StenLaurel
StenLaurels Blog
vor 1 Monat - 27.03.2024
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Von Parfum, Wassersparen und frischen Brötchen zu Ostern

Fünf Uhr morgens. Meine Zeit ist das nicht. Heute ist ein wichtiger Tag. Ich muss zum Direx. Weil ich stinke. Ja, Sie haben richtig gelesen, weil ich stinke. Meine Mitmenschen aus dem Bus haben mich angeschwärzt. Zusammen mit dem Busfahrer. Wegen Belästigung und seelischer Grausamkeit.

Alles fängt an mit dieser blöden Klassenfahrt. Es geht schon damit los, dass ich verschlafen habe. Ungebadet hechte ich dem Bus hinterher. Wenigstens meine Sachen habe ich bereits am Vorabend gepackt. Zum Glück. Oder auch nicht. Warum, das sehen wir noch. Durchgeschwitzt klettere ich in den Bus, der Fahrer hat auf mein Winken tatsächlich angehalten. Ich realisiere, so ein Rückspiegel ist also doch nicht völlig umsonst an so ein Gefährt gebaut. "Wird aber auch Zeit!" raunzt er und versprüht feine Spucketröpfchen, vermischt mit einer Wolke Tabac Original. "Dahinten ist noch ein Platz frei!" Ausgerechnet neben Elisabeth muss ich Platz nehmen. Elisabeth, genannt Elli Pirelli. Elli verzieht das Gesicht. "Du stinkst!“ brabbelt sie frei heraus. 'Du auch', denke ich, sage aber nichts. Wenn jemand nach Baccarat Rouge duftet, sagt man lieber nichts. Es sei denn, es ist ein Kompliment. Die Fahrt gestaltet sich langwierig, aber irgendwann ist auch diese zuende. "Aufstehen!" keift Elli und pufft mich in die Seite "Endlich frische Luft!"

In der Herberge weist man mir ein Einzelzimmer zu. Das hat Papa geschafft. Papa sitzt im Ausschuss. Was genau ein Ausschuss macht, weiss ich nicht, aber man kann erreichen, dass der Sohn ein Einzelzimmer bekommt. Im Ferienlager, das hat seine Vorteile. Zum Beispiel Bettenbeziehen. Kann man machen. Aber auch lassen, jedenfalls zunächst. Sieht ja keiner. Duschen. Kann man auch lassen. Das Wasser ist auch morgen noch da. Weiss ja keiner. Und es gibt ja auch die Tasche. Mit Aventus. Aventus ist immer gut. Zwei dreimal an den Hals, links rechts unter die Achseln. Und in den Schritt. Den Schritt sollte man nicht vergessen. Das spart auch Wasser. Also das Sprühen ansich. Die Erde hat zu wenig Wasser. Haben sie neulich im Radio gesagt. Da kommt Aventus gerade Recht.

Die Gemeinschaftsdusche bleibt mir erspart. Zusammen duschen. Zusammen mit den Klassenkameraden. Ohne was an. Mit dem unbedeckten Piepmann. Nee, das ist nichts für mich. Ich habe meine eigene Dusche, noch so ein Vorteil eines Einzelzimmers. Ob und wie ich da Wasser spare, geht ja keinen etwas an.

Die Woche vergeht  im Flug. Mein Aventus ist leer, das Bett immer noch nicht bezogen, und Wasser habe ich auch gespart. Und das sogar unfreiwillig. Mehr als ich will.  Gar nicht duschen solls ja gar nicht sein. Aber eben auch nicht zuviel, die Erde ist mir wichtig. Ich schreite zur Tat. Und bums, habe ich den Knopf in der Hand. Den Knopf mit dem roten Punkt. Ende von Wasser. Jedenfalls von Warmwasser. Also nochmal Aventus. Geht ja nun nicht anders. Doof nur, dass der jetzt leer ist. Schrieb ich ja oben schon. Mir kommt die Idee mit dem Kiosk. Da gibt es alles. Von der Büroklammer über Unterwäsche bis zum Reservekanister. Sogar Pistazieneis ist vorrätig, diese Sorte gibt es offenbar überall. Nur Aventus nicht. War ja klar. Kein Aventus, kein Erba Pura, nichtmal One Million. Mexx hingegen haben sie da. Mexx ist unter meiner Würde. Aber besser als nix. Also Mexx. Ich nehme gleich zwei. Zweimal 100ml, das sollte reichen. Schei** auf den kaputten Warmwasserhahn!

Wir fahren zurück. Ich sitze vorne. Vorne, direkt neben dem Busfahrer. Elli Pirelli hat sich geweigert, hat sich meiner Anwesenheit entzogen. Neben ihr sitzt Robert. Gegen Robert habe ich keinen Stich. Robert ist besonders schön, und Robert ist besonders sauber. Robert duscht jeden Morgen. Ein Umweltsünder par Excellence. Robert hat ihr ein Pistazieneis gekauft.  Elli findet das gut. Ich nicht.
Der Fahrer guckt mich an. Zulange offenbar. Busfahrer sollen nach vorne gucken. Rote Ampel. Alles steht. Nur wir nicht. Jedenfalls noch nicht. Wir fliegen gerade durch den Gang. Also meine Mitschüler. Ich kann ja nicht, sitze ja schon direkt vor der Windschutzscheibe. Bloss, weil der Kerl nicht nach vorne geguckt hat. Es geht gerade nochmal gut. Er murmelt etwas und gibt wieder Gas. Wir sind fast zuhause, ich döse ein.

"Der Kaffee ist fertig!" Ich überlege, wieso jetzt Peter Cornelius im Bus singt. Der war doch gar nicht mit. Jemand zupft an mir. Ich schlage die Augen auf, reibe sie, blinzel. Wieder zupft es an mir. "Der Kaffee ist fertig!" Schon wieder. Und wieso steht der Cornelius jetzt an meinem Bett? Und nicht im Bus? Und wieso sieht er so anders aus? So bekannt?
"Schatz, es ist Sonntag! Und es ist 10:00 Uhr! Kommst Du bitte zum Frühstück? Ich habe auch frische Brötchen mitgebracht", "Und eine Flasche Aventus. Weil Ostern ist", sagt meine Frau.

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