HerrNilson
16.02.2014 - 06:37 Uhr
15
Top Rezension
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft

Voll auf die 12

Dezember - ein weiterer Duft aus der kormannschen Monatsserie. Und eins vorweg: mir erscheint dieser Duft ähnlich facettenreich wie der namensgebende 12te Monat.
Im Mittelpunkt steht – laut Erik Kormann – ein CO2-Extrakt des rosa Pfeffers
(Schinus terebinthifolius, auch Weihnachtsbeere: Knick Knack ;-) ).
Nach dem Aufsprühen läutet jene rote Beere sogleich eine ätherische, würzige und dezent fruchtige Note ein – zunächst mit einem scharfen Anklang.
Wahrscheinlich mit dem Ziel der aufsteigenden ätherischen Note noch etwas zusätzliche Säure zu verleihen, wurde gekonnt etwas Limette in die Kopfnote eingefügt. Deren zitrische Note wird von meiner Nase jedoch nur kurzzeitig differenzierbar wahrgenommen, mengt sich dann sogleich in die Kopfnote ein. Sie ist kühl wie ein windiger Wintermorgen, den die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne noch nicht erwärmen können. Dennoch: der bewölkte, graue Winterhimmel über mir wird zumindest durch die Sonnenstrahlen durchbrochen und die daraus resultierende typische Atmosphäre kommt mir sehr bekannt vor.
Der Dezember hat begonnen.
Nach kurzer Zeit gesellt sich würziger Kardamom zur roten Beere hinzu. Ein warmer und aromatischer Hauch, der den roten Pfeffer voll in Szene setzt. Es scheint als nehme der aromatische, elegant farbenfrohe Kardamom den scharfen, überbordenden rosa Pfeffer an die Hand. Beide wirken zunächst weiter ätherisch scharf, doch schlagen bald zusammen den Weg in eine mildere, würzigere Richtung ein.
Nach etwa einer halben Stunde hat das vorfreudige Warten auf das – zuvor im aromatischen Blog in Aussicht gestellte – blumige Herz des Duftes ein Ende:
„Es ist ein Ros entsprungen“.
Zunächst nur hintergründig: eine schüchterne, kleine, feine Rose, die sich noch hinter der Kardamom-Pfeffer-Einheit versteckt, aber trotzdem schon jetzt keinen Zweifel daran zulässt, dass sie bald als vollwertiges Mitglied des Kormannschen’ Dezembers mitwirken zu gedenkt. Es ähnelt ein bisschen dem Öffnen des Adventskalenders: mit jedem Türchen, das geöffnet wird, wächst die zarte Rose heran. Vorfreude und Spannung wachsen mit. Bald ist eindeutig klar: hinter dem 24igsten Türchen wird eine alt-ehrwürdige, respekteinflößende, rot-bemantelte Rose stehen.
Das vorfreudige Warten auf das finale Aufblühen des Weihnachtsmannes – äh... der Rose – wird durch einen schokoladig-warmen Hauch eines cremigen Patschouli-Perubalsamöl-Moschus-Komplexes versüßt.
Und auf einmal geht alles ganz schnell:
Es klopft laut an der Tür. Eine ausgewachsene Rose. „Ho, Ho, Ho“.
Die Rute hat die Rose für mich – jedenfalls dieses Mal – nicht dabei. All zuviel Schokolade aber auch nicht. Ich bin aber nicht enttäuscht.
Der süße, cremig schokoladige Aspekt der Basisnote hätte noch etwas dominanter eingestellt werden können, ginge es einzig und alleine nur um das Thema Weihnachten. Ich interpretiere diesen Duft aber so, dass es um den gesamten Dezember geht (kalte Vorweihnachtszeit, vorfreudiges Warten und reges Treiben in den Gassen, warme und behütete Weihnachten, zufriedene Weihnachtsfeiertage und knallender Jahreswechsel).
Daher ist es – meines Erachtens – genau richtig den Duft auf diese Weise zu komponieren. Lange Rede, kurzer Sinn: der Dezember ist noch nicht vorbei!
Süße Wärme.
Es wird perfekt in die Basis übergeleitet. Es scheint, als besänftige das warme, vanillige Perubalsamöl und der fette, behäbige „Festtags-Moschus“ die Rose. Nach dem zuvor geschilderten Spannungsbogen eine willkommene Abwechslung, um der Seele zu gestatten ihre Beine etwas baumeln zu lassen. Ich nehme mir jetzt einfach etwas Zeit und lasse die Gedanken kreisen.
Bedächtige Ruhe.
Im Drydown entfalten Moschus, Rose und Kardamom vor meinem geistigen Auge eine dunkelgrüne Fläche, auf der – zwischendrin immer wieder kurz – Reste des rosa Pfeffers aufblitzen. Ich werde sofort erinnert an das Perlen in Sektgläsern, Gelächter, hier und da Wunderkerzen und ein dunkler Himmel, der freudig erwartet bunt erleuchtet zu werden: Silvester.
Elemiiiiii – Ohhhh!
Gurjunbooom – Ahhhh!
Ein letztes Feuerwerk in diesem Dezember lässt es noch einmal kurz knallen: Voll auf die 12!

Der Duft wurde - meines Erachtens – zu Recht als unisex kategorisiert und ein Test lohnt sich allemal für jeden, der es aromatisch und würzig mag. Und noch etwas: Dezember wirkt mit seiner wunderbaren Ambra-Moschus-Basis besänftigend auf meine Frau (bekennende Moschus-Fetischistin), stimmt sie versöhnlich, selbst wenn ich ihr zuvor – nach einer Duft-Trebe – euphorisch sämtliche bedufteten Hautareale meines Armes unter die Nase gerieben habe. „Ja, ja Schatz, beruhige Dich – ist ja hoffentlich bald wieder Dezember“, raunt Sie mir dann zu.
Bedächtige Ruhe.
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