Sécrétions Magnifiques 2006

Aspasia0
01.03.2024 - 07:26 Uhr
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Morgens in der Bahn

Halb Acht morgens auf der Berliner Ringbahn. Berufsverkehr. 1,3 Millionen Menschen befördert die Berliner S-bahn jeden (Werk)tag und gefühlt quetscht sich die Hälfte davon morgens mit mir in die Ring (wenn sie denn fährt).
Da, eine 4er Sitzgruppe ist fast völlig frei, nur eine zusammengesunkene Person sitzt da. An dieser Stelle zeigt sich beim Einsteigen nun, wer ein wahrer Berliner ist und wer nicht. Touristen und frisch Zugezogene stürmen freudig zu den Plätzen, nur um 2 Minuten später mit entsetztem Blick und gerümpften Nasen zu fliehen. Echte Berliner sind schon längst über alle Berge, im nächsten Wagon, denn sie wissen es besser: Wenn mitten im Berufsverkehr ein 4er leer bleibt, dann hat das immer einen Grund.

Was hat das alles mit diesem Parfum zu tun? Nun es ist das olfaktorische Bild, dass mir zuerst in den Sinn kam, als ich Sécrétions Magnifiques gerochen habe: ein ungewaschener trauriger Mensch.
Es ist ein Geruch von elend und staatlichem Versagen. Man möchte Mitleid mit diesen Menschen haben, ich möchte mich an dieser Stelle auf keinen Fall über sie lustig machen, doch der unrühmliche Fakt ist: man hält es keine 2 Minuten neben ihnen aus.

Es ist dieses säuerliche, ein bisschen wie vergorene Milch, gemischt mit Schweiß, was dieses Parfum ausmacht und diese Assoziationen weckt.

Mir ist schon klar, dieses Parfum ist ein Konzept, kein Duft, aber mit dem, was laut Marketingtext hier eingefangen werden soll, nämlich ein Orgasmus, hat das für mich mal so rein gar nichts zu tun, und wenn Höhepunkte bei mir oder meinen Partner so eine Duftwolke hinterlassen würden, wäre ich freiwillig für den Rest meines Lebens zö­li­ba­tär.
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