Très Jourdan 1992 Eau de Toilette

Serenissima
13.10.2023 - 04:22 Uhr
16
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

leichtfüßig und charmant

Beim Testen von „Très Jourdan“ überfällt mich die Erinnerung mit Macht. Diese hübsche Miniatur enthält Jahre meines Lebens, die ich – rückblickend – leichtfüßig und voller Neugier auf alles, was sich mir bot, verbrachte.
Ach, lang ist’s her!

Wie viele Paar Schuhe dieser Marke mich durch diese Zeit begleiteten, ist nicht mehr zu zählen. Selten kam ich ohne einen neuen roten Karton mit flottem Inhalt aus dem KaDeWe zurück.
Trieb mich nicht die eigene Neugier in diese kleine, einer Boutique ähnlichen Nische vor einem der großen Schaufenster, so war es ein Anruf der reizenden Verkäuferin, die wieder einmal ein für mich passendes Angebot bereithielt.
Sie gehörte zu denen, die Aufzeichnungen über die Vorlieben ihrer Kunden in ein kleines Büchlein eintrug und somit entsprechend reagieren konnte.
Selbstverständlich musste ich mir das telefonisch Angekündigte anschauen und meist begleitete mich ein neues Paar Pumps oder Sandaletten heim: Sie wusste eben, was mir gefällt.

Erstaunlich ist es deshalb, dass ich diesen charmanten Duft erst jetzt durch eine Miniaturen-Sammlung kennenlernte, die mir eine besonders liebe Parfuma zukommen ließ.
Welch große Freude sie mir dadurch machte, war ihr sicher nicht einmal bewusst.

Also schlüpfe ich in Gedanken in meine geliebten weißen Sandalen mit den feinen Lederriemchen, dem kleinen Plateau und dem hohen schlanken Absatz; beides bezogen mit Stoff, auf dem sich das Musterband vom Flacon befand: Flott sah das aus!
Und nur durch wenige Tröpfchen dieser sonnigen Flüssigkeit werde ich wieder in die Leichtigkeit und Fülle der neunziger Jahre und besonders ihrer Duftschöpfungen zurückversetzt.
Wie weit weg ist inzwischen die „Blumenfrau“, die ich einmal war und wie lebendig schaut sie mir heiter zwinkernd während des Schreibens über die Schulter, als wollte sie fragen: Weißt Du noch?

„Très Jourdan“ ist, trotz seiner Fülle an Duftnoten, erfüllt von der Leichtigkeit des Sommers.
Ein Tanz durch einen Blumengarten, den gefüllten Obstkorb in Händen und schon bin ich schmetterlingsleicht umschwebt von reichen fruchtig-blumigen Duftschleiern.
Denn ganz schnell vermischen sich zitrische und himbeerige Fruchtnoten, reif und prall, mit den Blütenschönheiten des klassischen Sommergartens.
Dazu gehören fast selbstverständlich die die Sinne schon manchmal fast betäubenden „weißen Stinker“ (O-Ton: Meggi!) Maiglöckchen und Jasmin zusammen mit der nicht minder schüchternen Tuberose.
Vorsicht: Weißblüher-Alarm!!
Die kleinen Veilchen mit ihren freundlichen Gesichtern schließen sich ihnen an und die edlen Rosen vervollständigen diesen Blütenduft-Zauber.
All das vereint sich anmutig und harmonisch, bevor sich als Höhepunkt warme, etwas animalisch anmutende Moschusvanille mit leichtem Zedernholzakzent zeigt und so endgültig zum Verweilen einlädt.

„Très Jourdan“ ist ein typisches Duftgeschöpf seiner Zeit, das seinen Zauber großzügig und voller charmanter Heiterkeit versprüht.
Ja, diese Duftkomposition leuchtet, auch wenn erstaunlicherweise die damals typische Beigabe der Aldehyde fehlt.

Sillage und Haltbarkeit des Eau de Toilette sind sommerlich leicht, aber trotzdem reich, ausdrucksstark und von französischer Eleganz.
Mehr braucht es auch nicht, um ein zauberhafter Begleiter zu sein.

Schade eigentlich, dass ich dieses Duftwesen erst jetzt kennenlerne. Aber es kommt wieder ein Sommer und damit unsere Zeit!

Aus der Zeit gefallen? Aber nein!
Neulich in der Parfümerie von Galeries Lafayette fielen wir schon auf!
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