Parfümlein
25.02.2020 - 10:03 Uhr
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Top Rezension
9Duft 7Haltbarkeit 8Sillage 8Flakon

... es rauschten leis die Wälder, so sternklar war die Nacht...

Immer muss ich an Eichendorffs Mondnacht denken, wenn ich "L'eau d'hiver" sehe oder rieche, auch wenn Eichendorff eher eine Frühlingsnacht beschreibt. Ich sehe diese sternklare Nacht im Winter und höre die Wälder rauschen, sehe einen fast schwarzen Himmel, tausende Sterne, es ist eine klirrend kalte Nacht, ich gehe über ein Feld, der Rauhreif knistert unter meinen Füßen, mein Atem dampft, aus einem offenen Stall blicken Kühe in meine Richtung. Es ist eine klare Februarnacht.
Natürlich, ich könnte bei L'eau d'hiver auch an etwas anderes denken. Ich möchte nicht behaupten, dass das Parfum nach Schnee, nach Kälte, nach Eis riecht. Aber der Name und die glasklare Flüssigkeit üben ihre wohlbedachte Wirkung auf mich aus, der ich mich nicht entziehen kann. Ich kann gar nicht anders, als in diesem frischen Auftakt aus Bergamotte, Weißdorn und wohl auch Angelika das Aufwirbeln von Pulverschnee zu erkennen und im pudrigen Herz aus Iris, Jasmin und Heliotrop die duftige, aber duftlose Oberfläche frisch gefallenen Schnees. Es gelingt mir nicht, die vollkommen leisen Noten von Honig und Karamell, die ich zwar vage wahrnehme, aber nie durchdringend empfinde, und den Moschus und die zarte Gartennelke (wenn es das ist, was ich als sehr zart blumig ausmache) anders zu deuten denn als Duft meiner eigenen, winterwarmen, mit einem süßen Parfum betonten, atmenden Haut. Ich kann nicht anders, als mich, vom warmen Inneren eines wohlbeheizten Zimmers kommend, in dieser eiskalten Nacht draußen zu assoziieren.
Einen großen Anteil an diesen Vorstellungen hat mit Sicherheit die absolute Sanftheit und die geringe Sillage des Duftes, der insgesamt so zurückhaltend auf der Haut wirkt, dass er mehr ein Hauch als ein Parfum ist; dieser fast duftlose Zustand, der nur hin und wieder, aber über viele, viele Stunden hinweg, durch ein leichtes Wehen in meine Richtung unterbrochen wird, ist in der Natur am ehesten im Schnee gegeben; in jeder anderen Wettersituation hat die Natur ihren intensiven Eigengeruch, den ich wahrnehmen kann, so wie auch die Stadt niemals duftlos sein kann. Selbst unter Wasser müssten, könnte man dort atmen, zumindest Salz, animalische Noten wahrnehmbar sein. Nur Schnee riecht so gut wie nach nichts außer nach sich selbst - reinstem Wasser mit einem vielleicht minimal metallisch-pudrigen Unterton. Deshalb kann die Zartheit von L'Eau d'hiver, das sich perfekt mit der Haut verbindet, für mich nie etwas anderes sein als die klare, kalte Sternennacht, und deshalb liebe ich den Duft wirklich sehr.
5 Antworten
Felix22xFelix22x vor 5 Jahren
Sehr schön geschrieben :)
Was sagst du zur Tauglichkeit für Männer ?
FlankerFlanker vor 6 Jahren
Sehr schön beschrieben...Ein typischer Ellena wie ich finde. Ich mag den ebenfalls gern.
Can777Can777 vor 6 Jahren
Das hast Du wirklich wundervoll beschrieben!
SeeroseSeerose vor 6 Jahren
Ein Ellena-Duft interessiert mich immer. Minimalistisch-unergründlich. Das Lied, ich höre sofort die Melodie, ist für mich ein Sommernachtslied..."es rauschten leis' die Wälder...die Ähren wogten (als Arpeggio) sacht...und meine Seele spannte...so eingängig bekannt und scheinbar einfach, ist es als Lied genau deshalb unergründlichen Auf- und Fallwinde. Ich mag das nur im Sommer singen.
PollitaPollita vor 6 Jahren
So hätt ich den gern auch wahrgenommen. Leider konnten wir nicht so gut miteinander.