16.08.2022 - 13:00 Uhr
NuiWhakakore
95 Rezensionen
NuiWhakakore
Top Rezension
29
Ein Spaziergang im Park
Heute mal langsam. Ein Spaziergang durch den Park zum Flussufer. Den lindgrünen Anzug, es ist Frühling. Und die Budapester, handgenäht. Kurz beim Friseur halten, soviel Zeit muss sein. Frisches Cologne auf die Wangen und dann runter zum Arch, da sind um diese Jahreszeit noch nicht so viele Touristen. Nur die Kids mit ihren Skateboards schauen. Wundern sich über den Anzug, finden ihn altmodisch und das ist er ja auch. Sie meinen ich sei zu langsam für ihre Welt. Vielleicht haben sie ja Recht? Vielleicht wird die Welt ja immer schnell und ich kommt da nicht mehr mit?
Andererseits: Zeitkrankheit. Zukunftsschock. Informationsüberflutung. All der Schwachsinn, mit dem wir uns einreden, dass die Welt schneller wird. Wird sie nicht. Wir sind einfach älter. Wir haben zu viel gesehen und wollen uns einfach nur hinsetzen und eine Tasse Kaffee trinken (1).
Das ist überhaupt die Idee, ab auf eine Bank und die Frühlingssonne genießen. Ja, das ist ein guter Plan.
--------------------
Shawn Maher, der Mann hinter Chatillon Lux, schreibt selbst über 88 Chestnut Street, dass der Duft eine Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne ist und beruft sich ausdrücklich auf den Urvater aller Colognes, Farinas Eau de Cologne, als eine der Ideen dahinter (2).
So ist denn der Start auch sehr Cologne typisch mit einer Fülle an Zitrusfrüchten: frisch, grün, bitter, nur leicht fruchtig. Tonangebend ist dabei wie zu erwarten Neroli, das auch eine deutlich Noten von Weißblühern mitbringt. Diese wird bald von Lavendel unterstützt. Dieser ist leicht Süß, verstärkt die blumigen Noten etwas und dämpft das bittere der Zitrusöle, macht den ganzen Duft damit weicher. Jasmin und Rosengeranie mögen mit beteiligt sein, explizit riechen kann ich sie nicht. So weit, so traditionell.
Der moderne Part wird durch den Vetiver eingeleitet, der zur Basis hin immer deutlicher wird. Dieser ist auch frisch und hell. Etwas cremige Tonkabohne kommt noch mit rein und so verbindet sich die Basis schön mit den Resten des bitter-frischen Neroli-Lavendel-Mixes und klingt dann so aus.
Im Vergleich zum „Vorbild“ von 1709 ist das sicher modern, für mich ist der Duft aber durchaus klassisch, oder auch zeitlos. Moderner ist aber definitiv die Haltbarkeit. 6 Stunden nehme ich 88 Chestnut Street wahr, was für ein frisches Cologne schon recht ordentlich ist. Ich kenne Farinas Cologne nicht und wenn man sich die Kommentare so durchliest, scheint die aktuell erhältliche Formulierung wohl nicht mehr ganz so original zu sein, aber wo es definitiv die Nase vorne hat: es ist noch erhältlich. 88 Chestnut Street ist auf der Seite von Chatillon Lux leider nicht mehr zu finden. Durchaus schade drum.
--------------------
(1) Könnte wahr sein, klingt im Original aber besser:
Time sickness. Future Shock. Information overload. All the bullshit ways we tell ourselves the world‘s getting faster. It‘s not. We‘re just older. Seen too much, just want to sit down and have a cup of coffee. - Aidan Truhen, The Price You Pay
(2) schön hier nachzulesen: https://scent-notes.com/2020/03/01/scent-notes-88-chestnut-street-and-a-study-on-citrus/
Andererseits: Zeitkrankheit. Zukunftsschock. Informationsüberflutung. All der Schwachsinn, mit dem wir uns einreden, dass die Welt schneller wird. Wird sie nicht. Wir sind einfach älter. Wir haben zu viel gesehen und wollen uns einfach nur hinsetzen und eine Tasse Kaffee trinken (1).
Das ist überhaupt die Idee, ab auf eine Bank und die Frühlingssonne genießen. Ja, das ist ein guter Plan.
--------------------
Shawn Maher, der Mann hinter Chatillon Lux, schreibt selbst über 88 Chestnut Street, dass der Duft eine Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne ist und beruft sich ausdrücklich auf den Urvater aller Colognes, Farinas Eau de Cologne, als eine der Ideen dahinter (2).
So ist denn der Start auch sehr Cologne typisch mit einer Fülle an Zitrusfrüchten: frisch, grün, bitter, nur leicht fruchtig. Tonangebend ist dabei wie zu erwarten Neroli, das auch eine deutlich Noten von Weißblühern mitbringt. Diese wird bald von Lavendel unterstützt. Dieser ist leicht Süß, verstärkt die blumigen Noten etwas und dämpft das bittere der Zitrusöle, macht den ganzen Duft damit weicher. Jasmin und Rosengeranie mögen mit beteiligt sein, explizit riechen kann ich sie nicht. So weit, so traditionell.
Der moderne Part wird durch den Vetiver eingeleitet, der zur Basis hin immer deutlicher wird. Dieser ist auch frisch und hell. Etwas cremige Tonkabohne kommt noch mit rein und so verbindet sich die Basis schön mit den Resten des bitter-frischen Neroli-Lavendel-Mixes und klingt dann so aus.
Im Vergleich zum „Vorbild“ von 1709 ist das sicher modern, für mich ist der Duft aber durchaus klassisch, oder auch zeitlos. Moderner ist aber definitiv die Haltbarkeit. 6 Stunden nehme ich 88 Chestnut Street wahr, was für ein frisches Cologne schon recht ordentlich ist. Ich kenne Farinas Cologne nicht und wenn man sich die Kommentare so durchliest, scheint die aktuell erhältliche Formulierung wohl nicht mehr ganz so original zu sein, aber wo es definitiv die Nase vorne hat: es ist noch erhältlich. 88 Chestnut Street ist auf der Seite von Chatillon Lux leider nicht mehr zu finden. Durchaus schade drum.
--------------------
(1) Könnte wahr sein, klingt im Original aber besser:
Time sickness. Future Shock. Information overload. All the bullshit ways we tell ourselves the world‘s getting faster. It‘s not. We‘re just older. Seen too much, just want to sit down and have a cup of coffee. - Aidan Truhen, The Price You Pay
(2) schön hier nachzulesen: https://scent-notes.com/2020/03/01/scent-notes-88-chestnut-street-and-a-study-on-citrus/
23 Antworten