La Collection Privée

Eau Noire 2004

Profumo
24.08.2010 - 17:24 Uhr
30
Top Rezension
7.5
Haltbarkeit
9
Duft

Eau Maggi? Nein, die Suppe ist zu gut, sie braucht kein Maggi!

Holy Moly! Das soll ein Eau de Cologne sein?
Wo ist der frische Start, gerne mal mit ein wenig Verbene und/oder Zitrus, und wo das luftig-blumige Herz, das dezent holzige Finish? Nichts, nada. Jean-Claude Ellena hätte es vorgemacht: ein modernes Eau de Cologne, nein, den Hauch eines solchen, nein: er hat sogar zweimal gehaucht – einmal weißen Enzian, einmal Pampelmuse rosé. Und was macht Francis Kurkdjian? Er pustet sie weg, alle! Er haut auf die Pauke statt an der Harfe zu zupfen, und statt ein federleichtes Amuse-Gueule aufzutragen, lädt er den Tisch voll bis er fast zusammen kracht.

Eau Noire ist wirklich alles andere als ein Cologne, mag es sich auch so nennen. Es ist mehr, viel mehr: Lavendel in vollster, üppigster Blüte; Vanille wie gerade aus der Schote gekratzt; noch heißes, dunkel brodelndes Karamell und der auftrumpfende, würzig-aromatische Duft der Macchie, Strohblume oder Immortelle – sie riechen fast identisch und vor allem deutlich nach Curry – durchweht von einer nie versiegenden Rauchfahne. Was für ein Duft! Verwegen, wild, barock und ja: dunkel, ganz dunkel.
Eine Melange die manche an Maggi denken lässt, andere an ein deftiges Curry, wieder andere an geräucherten Schinken, an Karamell-Bonbons, Lavendelfelder und, und, und – ein assoziationsreicher Duft!

Hedi Slimane, der frühere Chef-Designer von Dior soll ihn seit seinem elften Lebensjahr sozusagen ‚in der Nase gehabt haben’. Francis Kurkdjian hat ihn aus derselben destilliert und gemeinsam nannten sie es ‚Eau Noire’. Ein weiteres wunderbares Beispiel einer Tandem-Produktion à la Coco Chanel/Ernest Beaux, oder Félicie Wanpouille/Ernest Daltroff (Caron), oder Estée Lauder/Bernard Chant.

Aber Vorsicht! Dieser Duft, so gut er ist, kann nicht einfach empfohlen werden, nur weil er gut ist – auf kaum einen trifft das Diktum: ‚man muss ihn mögen’ so zu wie auf diesen. Viele werden ihn nicht mögen – wer will schon nach Curry riechen, bzw. nach ollen, vertrockneten Strohblumen? Aber die, deren Nasen eine weitere Bandbreite als von frisch geduscht bis frisch gebügelt haben, die an kräftig aromatischen, häufig spät-herbstlichen Aromen gefallen finden – diesen Nasen wird Eau Noire Labsal sein.

Zwei große Paten hat dieser Duft: Pour un Homme de Caron und Annick Goutals Sables. Von ersterem borgt er sich den Lavendel und die Vanille – nur sind beide bei Eau Noire viel rauer, weniger poliert - , und von letzterem die Immortelle, sowie den fast schon verbrannten Zucker. So ist Eau Noire zwischen dem Soliflor Pour und Homme de Caron und dem Orientalen Sables etwas in die Fougère-Achse gerückt, ein orientalisches Fougère, wenn man möchte.

Seltsamerweise findet diese Variante, zumal wenn sie einen nicht zu leugnenden Strohblumen-Akkord besitzt, außerhalb Frankreichs offenbar wenig Zuspruch: das großartige Sables ist leider nur noch dort erhältlich, und auch Eau Noire wird demnächst dasselbe Schicksal ereilen – es wird nur noch in Paris zu haben sein (ebenso wie die beiden Co-Cologne Bois d´Argent und Cologne Blanche - beide werden von Eau Noire in Sachen Delikatesse und Finesse um einiges überragt!).
Zum Glück aber habe ich mich eingedeckt, sowohl mit Sables als auch mit Eau Noire. So habe ich mir vor kurzem habe noch eine 250ml Flasche von Eau Noire zugelegt – das sollte wohl für ein Weilchen genügen.....

Übrigens: Eau Noire ist nicht nur viel gehaltvoller als ein gewöhnliches Eau de Cologne, es ist auch viel haltbarer – das ein oder andere Eau de Parfum würde erblassen vor Neid! Und es ist – meiner Beschreibung zum Trotz – sogar elegant, zumindest empfinde ich das so. Nur, wie das so ist bei Düften die definitiv keine ‚crowd-pleaser’ sind, die extrem sind und polarisieren: andere werden das ganz anderes sehen.
Ist mir aber egal – ein schwarzes Schaf oder ein hässliches Entlein sind mir allemal lieber als der hübscheste Langweiler...
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