Brioni 2021 Eau de Parfum Intense

MNGR
01.01.2022 - 15:28 Uhr
10
8
Preis
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft

An den guten Vorsätzen haftet immer etwas Verhängnisvolles, sie werden unweigerlich zu früh gefasst. (Oscar Wilde)

Mit den „guten Vorsätzen“ ist es immer so eine Sache. Wer welche hat, ist irgendwann mal falsch abgebogen und gesteht sich nun seine(n) Fehler ein. Wer keine anführt, ist wohl oder übel in seiner reaktionären Eitelkeit gefangen.

Wann, wenn nicht am ersten Tag des Jahres, können illusionäre Vorhaben bedenkenloser verkündet werden?
Wenngleich einige an Euphemismus nicht zu überbieten sind, verkörpern „gute Vorsätze“ im Allgemeinem die menschliche Fehlbarkeit und versprühen so etwas wie Aufbruchsstimmung.
Dieser Aufbruch zu neuen Gefilden kann auf vielerlei verschiedene Weisen interpretiert werden. Eine davon liegt im, für Neuanfänge wohl verheißungsvollsten Datum überhaupt, begründet, dem Ersten Ersten eines jeden Jahres. Heute Anno 2022.

Eine weitere Lesart bietet das Profil des vorliegenden Duftes, dessen Chronik bislang noch keinerlei Rezension aufweist (ich hoffe, das bleibt auch so, bis ich diesen Text fertiggestellt habe. Andernfalls verliefe eine stringente Aurgumentationskette ins Bodenlose und Prätentiöse, sodass sie sich als Beispiel außerordentlicher Peinlichkeit im Gedächtnis der Lesenden verfangen würde.)

Die fundierteste Analogie birgt jedoch die Symbolik des grünen Apfels in sich. Er verkörpert bekanntermaßen „den Aufbruch zum Neuen“ in der Hülle eines unscheinbaren Obstes. Das tut er auf sehr fruchtbare und lebensbejahende Art und Weise. Dabei wohnt ihm auch immer etwas Mysteriöses und Verbotenes inne, das das Verlangen nach ihm ungemein vergrößert.
Diese Charakterzüge verleiht er unweigerlich dem zugrundeliegenden Duft.

Fast schon auf wundersame Art versprüht er diese liebliche und fast verspielt anmutende Aura, die man so von einem Hause wie Brioni nicht erwarten möchte. Dahingehend beschreibe ich ihn eher als Wagnis-Kandidat denn als solide Blind-Buy-Bank.

Als süße Versuchung beweist er Ausdauer, macht jedoch gekonnt einen Bogen um bleischwere und penetrante Schwaden, die tagelang in der Kleidung verweilen. Die Zitrik der Kopf-Kaskade bringt die nötige Portion Frische mit, um als innovativer Flanker einer doch eher subtilen, italienischen Traditionsschneiderei zu überdauern. Als Flanker nehme ich ihn insofern wahr, als dass er mit einer wohldosierten aber doch synthetischen Ambroxan-Atmosphäre einem gewissen Zeitgeist nachstellt. Das sehr Hintergründige Oud, aber die recht helle und sanfte Vanille schlagen ebenso in diese Kerbe.

Dahingehend muss ich einem Statement weiter unten beipflichten und ebenfalls die fehlende Eigenständigkeit kritisieren. Jedoch in Maßen und nicht unverhältnismäßig. In den Phasen seines Entstehens sind m.E. Parallelen zum Apfel-Klassiker schlechthin „Hugo Boss Bottled“ nicht von der Hand zu weißen.

Alles in Allem ist er ein Duft der nicht so wirklich zu Brioni passen soll bzw. zu dem, was man wohl erwarten möchte. Andererseits passt er wiederum sehr gut, möchte man dem Traditionshaus eine fortan kommerziellere Ausrichtung nachsagen, ohne qualitative Abstriche einräumen zu müssen. Bleibt zu hoffen, dass diese Vorsätze nicht zu früh gefasst worden sind.
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