Antoine
22.08.2010 - 16:20 Uhr
7.5
Haltbarkeit
10
Duft

Widerspenstig

Eden ist einer der ungewöhnlichsten Düfte, die mir – zumal im Mainstream-Segment – je untergekommen sind. Dass der sich seit 1996 auf dem Markt hält, erstaunt mich, denn Eden ist absolut kein glatter, gefälliger Duft, aber offenbar hat er seine Liebhaber(innen), auch wenn er in den Parfümerien nicht mehr so oft zu finden ist. Und dass Cacharel, ein Hersteller, der von jeher den Massenmarkt bedient, so einen Duft auf den Markt gebracht hat, erstaunt mich noch mehr.

Mit den seit Jahren so gängigen Fruchtig-Blumig-Süß-Düften nach dem Schema „mach ein bißchen Mandarine/Himbeere/Cassis/Melone oder dgl. in die Kopfnote, tu irgendwelche netten Blumennoten und evtl. (wenig) Gewürze in die Herznote, und mix die süße Basis aus Amber/Moschus/Vanille (Patchouli nach Bedarf zugeben)“ hat Eden überhaupt keine Gemeinsamkeiten. Eden eröffnet mit einer fast schon abstoßend heftigen grünen Note, die mich an frisch aufgeschnittenen Gemüsefenchel erinnert und mich schier umgehauen hat, denn mit so etwas habe ich bei einem Cacharel-Duft überhaupt nicht gerechnet. Diese grüne Note hat eine milchige, an Kokos erinnernde Komponente und verfliegt nicht etwa nach ein paar Minuten, sondern bleibt bis zum Drydown präsent. Erst sehr präsent, dann ziemlich präsent, und danach immer noch präsent. Den oben gelisteten Noten kann ich diese grüne Note überhaupt nicht zuordnen, am ehesten noch dem schwarzen Holunder, der ja in den frischen Beeren auch ein sehr herbes, grünes Aroma hat, aber der soll ja erst in der Basis da sein.

Die grün-milchige Note wird nach und nach durch blumige und „normale“ kräutrige Noten abgemildert, zeitweise sind wässrige Akzente spürbar, aber mit einem gefälligen Mainstream-Duft bestehen weiterhin nur geringe Gemeinsamkeiten. Und ein normaler aquatischer Blumenduft aus den 90ern ist das für meine Nase auch nicht.

Eden wirkt im Duftverlauf sehr komplex und in sich widersprüchlich. Insofern erinnert er mich an Contradiction von CK und an Diors Dune. Aber Eden ist weit grüner, krautiger, widerspenstiger und herber, allerdings nicht maskulin. Der Drydown ist noch am versöhnlichsten. Kuschlig wird der Duft aber zu keiner Zeit, nur balsamig-kräutrig mit einer leicht seifigen Note.

Obwohl Eden kein maskuliner Duft ist, geht er wegen dem insgesamt nicht typisch femininen unsüßen Duftverlauf ohne weiteres für experimentierfreudige Männer. Ich finde Eden genial, neige aber dazu, dass ihn nicht tragen möchte.

Der Flakon ist gut gewählt, denn seine Farbe bildet die milchig-grüne Note perfekt ab.
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