Jules 1980 Eau de Toilette

Mörderbiene
23.09.2022 - 06:05 Uhr
18
Top Rezension
9
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft

Jules D., oder: Mit dem Rolls zur Paris-Dakar

Die Rallye Paris-Dakar, die zu einer der wichtigsten Langstrecken- und Wüstenrallyes werden sollte, war 1981, im dritten Austragungsjahr, noch ein kleiner, familiärer Ausflug aus der Stadt an die Küste.
Das damalige Highlight: ein zum Start angemeldeter Rolls-Royce.
Zwei Franzosen hatten die absurde und sicher in irgendeiner Form alkoholgesteuerte Idee, das Rolls-Royce Corniche Fixed Head Coupé des Einen, über dessen Unzuverlässigkeit er sich ausließ, zum Rallye-Fahrzeug umzubauen.
Diese Schnapsidee wurde dafür dann umso ernsthafter und ambitionierter umgesetzt, und nur eine Unfallreparatur verhinderte ein gutes Abschneiden - der Rolls lag zwischenzeitlich auf Rang 13 der Gesamtwertung.
In Crewe bei Rolls-Royce vergaß man hingegen jeglichen britischen Humor und wollte mit diesem Projekt nichts zu tun haben - sogar die Verwendung des Markennamens Rolls-Royce wurde untersagt. Daraufhin wurde der Wagen vom kurzerhand eingesprungenen Sponsor Christian Dior nach seiner damals aktuellen Herrenkollektion benannt: Jules.
Und mit Jules Dior und Jules Rolls-Royce (im folgenden Jules D. und Jules R.-R.) haben sich zwei passende Partner gefunden.
Jules D. ist gleichsam rebellischer Abenteurer wie galanter Charmeur von seifiger Eleganz, der sich auch auf einer steifen Dinnerparty (in dezenter Dosierung!) sehen lassen könnte und dort sicher zu den unterhaltsameren Gästen zählen dürfte. Der Duft ist ein typisches Kraftpaket der 80er, der sich neben all der dunkelgrünen Würze dennoch eine feingliedrige Struktur mit floraler Frische bewahrt.
Diese Wuchtbrumme beginnt bereits würzig und recht spröde, wird aber zum Herzen hin weicher und harmonischer. Dort gesellt sich eine fast schon liebliche Veilchennote hinzu, die jedoch das kantige Gerüst nicht zu überdecken vermag. Der Ausklang ist lang, und von schmutzigem, derbem Leder geprägt.
Während Jules D. ein typisches Kind seiner Zeit ist, war Jules R.-R. in jeder Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung und blieb singulär. Doch die Paarung stimmt - ein höhergelegter Rolls-Royce mit Stollenreifen und Rallyestreifen, das ist heute herrlich unzeitgemäß.

Jules R.-R. erfuhr dann auch noch eine späte Legitimation: mit Einführung des Cullinan, dessen Existenzberechtigung womöglich noch strittiger wäre, wurde er sogar für das Marketing bemüht.
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