TschornijJad

Neulich war ich bei den Türkisen und hatte mir vorgenommen, mich ein bisschen näher mit Armani vertraut zu machen. Ich teste mich also so durch, bis ich bei Armani She ganz oben im Regal angekommen bin.
„Besonders toll sieht er ja nicht aus“, denke ich stirnrunzelnd, „aber hey, wenn wir schon dabei sind...“
Also schnappe ich mir diesen furchtbar nüchternen Flakon, sprühe einen Hub auf einen Teststreifen, rieche daran und es trifft mich wie ein Blitzschlag: Naomagic!
Armani She riecht ganz genauso wie dieser Drogerieduft aus dem Jahr 2000.
Nochmal schnuppern und ich fühle mich zurückverstetzt in meine Zeit als Teenager.
Ich habe Naomagic geliebt. Er war so ganz anders als der Einheitsbrei „fruchtig süß“, den meine Freundinnen damals trugen. Ja, für einen Drogerieduft hatte er verdammt viel Charakter und war doch gleichzeitig so betörend, kuschelig und süchtig machend.
Ich hatte damals das volle Programm: Parfum, Duschgel, Bodylotion. Jahrelang habe ich mir Naomagic zu jedem Weihnachten und Geburtstag schenken lassen und es war tatsächlich der einzige Signaturduft, den ich jemals hatte. Wann und warum ich damit aufgehört habe, kann ich gar nicht genau sagen. Ich schätze, ich kam irgendwann in eine experimentierfreudige Phase.
Vergessen habe ich ihn allerdings nie; in meinem alten Zimmer im Haus meiner Eltern liegt bis heute ein leerer Naomagic-Flakon.

Jetzt sollte man natürlich meinen, dass man sich mit der Zeit weiterentwickelt und auch die Duftvorlieben im Erwachsenenalter andere sind als zu Teeniezeiten.
Tja, was soll ich sagen – zehn Jahre Lebenserfahrung für den Popo, ich bin verliebt wie am ersten Tag. Rückblickend betrachtet sind meine Teeniejahre keine Zeit in meinem Leben, an die ich mich unbedingt erinnern möchte. Aber ich rieche diesen vertrauten Duft und bin einfach nur glücklich.
Das limbische System ist ein ganz gerissener Fuchs...

Ich mache sowas normalerweise nicht, aber noch am gleichen Tag kaufte ich einen Flakon (der passenderweise auch noch im Angebot war, hrrhrr!) von diesem Schatz.

Also, wie riecht das Wässerchen jetzt?
Einzelne Duftnoten kann ich eigentlich gar nicht herausriechen, aber zusammen addieren sie sich wunderbar zu einem ganz einzigartigen Dufteindruck.
Der Duft ist ambivalent, aber stimmig. Auf der einen Seite zart, pudrig, kühl, feminin und ganz leicht süß, aber gleichzeitig hat er auch eine holzig-würzige, fast maskuline Note. Nicht kampflesbenmäßig, eher nach dem Motto „Manchmal muss man als Frau ein ganzer Kerl sein.“.
Er startet frisch und leicht fruchtig, schwenkt dann aber schnell ins Pudrig-würzige um. Gegen Ende wird er holziger und etwas süßer.
Armani She ist ein dezenter, körpernaher Duft, den man guten Gewissens auf der Arbeit oder im Alltag tragen kann, aber auch abends lege ich ihn gerne auf. Für mich geht er einfach immer.
Wenn ich ihn einer Jahreszeit zuordnen sollte, wäre das wohl eher Herbst oder Winter, aber dank seiner Kühle ist er in der wärmeren Jahreszeit ganz genauso tragbar.

Naomagic muss ein Dupe gewesen sein, denn die beiden Düfte riechen nicht einfach nur ähnlich. Der Dufteindruck, der Charakter, ist exakt der Selbe. Wenn ich die Duftpyramiden vergleiche, liegt das auch nahe.
She kommt mir insgesamt zarter und runder komponiert vor; Naomagic war ein bisschen süßer und er hatte bisweilen etwas leicht stechendes bis penetrantes. Außerdem erinnere ich mich deutlich an eine Mandelnote, die in She so nicht vorkommt.
Der Armani kommt also schon qualitativ hochwertiger und auch eleganter rüber als das Parfum, das Naomi Campbell seinerzeit auf den Markt brachte.

Warum dann also nur eine 90% Bewertung? Der Duft an sich kriegt von mir ganz klar 100%, aber die Haltbarkeit lässt leider sehr zu wünschen übrig. Daher der Abzug. Erstaunlicherweise hält er am Dekolleté viel besser als an den Handgelenken, da ist er schon nach drei Stunden weg. An meinem Dekolleté hat er es immerhin schon einmal sieben Stunden ausgehalten.

Naomagic wird übrigens nicht mehr produziert. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich nämlich in einem Anflug aus Nostalgie beschlossen, mir das Schätzchen nochmal zu holen. Aber ich habe ihn nirgends mehr gefunden. Eine Verkäuferin erzählte mir schließlich, dass er eingestellt wurde.
Ich war wirklich traurig über diesen Verlust. Umso glücklicher bin ich, dass ich dank She meine „Erste Duftliebe“ wieder habe.