1869 Eau de Parfum

Unterholz
29.07.2020 - 14:29 Uhr
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft

Kochen mit Lorbeer oder Form folgt Funktion

Wie seine Duftkollegen Muschio Biancho und LiboCedro wäre auch1869 zur Beduftung italienischer Hotel-Bettlaken kein Fehlgriff. Er ist allerdings kein Sauberduft, der an Weichspüler und Waschmittel denken lässt. Er ist schon ein Tick seriöser. Grundsätzlich unzitrisch, unfloral. Irgendwie windfrisch aus dem graugrünen Bereich. Frische kenne ich eigentlich eher in Form von säuerlichen Agrumen, Seife oder dann eben im aldehydisch-floralen Kontext, wobei ja zuletzt meist irgendeine Moschusart ihre blitzsauberen Finger im Spiel hat. Hier ist es eine eher blätterige als eine fruchtige Frische. Wer schon mit Lorbeer(blättern) gekocht hat, mag diese fahlgrün-würzige Komponente erkennen. Ich denke beinahe an grünes Gemüse. Beinahe. In dieser Hinsicht erinnert 1869 auch ein wenig an Comme des Garçons Laurel, nur dass letzterer auf mich noch gegensätzlicher zwischen Naturästhetik und Kunst/Künstlichkeit changiert und somit rustikaler wirkt, wo der Acca Kappa ein klassischeres Bild abgibt.

Gemüse – Kochen – Küche: Stichwörter die uns in unserem Duftbeschrieb womöglich weiterhelfen. Eine Restaurantküche ist kein sinnlicher Ort, sondern strukturierter funktionaler Arbeitsraum. Auch wenn man als Gast im eigentlichen Restaurant sitzt und (idealerweise) wahre Gaumenfreuden erlebt, ist die Küche eher Operationssaal als Kreativlabor und bar jeder Sinnlichkeit. Das klingt jetzt in Verbindung mit einem Duft nicht charmant, aber der Küchenvergleich passt vielleicht doch und soll nicht negativ konnotiert sein. Eine Küche, wo zubereitet, was später gegessen wird, ist was Grundsätzliches, Notwendiges, Strukturiertes. Hygiene wird gross geschrieben. Auch 1869 folgt diesem Form-folgt-Funktion-Prinzip. Ein Duft als formale Erfrischung, als seriöse Begleitung, aber kein Statement. Auffallen ist nicht sein Job. Auch hier könnte man wieder die gestärkte weisse Baumwolle des Restaurantpersonals sehen, das zwischen Haus und Gast vermittelt. Sichtbar und gleichzeitig unsichtbar.

In 1869 spielt Moschus die Hauptrolle, obwohl in der Pyramide nicht angegeben. Nicht ein seifiger, ein ganz dezent trockenpudercremig-kühlsauberer. 1869 ist von Anfang bis Ende von der frisch-blätterigen Sorte, auf holzigem Moschus-Fond. Unliebsame Veränderungen bleiben dem Träger erspart. Ich schreibe bewusst Träger, denn an einer Frau sehe ich 1869 nicht. Insgesamt „well blended“, trocken-sauberes perfektes Timing. Ein Blick auf die Pyramide scheint jede der genannten Noten zu bestätigen, dennoch könnte ich in einem Blindtest wohl keine einzelne herausriechen. Das ist also schon ziemlich gut gemacht. Als ambriert nehme ich allerdings die Basis zu keiner Zeit wahr. Möglich, dass süssliche Bestandteile dem Duft ein gewisses Volumen verleihen, dennoch ist hier letztlich gar nichts vorhanden, das in eine orientalische Richtung weist. Trockener geht nicht.

Die Marke Acca Kappa bietet eine überschaubare Kollektion an Düften und hechelt nicht gleich jedem Trend hinterher. Man konzentriert sich scheinbar ganz auf das schöne Sortiment von Pflegeprodukten. Soweit ich beurteilen kann, ist zumindest das Rasursortiment paraben-, silikon- und erdölfrei. Über Tierversuche habe ich nichts herausgefunden. Sympathisch finde ich immer, wenn man einen Duft niederschwellig mit einem Pflegeprodukt, After Shave oder Rasierschaum kennenlernen kann. Ideal um zu testen, ob der Duft nicht nach einer Woche verleidet.
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