Jockey Club 1840 Cologne

TimK
15.06.2012 - 06:09 Uhr
8
7.5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
1
Duft

Tante Hannelore

Dieser Duft ist so absonderlich-komisch, dass es nötig ist, die Sache mit Tante Hannelore vorauszuschicken. Nur so nähert man sich dem Wesen von "Jockey Club" an. Also ...
... übers Jahr trafen wir uns höchstens zufällig, zu verschieden waren unsere Leben – bei Geburtstagen hockten die Familien aber zusammen. Mitte der Achtziger, in der Eigentumswohnung bei Onkel Klaus und Tante Hannelore, erster Stock. Diese Geburtstage waren immer gleich. Immer baute auf dem Schwimmbadparkplatz gegenüber ein Wanderzirkus seine Zelte auf, immer gab es (ganz odentlich gemachte) Wienerschnitzel mit Kartoffel- und Feldsalat, immer ließen Klaus und Hanne ihre Südtirolaufenthalte Revue passieren, immer gab es hinterher von dort mitgebrachten Schnaps. Und immer inspizierte Klein-Tim Hannes von Eichenfurniermöbeln eingefasstes Wohnungsdekor, darunter ein Spinnrad, mehrere schwere Ritter-, Reiter- und Tierfiguren aus einer schwarzen, massiven Metallegierung, diverse Kufstein- und Reschenpassmemorabilia – und: Ein nur speziellen Anlässen vorbehaltenes und daher meist verwaistes Gästebad, wo Erstkontakte mit Teilen des Avonsortiments, mit türkisen Cologne-Fläschchen und Klobrillenüberzügen, mit „Tosca“ und Ähnlichem stattfanden. Dort sah ich auch meine erste „Soap on the Rope“.

Als ich Jahre später „Jockey Club“ orderte, war es eine Beschreibung voller Lügen in einem Katalog für gepflgte Männerartikel, die mir Lust machte: Von Wald und Moos und Gewürz, Holz und Legende war die Rede. Ich hätte stutzig werden können – JFKs froschgesichtige Saubermannattitüde war mir immer unsympathisch und auch auf die Mitgliedschaft im „Jockey Club“ würde ich pfeifen – aber das Logo war schön, es erinnert an die „Orange“-Gitarrenverstärker aus den Siebzigern, und auch der gerade Schüttflakon schien mir angenehm. Doch beim Öffnen wallte mir die zu Duft gewordene Spießigkeit ins Gesicht: Puder, syntetische Vanille- und Majorannoten, die staubige „Soap on the Rope“ von damals und die viel zu selten durchgespülten Rohre im Mietshaus. Leblos-sauber. Ich mag’s nicht.
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