Fierce 2002 Cologne

Alex0792
07.06.2022 - 20:39 Uhr
16
Sehr hilfreiche Rezension
10
Duft

American Dream in Paris

Die Temperaturanzeige auf dem Display der geräumigen Limousine meldete 33 Grad. Die Luft über dem erhitzten Asphalt begann bereits zu flirren. "Was für eine sch*iß Idee, im Hochsommer nach Paris zu fahren.", murmelte ich hinter vorgehaltener Hand, als ich aus dem Auto stieg, aus den Kopfhörern des iPods klangen gerade die letzten Takte des Songs "We all try" von Frank Ocean. Mein Vater, der bereits ausgestiegen war, hatte diese nicht für ihn bestimmte Aussage natürlich doch gehört. "Beschwer dich nicht, du wolltest doch unbedingt nach Paris und es geht nun mal nur in den Sommerferien.", und mit einem Schulterzucken ging er mit meiner Mutter und meinem Bruder über einen kurzen, akkurat gerechten Kiesweg, der von wunderbar duftenden provenzalischen Kräutern gesäumt war, in Richtung unserer Ferienwohnung. Und mit einem seufzenden "Ist ja gut." und wenigen Metern Abstand, folgte ich meiner Familie.

Als uns die überaus freundliche Vermieterin, die kleine, aber sehr geschmackvoll eingerichtete Wohnung, unweit der Nationalbibliothek gezeigt hatte und ich und mein Bruder erfahren hatten, dass für uns das Zimmer unter dem Dachgewölbe gedacht war, war die Stimmung, angesichts der angekündigten Temperaturen jenseits von Gut und Böse, sichtlich gedrückt. Aber mein Vater mit seiner unerschütterlichen Gelassenheit brach diese kurzeitig negative Atmosphäre, mit einem Grinsen und den Worten: "Na, habt ihr zwei jetzt überhaupt noch Lust euch die Stadt anzusehen?" Und klar hatten wir das, schließlich ist man ja nicht jede Woche in einer Metropole wie Paris.

Wir schlenderten also los in Richtung Zentrum und all der Sehenswürdigkeiten, die die französische Hauptstadt zu bieten hat. Unser Weg führte uns vorbei an wunderschön gestalteten Parkanlagen und natürlich der soeben genannten Nationalbibliothek. Über die geräumigen Avenues und oftmals auch von der Rush Hour verstopften Rues kamen wir schließlich am heiß ersehnten Ziel so ziemlich jedes Paris-Touristen, nämlich dem Eiffelturm, an.

Die obligatorischen Fotos wurden gemacht und die Freude war groß in so einer schönen Stadt zu sein. Ich hatte auf dem Weg zum Pariser Wahrzeichen, aber etwas entdeckt, das nur mir mit meinem Blick für das Detail aufgefallen war. Gefühlt jedem zweiten Passanten baumelten diese in grau-schwarz und mit einem weißen Schriftzug versehenen Tüten lässig von der Schulter. "Abercrombie" war darauf in großen Lettern zu lesen und was mir vor allem auffiel war diese durchaus ästhetische Abbildung zweier muskelbepackter junger Männer, die in einer Art Ringkampf verschlungen schienen. "Wird wahrscheinlich irgendeine Modemarke sein.", dachte ich mir kurz, "Aber eine, von der ich noch nie gehört habe." Was auch nicht verwunderlich war, da ich mich damals noch nicht sonderlich für Mode interessierte. Ich war durchaus immer stilvoll angezogen, legte aber keinen besonderen Wert auf bestimmte Marken. "Da habe ich wohl irgendeinen Hype verschlafen.", sinnierte ich noch kurz, als ich in meinem Gedankengang von meinem Vater mit den Worten: "Komm wir wollen heute auch noch zum Louvre." unterbrochen wurde. Also widmete ich mich wieder der Schönheit Paris`.

Diese Tüten und die Tatsache, dass sie von so vielen Menschen getragen wurden, ging mir den ganzen restlichen Tag nicht aus dem Kopf. Ich war, wie man heutzutage sagen würde "hooked". Also googelte ich, nachdem ich mein Smartphone nach einem langen, anstrengenden Tag mit dem überaus schlechten W-Lan unseres Feriendomizils verbunden hatte, erstmal diesen auf sonderbare Weise in mein Gehirn eingebrannten Namen: "Abercrombie". Sofort spuckte mir die allseits beliebte Suchmaschine zahlreiche Treffer aus und ich erfuhr sogleich, dass ich richtig lag und es sich um eine Modemarke handelte. Um eine amerikanische. Und dass eben diese vollständig "Abercrombie & Fitch" heißt. Natürlich brachte ich auch gleich die Adresse des Pariser Stores in Erfahrung und am nächsten Tag überbrachte ich meinen Eltern die frohe Botschaft eben jenem einen Besuch abstatten zu wollen. Was beiden nur ein: "Muss das unbedingt sein.", entlockte. Und ja, es musste ein.

Angekommen an der Adresse auf den Champs-Elysees, stieg mir auch sofort dieser Duft in die Nase, von dem ich am Abend davor, bei meiner Google-Recherche gelesen hatte. Und der in einer nicht geraden kleinen Menge, vor dem Store, der in einem imposanten Stadtpalais untergebracht war, versprüht wurde. Ich hatte sowas vorher noch nie gerochen und meine Nase empfand es als äußerst anziehend. Irgendwie blumig, aber auch gleichzeitig eine gewisse Würze und holzig. Wir schreiben das Jahr 2012 und meine Erfahrung mit Parfum ging nicht weiter, als über eine Flasche "Boss Bottled" hinaus, die Teil eines Geschenksets war, welches mir meine Eltern vor ein paar Jahren zu Weihnachten geschenkt hatten.

Ich reihte mich mit meiner Mutter, mein Vater und mein Bruder, die sich überhaupt nicht für Mode interessierten, also wirklich gar nicht, machten derweil etwas anderes, in die Schlange vor dem beeindruckenden Bau, ein. Dass nur immer eine bestimmte Anzahl von Leuten in den Store gelassen wurde, kommentierte mein Vater mit den Worten: "Ist das affig." Aber ich fand es gar nicht affig, sondern war nur beeindruckt von der Imposanz des Stadtpalais und schlenderte nach kurzer Wartezeit mit meiner Mutter, über einen gewundenen Kiesweg, der von sehr gut aussehenden, jungen Männern, die alle ein Sixpack hatten und bekleidet waren mit Jogginghose und Flip-Flops, mit einem Holzrechen bearbeitet wurde. Im Nachhinein dachte ich mir, dass mein Vater vielleicht Recht hatte und das wirklich alles ein bisschen affig war.

Aber zu diesem Zeitpunkt war ich von allen Eindrücken sehr überwältigt. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, wer den Pariser Store, der inzwischen geschlossen ist, nicht von innen gesehen hat, der hat echt etwas verpasst.

Da war ich also im Store und die Mode, war genau nach meinem Geschmack: American Sportswear und dieser typische amerikanische High School / College Look. Die Musik war zwar sehr laut, aber ebenfalls genau nach meinem Gusto und überall dieser grandiose Duft in der Luft. Ich verließ das Palais, dann aber doch ohne "Fierce". Den Namen des Duftes hatte ich ebenfalls bei meiner nächtlichen Recherche in Erfahrung gebracht. Ich suchte mir 3 Kleidungsstücke aus und hatte von meinen Eltern zu meinem Geburtstag nur ein bestimmtes Budget bekommen, welches bereits ausgereizt war. Da mir die Klamotten so gut gefielen, wanderte der Flakon schweren Herzens wieder zurück auf die marmorne Verkaufsfläche.

Um nun zu einem Ende zu kommen: Die Woche in Paris werde ich auch dank "Fierce" und des Besuchs bei "Abercrombie & Fitch" nicht vergessen, obwohl ich sagen muss, die Stadt an der Seine, mit ihren Museen und ihrer wunderschönen Architektur hat mich dann doch noch mehr beeindruckt, als der Store.

Den Duft habe ich mir dann kurze Zeit später online bestellt, ich konnte einfach nicht anders. Und ich finde ihn bis heute grandios. Die Zitrik, vor allem die Orangen und das Petitgrain, durch die auch eine leichte Samtigkeit ins Spiel gebracht wird und das Tannenharz, welches dem Duft seinen leicht waldigen/harzigen Charakter verleiht, bilden ein grandioses Opening. Danach dann der Übergang in florale und würzige Noten, der Moschus, der die ganze Zeit mitschwingt, bis hin zur holzigen Basis. Für mich eine der besten Duft-Dna´s der 2000er Jahre.

"Fierce" wird mich immer an einen Traum erinnern.

Meinen "American Dream in Paris".

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