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Turandots Blog
vor 9 Monaten - 09.08.2023
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Rückblick und Ausblick

Eine der ersten Marken, die mich vor fast 13 Jahren hier auf Parfumo begeistert hat, war Patricia Nicolai. Die Verwandtschaft zu Guerlain kannte ich damals noch nicht, spürte aber eine vertraute Schwingung. Guerlain hat sich leider im Laufe der Zeit für mich verändert in der DNA seiner Düfte. Das mag verständlich sein, um die Marke in die nächste Generation zu führen, ich habe innerlich aber schon vor einiger Zeit mit Bedauern Abstand gewonnen. Schließlich gab es in der Welt der Düfte ja so viel zu entdecken: Oud eroberte den Duftmarkt, ich musste bald aufgeben, das war nicht meine Welt. Kreative Nasen bastelten im Elfenbeinturm geheimnisvoller Labore synthetische Parfums, die schnell ihre Liebhaber fanden - erstaunlicherweise hier auf Parfumo wohl vor allem die Herren -  doch auch diese Düfte konnten mich nicht auf Dauer begeistern. Auch die Influencer im Netz konnten mich nicht erreichen. Ich gestehe, ich habe ein einziges Video in Erinnerung, und sogar gespeichert. Und das ist mir Mahnung, Secretions Magnifiques ja nicht zu testen. Katie Puckrick demonstriert den Duft so plastisch, das ist mir Warnung und Vergnügen zugleich.

Dass sich im Laufe der Jahre die Lust verliert, möglichst alle Neuerscheinungen zum Testen zu bekommen, versteht sich auf Grund der Menge von selbst und so war es nur natürlich, dass sich meine Beschäftigung mit Parfums nun meist darauf beschränkte, hier die Rezensionen meiner Lieblingsautoren zu verfolgen und mich ansonsten zurückzulehnen, um meinen Bestand im Duftschrank zu genießen. Sammlung im eigentlichen Sinne ist es bei mir ja nicht. Ich sammle nicht, es sammelt sich halt an, aber völlig ohne Systhem, eher sind es Zufallsfunde wie z.B. Spring in Bome, den Duft, den Delphine Thierry so wundervoll (zumidest für mich) komponiert hat. Hin und wieder habe ich im Souk an Sharings teilgenommen, und auch da blieb mancher Duft hängen, der dann auch als Original Einzug hielt.

Wenn ich heute meine "Getestet"-Liste ansehe, kann ich nur den Kopf schütteln, denn ich weiß zwar, dass ich all diese Parfums schon mal getestet habe, aber ich bin ganz ehrlich - an viele Düfte kann ich mich inzwischen nicht mehr erinnern und bei vielen ist es auch wohl nicht schade. Es waren eben nicht alles nur Highlights der Duftkunst. Heute habe ich eher Lust, lieb gewordene Marken neu zu entdecken und Wissen zu vertiefen.

Und damit bin ich wieder bei Patricia Nicolai gelandet. Es war wieder ein Zufall, dass mir das Sharing von Riviera Verbena im Souk aufgefallen ist. Ein neuer Duft aus diesem edlen Haus - offensichtlich ein Duft, der den Sommer feiert - bestimmt nicht auf Teufel komm raus nischig oder avantgardistisch, sondern sicher elegant und konservativ im positiven Sinne, der uns Bilder sonnenverwöhnter Landschaften malt und unbeschwerte Zeiten heraufbeschwört. Das habe ich erwartet und das habe ich gefunden. Ein wunderschöner Sommerduft, flirrende Aromen von Verbena (klingt ja schon viel schöner als Eisenkraut) und ich vermute, dass all die Liebhaber ausgefallener Parfums und Sucher in der Wüste nach dem ultimativen heiligen Gral nun schon innerlich abgewunken haben. Aber wer sich die Liebe zum tradtionellen Parfum alter Schule bewahrt hat, der sollte sich ruhig mal wieder mit Dufthäusern beschäftigen, die im Rausch der Neuheiten ein wenig zu kurz gekommen sind, bzw. die im Hintergrund drauf warten wieder entdeckt zu werden. Für mich ein Grund, weniger die Trenddüfte oder Crowdpleaser, sondern die hohe Kunst der Parfumerie zu feiern.

Aktualisiert am 23.04.2024 - 04:36 Uhr
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