Meggi
01.03.2020 - 14:39 Uhr
32
Top Rezension
7
Flakon
6
Sillage
4
Haltbarkeit
5.5
Duft

Auf der Reeperbahn…

Kinder sollten zwar beizeiten, aber doch behutsam an das wahre Leben herangeführt werden. Deshalb war ich mit meiner Tochter bereits auf der Reeperbahn. Um es mit der Geschwindigkeit des Heranführens indes nicht zu übertreiben, hatte ich die Reeperbahn im beschaulichen Kappeln an der Schlei gewählt und obendrein war es später Vormittag gewesen.

Spaß beiseite, das Kind war schon im Grundschulalter auf einem Klassenausflug mal die „echte“ Reeperbahn entlanggelaufen und hatte anschließend verdruckst kichernd von den ausgefallenen Produkten in den Schaufenstern berichtet…

Nun endlich zum Duft:

Cremig-grüne Feige, vornean mit Zitrusfrucht garniert, rasch entwickelt sie eine Campino-Fruchtbonbon-Attitüde. Dazu gibt es zügig eine leicht pelzige Anmutung (pelzig-pilzig – das ist sicherlich auch bereits der Moschus!), die mich an Kiwi-Schale denken lässt. Ich vermute, die Feige ist aus einer rosen-obstigen Allgemeinfrucht und irgendwas Grün-Rauem, Pflanzensaftigem zusammengebastelt, ich tippe auf ein wenig Blattgrün Schwarzer Johannisbeere. Was ja alles kein Schaden ist.

Zugegebenermaßen kann ich mich an den Geruch des weißen Oleanders, den ich mal hatte, nicht erinnern. Um einen gefühlt runden Eindruck vom Duft zu haben, benötige ich ihn ohnehin nicht. Es bleibt für mich keine Komponente „übrig“ – denn am fortgeschrittenen Vormittag ist schlichtweg ein sacht becremter Frischsauer-Grünling verblieben, der mich verlässlich durch einen etwas kühleren Sommertag bringt.

Zum Nachmittag hin zeigt sich das hinter der Frische steckende Chemie-Gerüst in ganzer Pracht. Hedion, Helional und ISO scheinen mir sämtlich erspürbar. Das Feigen-Thema ist zum Schatten seiner selbst geworden. Schlecht riecht der Duft dadurch natürlich nun nicht, bloß halt eher wie vielleicht ein harmloses Deo für Damen.

Was das freilich nun alles mit dem „Kiez“ zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Naja, die dort hinstrebenden Partygänger hecheln womöglich in erster Linie einem von gewieften Geschäftsleuten inszenierten Hirngespinst hinterher, um sich irgendwie „verrucht“ vorzukommen. Das Verwegenste am Duft jedenfalls ist, dass er im Gegensatz zu den weiß einkartonierten drei Kollegen in schwarze Pappe gewandet ist.

Überdies ist ‚Kiez‘ von den vier Hamburg-Düften der mit dem größten Spannungs-Abfall nach hinten raus. Die drei anderen halten über Tag ihr solides Niveau wirklich gut aufrecht. Blöd, dass ausgerechnet der letzte der Reihe…naja, nun eben aus derselben tanzt; eigentlich hatte ich heute abermals das Durchhaltevermögen der Acqua-di-Hamburgs lobend betonen wollen.

Trotzdem sei es für die übrigen hiermit anerkennend erneut konstatiert.

Fazit für den Duft: Reeperbahn in Kappeln.

Fazit für die Reihe: Bei diesem Anbieter erhält der Kunde anständige Beduftung zum vernünftigen Preis. Im Vergleich mit dem Touri-Nepp-Gebräu ‚Aqua Wissemara‘ (85 Euronen je 30ml!) aus Wismar haben die Hamburger klar die Nase vorn.

Ich bedanke mich bei Gerdi für die Probe. Alle vier Düfte hatte ich von ihr erhalten, und das immer gleich im 10ml-Reisefläschchen!
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