Le Chypre du Nil 2018

Version von 2018
Serenissima
29.04.2023 - 02:24 Uhr
4
Hilfreiche Rezension
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
6.5
Duft

Schlammbad

Mehrere Faktoren treffen eigentlich bei dieser Kreation zusammen, die mich neugierig machten:
Meine Vorliebe für Patchouli- und Chypredüfte und die überaus sympathische Begegnung mit dem „Chevalier de la Nuit“ dieser Marke.
Selbst die Duftpyramide hinterließ noch erwartungsvolle Freude, auch wenn das Trockenobst etwas irritierte: Aber vielleicht steht es hier für den sonst so häufig Patchouli-verstärkenden Kakao?

Also: Kräftig gesprüht und „Head over heels“ in den Duft eingetaucht; ist schließlich ein Chypre, was kann passieren?
Was passierte? Ich blieb wohl im Nilschlamm stecken!
Nicht immer sind „Kopfüber“-Sprünge also empfehlenswert!
Durch der Trockenfrüchte Süße, wohl hauptsächlich der der Pflaumen, verliert Patchouli seine von mir erwartete und geliebte vollmundige Erdenschwere.
Jetzt hatte ich den Mund (oder die Nase) voll von etwas sehr muffiger Duftfülle; selbst den Bestandteilen der Kopfnote gelingt es nur selten, ein frisches oder sogar würziges Leuchten zu erzeugen.
Wenigstens des Wermuths kratzige Würze hatte ich erwartet zu treffen!
Der bisherige Duftfluss dümpelt auf meiner Haut träge vor sich hin, wie ein Fellachenboot mit schlaff hängendem Segel auf dem vor sich hin dämmernden Nil.
Inzwischen aber vermählte sich die duftschwangere, sehr aromatische Rose mit einer angenehmen Wildledernuance, auf deren rauer Oberfläche sich allerdings eine Iris-Puderschicht niederließ, die schließlich durch ein Ambra-/Moschusgemisch noch verdichtet wird:
Zu dicht verflochten ist dieses Duftnetz für meine Empfindungen; es engt mich ein.
So langsam fühle ich mich in eine gewaltige Duftumarmung, in ein Labyrinth aus Patchouli-Schlamm gezogen: Was geschieht hier nur mit mir und meinen Sinnen?
Bis auf Jasmin und Eichenmoos sind fast alle klassischen Chypre-Komponenten vorhanden, auch Patchouli ist da: Warum sind wir uns so fremd?

Wäre es die mir bisher unbekannten Marke „Ciro“ generell, so hätte es mir der kurz vorher getestete Duft „Chevalier de la Nuit“ nicht so angetan; ich bin ein bisschen verliebt in seine Begleitung, die ich gern noch öfter genießen werde.
Während ich noch darüber nachdenke, und bekanntlich gebe ich ja nicht so schnell auf, entwickelt sich der Duftverlauf weiter; so, als purzelten alle bisher suchend umherfliegenden Bausteine endlich an ihren Platz in diesem Mosaik; es entsteht ein deutlicheres Bild.
Was dabei herauskommt ist zwar kein Chypre-Duft, aber eine doch recht ordentliche Patchouli-Komposition, wenn auch mit etwas zu viel Süße.

Meine Verwirrung legt sich langsam, ich finde mich jedoch im Nilschlamm wieder:
Eine neue Spa-Variante?
Aber wollte ich eigentlich dorthin?
3 Antworten