern Komponenten - wegen eher einem älteren Publikum zuzusprechen, kann ich mit Ende 20 nicht nachvollziehen. Rhinoceros ist ein Duft für mutige Menschen, die entweder auf ein fulminantes Auftreten mit anschliessend ruhiger Anwesenheit setzen, oder gerne ausprobieren, wie altbekannte Komponenten neu kombiniert werden können. Er ist für Experimentierfreudige und solche, die nicht vor staubig trockenen Düften zurückschrecken. Denn was Rhinoceros macht, das macht er richtig. Er ist keinesfalls weich, geschmeidig und rund, sondern spielt gekonnt mit seinen Kanten, die sich nicht abschleifen lassen, jedoch auch nicht überall anecken. Kurz: Ich mag diesen Ausnahmeduft.

Vielleicht ist es tatsächlich ein Duft, den man liebt oder hasst, der nicht gleichgültig daherkommt.
Aber eines hat mich Rhinoceros gelehrt: Manchmal ist ein Blindkauf die beste Entscheidung, die man treffen kann.
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