Lyric Man von Amouage

Lyric Man 2008

DerDefcon
13.01.2020 - 14:44 Uhr
17
Top Rezension
7.5Duft 8Haltbarkeit 8Sillage 9Flakon

Rose braucht kein Oud, Rose braucht keinen Gewürzbasar, Rose darf sauber sein.

Liest und hört man von Amouage, der Parfümmarke aus dem Oman, so denkt man, zumindest jene, die sich ausgiebig mit Düften beschäftigen, an die bekanntesten Vertreter aus dem Hause. Diese wären unter anderem der Klassiker "Reflection Man", der rauchig-laute "Interlude Man" oder der ebenfalls sehr beliebte Orientale "Jubilation XXV Man". Ich gestehe, bis jetzt nur zwei Düfte dieser Marke unter der Nase gehabt zu haben. Hierbei handelte es sich zum einen um "Reflection Man", welcher bei mir mit einer stattlichen Haltbarkeit und einer durchaus heftigen Sillage aufzuwarten wusste. Das wird wohl so eine "omanische" statt "britische" Abfüllung gewesen sein, die mir ein netter Parfumo einst zukommen ließ. Auf die Herkunft der Düfte, sei es der Oman oder die britischen Inseln, möchte ich hier nicht näher eingehen. Da wird schon genug gestritten, ebenso wie bei Creeds Bestseller und das dazugehörige, ja fast schon obligatorische "Batch-Problem". Ungeachtet all dieser soeben von mir angerissenen Streitpunkte kann ich vorerst konstatieren, dass es sich bei den Düften aus dem Hause Amouage zumeist um recht laute Wässerchen handelt. Ich stütze mich hier allerdings nur auf meine Erfahrung mit "Reflection Man" und den diversen Einträgen hier auf parfumo, welchen ich allerdings ein großes Vertrauen zukommen lasse.

Der zweite von mir unter die Nase genommene Amouage-Duft, "Lyric Man", bricht aus den typischen Mustern dieses Hauses irgendwie aus. Natürlich ist er haltbar, doch klebt er nicht an einem. Das Umfeld wird ihn definitiv auch wahrnehmen, dabei jedoch nicht in einen - Achtung: passend zum Duft eingefügtes Wortspiel - "Dornröschenschlaf" fallen.
Apropos Dornröschen: So rein wie die Seele jener bedauernswerten, am Ende glücklicherweise erretteten Frau ist auch unsere Rose, die sich im mystischen, dunkelroten Flakon versteckt. Das Gewächs ist keines, das die Dornen ausfährt und sich, wie man es von vielen anderen Rosendüften kennt, lautstark zu behaupten versucht. Wahrlich spielt es in "Lyric Man" die erste Geige. Wie sollte es auch anders sein? Es wäre komisch, wäre dies nicht so. Doch ist der rosige Auftritt beinahe unspektakulär - ja gänzlich sauber, würde ich behaupten. Daniel Visentins Roseninterpretation ist die einer erwachsenen, vollkommen unsüßen und damit automatisch sehr "maskulinen" (Geschlechtszuschreibungen immer mit Gänsefüßchen) Pflanze, bei der durchaus mal die Vorstellung aufblitzt, es mit einer edlen Seife zu tun zu haben.

Wer nun Angst hat, hier ein reines Rosenwasser beziehungsweise lediglich Rosenseife vorzufinden und das in einem "Männerduft", darf sich bitte wieder beruhigen. Die Seife wird wenig später mit einer Priese Muskat bestreut, in einer frisch geschnitzten, sehr weich duftenden Sandelholzschale aufbewahrt, in der sich noch die wenigen Reste einer zuvor verwendeten Vanilleseife, cremig und weniger süß, beinahe nicht an Vanille erinnernd, befinden.

Am Ende des schleichend voranschreitenden Duftverlaufs, der ein wenig des Trägers Aufmerksamkeit erfordert, um so manch sich heimlich neu hinzugesellende Duftnote auszumachen, steht eine Rosenkomposition, die kein Oud, keine Unmengen an Pfeffer oder sonstigen Würzkram benötigt, um das Attribut "für Männer tragbar" verliehen zu bekommen.
Bitte versteht mich nicht falsch. Als Besitzer und Liebhaber des meisterhaft komponierten "Lumière Noire pour homme" liebe ich gekonnt umgesetzte Rosen-Gewürz-Kombinationen, doch finde ich es ebenso bemerkenswert, wenn ein Parfümeur es auf eine saubere Art und Weise schafft, den vielleicht beliebtesten Blüher der Welt der Allgemeinheit zugänglich zu machen, ohne dass es ihm aufgrund von jener Rein- und Sauberkeit an olfaktorischer Tiefe mangelt, so wie man es von manch anderen Düften vielleicht kennt, bei denen man nur eine einzige Duftnote wirklich herausriecht, die vielleicht das Thema oder den Namen eines jenen Parfums aufgreift und unterstreicht, doch deren einsamer, alle anderen Duftbestandteile verdrängender Auftritt das Sinnbild für Monotonie und Belanglosigkeit schlechthin sein kann.
5 Antworten
Melisse2Melisse2 vor 6 Jahren
Von dem kenne ich bislang nur die Damenversion. Dein Kommentar macht neugierig darauf, den für Herren auch zu testen.
FlirtyFlowerFlirtyFlower vor 6 Jahren
Erbarme mich meiner =D Was für ein Schlusswort! Pokal für dich!
MicscentMicscent vor 6 Jahren
Spitze geschrieben! Und ich habe noch einmal einige Aspekte neu hinzu gelernt. Das hat Spaß gemacht zu lesen und natürlich Lust den Lübeck man mal wieder zu benutzen. Vielen Dank und viele Grüße von Michael
PollitaPollita vor 6 Jahren
Ich tu mir auch schwer mit denen. Mir gefällt der Memoir Man bislang am besten. Den Lyric kenne ich noch nicht.
SchatzSucherSchatzSucher vor 6 Jahren
Lyric Man kenne ich noch nicht. Amouage ist eine dieser Marken, die für mich eher schwierige Düfte auf den Markt bringt. Bisher hat mir die Damenabteilung besser gefallen als die Herrenabteilung. Ich werde mir diesen mal merken, kann gut sein, daß er mir gefällt.