Atanarjuat
26.04.2024 - 11:51 Uhr
3
8
Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft

Der brasilianische Debussy!

Als Claude Debussy an Konservatorium der Musik in Paris ging, war ein Rebell. Noch dazu ein junger, unerfahrener.
Als Komponist begann er frühzeitig, auf vergangenheitsbewährte Harmonielehretechniken zu verzichten („Outrageous!!“ oder vielmehr „Scandaleux!!“, werden wohl seine Professoren ausgerufen haben…), um seinen eigenen Stil aus Pentatonik, neuartigen Klangfarben und Ganztonskalen durchzubringen. Fremdartig-sphärische Klänge waren Fundament des nonkonformen Debussys, bis heute gleichredend der Musiker des Impressionismus´ schlechthin.

Impressionistische Züge besitzt Outrageous für mich zweifellos. Alle hier verorteten Statements, die ihm Bügeleisen-Apfelmoschus vorwerfen – oder ihn gerade deshalb hochleben lassen – haben die Kopfnoten des Duftes sehr wohl entschlüsselt. Ähnlich wie Debussys Kompositionen jedoch, warten auch gegen Herz und Basis noch verschlüsselte, verzwackte Harmonien - bar jedweder klassisch-romantischen Struktur - auf uns Rezensenten. Flirrende Tremolo-Flächen, Morgennebel-Legati, Sonnenstrahlentöne. Vielfältige Klangfarben! Vieles im Pianissimo. Zurückhaltend. Aber mit Seele.

Es sind jetzt vom Start weg nicht gerade monet´sche Sonnenaufgänge – die kommen eher später - vielmehr bietet Outrageous überraschend brasilianische Caipirinha-Anleihen: wenn auch hier nicht gelistet, wären das vor allem Limette und Minze. Der brasilianische Debussy! Der Apfel jedoch bleibt federführend. Dazu kommen die häufig obligatorischen Frischenoten Bergamotte, Mandarine. Aldehyd-Moschus umrundet das Herz, weht im Wind des Sonnenaufgangs. Doch wieder Monet? Der Frische-Wäsche-Monet! Dur-Akkordpinselstriche bis in den Himmel - in hellem Grünblau.
Es heißt, Frederic Malle und Sophia Grojsman hätten sich für ihr gemeinsames Projekt tatsächlich in einer brasilianischen Bar getroffen. Die Eindrücke dieses Treffens gebar die Idee just zu diesem hier vorgestellten Duft. Und einer der beiden soll tatsächlich einen Caipirinha getrunken haben….

Das brasilianische Bild verlassend, überrascht am Ende eine sich lange versteckende Zeder. Als sei sie ein Geheimnis im Gesamtbild. Eines, das man als Motiv immer nur ganz leise und ganz kurz sieht, hört, riecht. Eine Einsamkeitsquinte. Mitten im bunten Lichte, das uns die ganze Zeit über angestrahlt hat…
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