WENista

Meinen Kommentar zu diesem wunderschönen Duft möchte ich einer lieben Freundin widmen, die ihn mir als Geschenk überreicht hat. Das Besondere für mich ist, dass ich überhaupt die Möglichkeit bekam, den Duft noch einmal zu schnuppern. Da ich durch eine schwere Erkrankung mit 2-wöchigen Koma im Juni diesen Jahres mehr tot als lebendig war, schätze ich nun viele Dinge, die vorher für mich selbstverständlich oder aufschiebbar waren. Einige Monate bevor dies passierte, gingen Evi und ich spazieren und wir unterhielten uns über meine Leidenschaft für Düfte, insbesondere Düfte aus unserer Jugend. Hach, was haben wir in Erinnerungen geschwelgt! Um das Ganze nun etwas abzukürzen: Nachdem ich nach der schweren Erkrankung im Juli wieder Zuhause war und meinen 48. Geburtstag feiern durfte, erhielt ich von Evi u.a. eine Karte mit einem Gutschein für einen Flakon Sweet Honesty, er traf zum Geburtstag leider nicht mehr rechtzeitig ein (Lieferung aus USA). Wenige Wochen später war es dann so weit. Ich hielt ihn ehrfürchtig in den Händen. Ja, der Flakon hat sich der Moderne angepasst. Nun, der Inhalt soll ja angeblich unverändert sein. Der Zerstäuber funktioniert jedenfalls perfekt. Nur halb durchdrücken genügt schon. Ein sehr feiner Sprühnebel legt sich auf mein Handgelenk. Ohhhh, ich bekomme feuchte Augen. Ich sehe mich als 10-jähriges Mädchen im Nicki Pullover sitzen. Ja, so und nicht anders habe ich ihn in Erinnerung. Ich kann riechen, wie Winnie Puuh sich den süßen Honig von den Fingern leckt. Ausserdem wird mir nun Jahrzehnte später klar, woher meine Vorliebe für Aldehyde in Parfums kommen. Sauber und gleichzeitig unschuldig süß, so würde ich ihn mit wenigen Worten beschreiben wollen. Die Kindheitserinnerung ist wieder dem Hier und Jetzt gewichen. Wenn ich ihn trage, denke ich voller Dankbarkeit an Evi.

Komme gerade aus der Drogerie. Obligatrisch testete ich kurz die "Neuen" im Regal. Aussehen und Farbe des Flakons ließ mich insgeheim auf ein zartes Puderträumchen hoffen. Erster Auftakt: Hey, hey, das wird doch nicht etwa etwas ernsthaftes zwischen uns beiden? Erst mal die wirklich notwendigen Dinge kaufen. Im 2-Minuten-Takt mit der Nase an den Teststreifen. Pudrig? Ja. Weich? Ja. Die typische Drogerienote? Auch nicht. Irgendwas stört sowas von! Es muss einfach dieser extrem synthetische Vanille-Akkord sein, der bei mir so ein Unwohlsein auslöst. Damit war er für mich abgehakt.
Noch mehr allerdings hat mich die Frage beschäftigt, woran er mich erinnert? Jugend, 90er, mochte ich damals auch nicht. Es hat ein wenig gedauert, aber dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: "Le Bain" Joop! Exakt 1:1, allerdings das Original aus den 90ern, nicht die neue Version.

Ich bin noch neu hier auf Parfumo und meinen ersten Kommentar widme ich Chanel's jüngster Kreation No. 5 L'Eau. Und genau dieser Duft ist daran schuld, dass ich nun auch hier meine Meinung kundtun möchte. Fan dieser Seite bin ich ja schon länger, aber nun habe ich einfach das Bedürfnis meinen Unmut in die Welt hinauszuschreien (Erinnerungen an Chanel's Werbung für Egoiste werden wach;-)). Wer sich meine Sammlung ansieht, wird sehen, dass Chanel's No. 5 für mich so etwas wie ein heiliger Gral ist. Beim Eau Premiere wollte ich mich wehren, ihn in meine Sammlung aufzunehmen und nun ist er zu meinem Signature-Duft erkoren. So, dachte ich, wat besseres kommt eh nüscht mehr. Ich sollte Recht behalten. Dann kam groß Werbung fürs jüngste No. 5. Die Duftpyramide las sich schon gruselig. Aaaaaaber, keine Vorurteile, da hab ich durch das Eau Premiere dazugelernt. Ab in die Parfumerie und schnurstracks zum Chanel Schrein. Zwei mal kräftig auf den Unterarm. Und... der Arm war noch nicht am Näschen, nahm ich sofort diese belanglose Zitruswolke wahr. Ja und? Kommt da noch was? Jetzt aber mal richtig schnuppern. No. 5, haaaaaaallo, wo bist du? Man kann sich meine Enttäuschung vorstellen. Dass dieses Wässerchen den Namen No. 5 tragen darf, finde ich schon fast eine Frechheit! Bitte nicht falsch verstehen, es ist kein schlechter Duft und wäre er unter einem anderen Namen lanciert worden, könnte ich das gut akzeptieren. Aber nicht No. 5, nicht mit mir, aus der Nummer bin ich dann raus. Gabrielle Chanel wollte einen Duft für Frauen, der wie eine Frau riecht. Eine Frau sollte ( nach ihren Worten) nicht nach Blumen duften. Und damit ist No. 5 L'Eau genau das, was Coco Chanel nie wollte. Beliebig, austauschbar, zitrusfrisch und blümelig nichtssagend. Wie gesagt, dies gilt für mich nur in Bezug darauf, dass dieser Duft einfach nicht würdig ist, mit den anderen No. 5 in einer Reihe zu stehen. In meine Sammlung darf er nicht einziehen.

Nachtrag 21.09.2017
Auweia, da hab dich mit meinem Erstkommentar wohl ein ganzes Stück zu weit aus dem Fenster gelehnt. Nachdem mich nun schon 3x ungewollt ein Probefläschchen N°5 L'Eau erreicht hat, erschien mir das wie ein Zeichen, ihm noch eine Chance zu geben. Um es kurz zu machen - die N°5 DNA erschließt sich auch mir jetzt und gerade das leichtere, zitische habe ich während zig Testungen doch sehr lieb gewonnen. Ich hab ihm schon ein Plätzchen freigemacht - er darf sich einreihen;).