Chizza
15.02.2024 - 15:09 Uhr
35
Top Rezension
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Yeti - riechen wie ein Fabelwesen oder: die verpasste Zoologistchance

Robert, der Yeti, besaß eine neue Geschäftsidee. Oftmals hörte er (Stimmen) die ihm einen schönen Duft nachsagten. Wie er es denn vollbrächte, immer so angenehme Gerüche auszudünsten? Also war er besessen von der Idee, einmal auch ein Parfum zu veröffentlichen. Da traf es sich gut dass er beim letzten Streifzug diverse Menschen entführte, um diese später zu kochen und genüsslich zu verzehren. Einer aber lamentierte permanent dass der Welt so sein Talent in Sachen Parfumkreationen verloren ging. Nennen wir ihn Steorg Gaudt oder auch Gaudi-Georg. Jedenfalls entsponn sich nachfolgender Dialog:

„Ich Rooobääärt. Yeti. Du machen Parfum für mich. Alle riechen wie ich.“
„Äh, nach Blut von den ganzen Leichen hier? Oder nach Zibet? Danach riecht es hier schon ziemlich…Haben Sie das hier in Duschdas-Flaschen umgefüllt?“
„Machen oder ich dich essen.“
„Ja ja ja, ist ok, also normalerweise beraume ich einige Termine für ein Bespoke an…also geht das so Richtung perverse Prin-Kreationen mit Urin, Sperma, Blut und so? Oder soll’s doch auch gefällig sein? Etwas traditioneller mit animalischem Twist oder so? Oder eher ein Duft wie ein Robby Bubble-Sekt? So Richtung Erba Pura?“
„Du reden viel, vielleicht lieber dich doch essen.“
„Nunja, ich leg mal los. Gerne mit beiden Armen, wenn die Fesseln abkönnten? In meinem kleinen Dörfchen hab ich viele Inhaltsstoffe wo man was zaubern könnte. Könnten wir da hin? Du gibst dich einfach als Babsi aus, meine Stiefschwester mütterlicherseits, das wird niemandem auffallen. Aber dann bleibe ich verschont.“
„Ok.“

Hier kommen zwei Düfte zusammen, die ich einzeln kenne, die sich relativ diametral gegenüberstehen und vereinfacht ausgedrückt, vermischt wurden. Natürlich verfeinert und dergleichen. Das Spektrum reicht von zitrisch-frischen Noten bis hin zu direkt rauchiger Oud-Animalik. Man befindet sich in einem olfaktorischen Wimmelbild; hier tatsächlich Safran, untermalt mit Moschusnoten und dezenter Mandel. Da das Oud-Sextett sowie diverse animalische Beigaben. Es duftet ledrig, herb, rauchig. Diese Kombination mit Tangerine, Orange und Konsorten ist höchst spannend. Hesperiden welken, verglühen gleich der Sonne, Impressionen von tiefen Rottönen, herbstlichen Farben erscheinen. Diese Facette von Yeti ist dominant und auch sehr stark konstruiert.

Die Ouds überbieten sich nicht gegenseitig, kreieren nicht zu viele Kanten sondern einem Kaleidoskop gleich, schaffen sie eine vielschichtige Einheit, schimmern in allen möglichen Harz- und Holznoten. Hierzu tragen auch balsamische Nuancen bei. Diese runden Yeti ab, sorgen für eine Art Vollmundigkeit doch sollte man sich nicht beirren lassen. Ab und an quillt die sublim extreme Machart über, ein Hauch herbstlich-animalische Röte wabert vorbei, die intensiv duftenden Schalen der Zitrusfrüchte sorgen fast für einen harmonisch-gemütlichen Beiklang.

Sukzessive entschwinden die zitrischen Facetten, Yeti wird rassiger, würziger, die in den ersten Momenten moderat ungestüme Animalik sowie Oud-Melange transformiert sich hin zu einem friedlich wirkenden, olfaktorischen See. Der Nukleus dieser Kreation wird offenbar und verharrt ebenso, das extrovertierte Wesen wird gleichfalls reifer und nimmt sich zurück.

Welches Fazit zieht man? Zwei Düfte, von den Parfumeuren als einzeln für nicht gut genug befunden, warum auch immer kombiniert und heraus kommt ein Werk, welches endlich die Qualitäten der einzelnen Bausteine zur Geltung bringt. Ein Parfum, welches an die archaischen MGO-Releases erinnert. Manchmal scheint es wirklich wie bei einem Mosaik zu sein. Vervollkommnung durch das große Ganze. Vielleicht ein Plädoyer für fruchtbare Kooperationen, für grundsätzlich ein Miteinander.
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