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StenLaurels Blog
vor 12 Tagen - 22.04.2024
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Areks Sillage, Pheromon, und wie Meike die grosse Liebe findet

Schlado. Scheiss langer Donnerstag. Da muss ich arbeiten. Abends. Im Gym. Für Leute, die nach der Arbeit Sport brauchen. Muss los, bin spät dran. Auf dem Weg zum Auto verstellt mir Meike den Weg. Das macht sie gerne. Meike ist meine Nachbarin. Seit gestern wieder solo. Die Neugier in Person. Sie muss unbedingt etwas über Satzbau und Rechtschreibung wissen. Ausgerechnet jetzt, eigentlich habe ich keine Zeit.

Meike ist Blond. Hellblond in der Haarfarbe. Und auch sonst. Sie glaubt, ich arbeite an der Oberschule. Als Lehrkraft am Gymnasium.  Ich habe keine Zeit für lange Erklärungen, erzähle ihr etwas über Genitiv. Zum Beispiel, dass man schreibt, "Geh nie tief ins Wasser" und nicht "Geh nie tief in dem Wasser". Das ist falsch, aber Meike nimmt das so hin.
Wundert sich, dass die Schüler so spät noch Unterricht haben. Früher war das nicht so. Nicht bei ihr. Da hatten sie Mittags Schluss. Abends sind sie in den Club. Hiess damals noch Disko, sagt sie.  Nach den Hausaufgaben.  Oder sind in die Muckibude gegangen, erzählt sie mir. Erklärt mir, was eine Muckibude ist. Ich rolle mit den Augen. Deswegen sehe sie auch so gut aus. Jedenfalls früher hat sie gut ausgesehen, schiebt sie nach. Dafür riecht Meike heute gut. Nach Pheromon. Glaubt sie.

Früher war es immer schwierig, das richtige Parfum zu finden, sagt Meike.  Man will ja nicht auffallen. Oder doch. Eigentlich will man sogar auffallen, philosophiert sie. Aber eben nicht negativ. Ausserdem ist Parfum teuer. Mit billigem Parfum kann man nicht ordentlich sillieren, und Pheromon ist da auch nicht drin. Sie kichert. Über das Wort Sillieren, diesen Fachbegriff hat sie irgendwo aufgeschnappt.  "Das ist, wenn man das Pheromon gut riechen kann", erklärt sie. Meike strahlt von einem Ohr zum anderen. Strahlt vor Stolz über ihren neuen Wortschatz.  "Aha", entfleucht es mir.  Jetzt weiss ich bescheid.

Ich hauche ihr einen Kuss auf die Wange. "Muss los!" Kann sie abwimmeln. Das war knapp. Morgen oute ich mich, das habe ich mir fest vorgenommen. Dass ich kein Gymnasiallehrer bin.
"Im tiefen Wasser", ruft Meike mir noch hinterher. Das höre ich schon nicht mehr, fahre los, kriege die ganze Fahrt die Worte Pheromon und Sillieren nicht mehr aus dem Kopf.

Hoffentlich silliert Arek heute nicht. Arek ist eine stattliche Erscheinung. Auch ein bisschen Blond, obwohl er schwarze Haare hat. Langjähriger Kunde im Gym.  Kommt aus Königsberg. Ich muss an Klopse denken. Königsberger Klopse. Einfaches Rezept, mit Kapern aber ohne Pheromone. Arek hat welche, Pheromone, keine Kapern.  Und einen Waschbrettbauch. Einen sillierenden Waschbrettbauch. Da ist es wieder, dieses Wort! Meike ist schuld! Sillieren! Arek wird auch heute wieder sillieren, Arek silliert immer. Mal silliert er Erba Pura, mal silliert er Aventus, mal Aramis mal Ombre Nomade. Und Pheromon. Arek kennt da kein Erbarmen. Ich habe eine Idee. Eine gute Idee! Eher eine fixe Idee. Egal. Ich sage ihm, dass er Pheromon silliert. Frage ihn, ob er Lust hat auf ein Date. Also nicht mit mir. Aber mit meiner Nachbarin. Ein Date mit Meike. Ich erzähle ihm, dass Meike schön ist. Schön blond. Fast hätte ich schön blöd gesagt. Und sie würden gut zusammenpassen. Areks Augen leuchten. Ein Spucketröpfchen rinnt ihm aus dem Mundwinkel.

Rückweg. Arek hat angebissen. Hat die Hantel fallen gelassen und will gleich mitkommen. Kann ich gerade noch abbiegen. Vielleicht war meine Beschreibung doch zu blumig, vielleicht habe ich ein bisschen übertrieben. Mit der Figur zum Beispiel. Meikes Figur. Gut, sie hat eine Figur, nur eben nicht mehr die Figur von früher. Das habe ich ihm so nicht erzählt. Und das mit dem tiefen Wasser habe ich auch weggelassen. Er liebe Überraschungen, hat er mir mal gesteckt. Hier hat er eine.

Arek ist angefixt. Ich kann nicht mehr zurück.  Morgen hat Meike Geburtstag. Ich werde ihr ein Ticket schenken. Ein Ticket fürs Gym.

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