Norvège 2010

VonK
13.01.2017 - 07:35 Uhr
10
Top Rezension
4
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7
Duft

Eine kleine Enttäuschung

Bereits wenn man im Landeanflug auf den Flughafen Flesland ist und aus dem Fenster des Fliegers sieht, erblickt man das Land der Fjorde, der Berge und des Steins. Überall ist Wasser und auf steinigem Boden stehen kleine rote Häuschen. Es wirkt zunächst, als habe man die zivilisierte und kultivierte Welt der Menschen verlassen und sei angelangt im Reich der Jotner, der nordischen Riesen. Diese Antagonisten der Götter um Odin, Thor und Freya leben im rauen und steinigen Utgard.
Unschwer ist an der Natur Norwegens zu erkennen, wie die Menschen früher ihre Welt mit übernatürlichen Wesen anreicherten.
Und dann erreicht man plötzlich die Stadt. Die Welt ist wieder verwandelt. Eine alte Hafen und Hansestadt. Es ist gemächlich in Bergen, aber auch urban, hip und wunderschön. Eine ganz anderer Eindruck.

Norwegen besitzt eine atemberaubende, abwechslungsreiche Natur, die einem manchmal ganz schön Ehrfurcht einjagen kann. Man fühlt sich unverhofft winzig und unbedeutend neben dem äonenalten Gestein und dem klaren Wasser, dass durch die Fjorde uns Seen fließt.

Das Land ist ein Teil meines Lebens, mein kurzzeitiges Exil und eine tiefe Liebe. Umso mehr freute ich mich, als meine Frau mir diesen Duft unter die Nase hielt. Ein norwegisches Dufthaus, das einen Duft herausbringt, der nach diesem fantastischen Land benannt ist? Doch bereits im Namen offenbart sich etwas Unstimmiges:

Norvège... nicht etwa Norge oder Noreg, wie es auf Norwegisch heißen müsste. Auch ist der Duft in Frankreich hergestellt. Es ist natürlich nachvollziehbar, dass man versucht, an die französische Parfumkunst anzuknüpfen und das Unternehmen einige Verbindungen nach Frankreich besitzt. Dennoch hätte man hier selbstbewusster sein können. Aus Norwegen kommen nicht nur Fisch, Holz und Erdöl!

Auch der Duft ist eher verwirrend. Der Hersteller sagt, die Inspiration sei eine aufsteigende Luftblase in einem gefrorenen norwegischen See, welche dann unter dem Eis platzt. Wie dies olfaktorisch sein könnte, habe man sich vorstellen wollen. Auch sollen alle vier Jahreszeiten des Landes als Thema aufgegriffen werden.

Nun, Norvège ist ein schöner Duft, doch wie sein Name empfinde ich ihn nicht wirklich als norwegisch.
Es riecht hier vor allem nach Kräutern. Besonders der Koriander steht im Mittelpunkt. Ein leichtfüßiger, eher frischer Duft getragen von dezenter Süße.
Mein Kopf projiziert dabei viel mehr Bilder von Italien als von meiner geliebten Exilheimat. Ich erwartete Moos und etwas Mineralisches, Salz, Klarheit, Trägheit und eine gewisse Rauheit mit innerer Ruhe. Stattdessen habe ich hier würzige Leichtigkeit, die fast zu schweben scheint. Nicht geerdet sondern aufstrebend. Adrett aber nicht so gemächlich. Kräuter, von denen ich in Norwegen keine gesehen habe und nur eine kaum wahrnehmbare Holzigkeit und Harzigkeit.

In der Summe ein wirklich schöner Duft, aber dennoch eine kleine Enttäuschung.
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