Astor Geo. F. Trumper 1880 Cologne
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Top Rezension
Auf den Hals, nicht auf die Hand
Es gibt Parfums, die einen unter klassischen "Testbedingungen" (Handrücken, Handgelenk) irgendwie überfordern oder gar befremden. Das rund 140 Lenze zählende "Astor" aus dem englischen Traditionshaus Trumper gehört für mich in diese Kategorie. Als (so denkt man ja) bewusst simples, aus wenigen Elementen komponiertes Eau de Cologne angelsächsischer Couleur konzipiert, folgerte der Rezensent für sich: "Aha, na dann mal ran mit dem Rüssel, solange was zu riechen ist." Aber falsch gedacht: Die kölnisch aufgefrischte Kümmelnote kommt auf kurze Distanz so ausdauernd und stechend-strahlend daher, dass meine an intensiven Kümmel in Parfums kaum mehr gewöhnte Nase des 21. Jahrhunderts recht bald die Segel streichen musste. In etwa:
Nase an Hirn: "Riecht total interessant, aber ich kann nicht mehr!"
Hirn funkt zurück: "Okay, ich erzeuge Kopfschmerz, dann wird der Heini mit dem ungesunden Geschnüffel sicher bald aufhören."
Die Jasmin-Note im Herzen scheint den Kümmel eher zu stützen, als ihn abzulösen. Puh! Und das soll ich tragen? Zwei Wochen vergehen, das drei Jahrzehnte später lancierte "Eucris" wird getestet und für sehr gut (wenn auch ebenfalls schwer tragbar) befunden und beinahe war ich soweit, die Düfte aus diesem Hause für inkompatibel mit meinem Geruchsempfinden zu erklären. Mein verinnerlichtes Klischee eines "klassisch englischen Herrenduftes" deckte sich so gar nicht mit dem hier Dargebotenen. Dann jedoch habe ich es eines Morgens ungewohnt eilig, stehe ratlos vor dem Parfumregal. "Was soll's!" Drei, vier Sprüher aus dem Probenröhrchen (vielen Dank nochmal an den lieben Yatagan!) und ab durch's Treppenhaus.
Schon im Auto wurde mir klar, dass hier etwas nicht stimmt. Der Dufteindruck aus dem ersten Test war zwar immer noch präsent, die "Eigenprojektion" durchaus stark, aber keineswegs unangenehm und anstrengend wie noch beim Handrückentest. Der floral eingerahmte Kümmel wirkte im Gegenteil regelrecht erfrischend und belebend. Nur eben ganz anders, als es die klassischen Kölnisch Wasser-Formeln fast allgemeingültig vorgeben. Bis zum frühen Nachmittag wurde ich von immer neu emporsteigenden Astor-Wellen erfreut und fokussiert gehalten. Der Duft behält dabei im Wesentlichen seinen ungewöhnlichen Charakter, wird dabei aber zugleich sukzessive runder und weicher (wird das Amber sein, das sich als solches sonst nicht zeigen mag). Haltbarkeit und Sillage werden meiner Ansicht nach durch die entsprechenden Mittelwerte der Parfumo-Bewertungen bei weitem nicht adäquat abgebildet: Der hält durch!
Ein Duft, der die paar Zentimeter Luftlinie zur Nase durchaus braucht, um das zu tun, was er tun soll. Dann tut er es vorzüglich.
Nachtrag (gleicher Abend): Während beider Testläufe habe ich das aufgeführte Sandelholz nicht herausriechen können. Gerade eben, nach dem Duschen: Sandelholz in Reinform, wie man es nur von Sandelholz-Seife kennt. Als würde mich Astor zum Narren halten wollen!
Nase an Hirn: "Riecht total interessant, aber ich kann nicht mehr!"
Hirn funkt zurück: "Okay, ich erzeuge Kopfschmerz, dann wird der Heini mit dem ungesunden Geschnüffel sicher bald aufhören."
Die Jasmin-Note im Herzen scheint den Kümmel eher zu stützen, als ihn abzulösen. Puh! Und das soll ich tragen? Zwei Wochen vergehen, das drei Jahrzehnte später lancierte "Eucris" wird getestet und für sehr gut (wenn auch ebenfalls schwer tragbar) befunden und beinahe war ich soweit, die Düfte aus diesem Hause für inkompatibel mit meinem Geruchsempfinden zu erklären. Mein verinnerlichtes Klischee eines "klassisch englischen Herrenduftes" deckte sich so gar nicht mit dem hier Dargebotenen. Dann jedoch habe ich es eines Morgens ungewohnt eilig, stehe ratlos vor dem Parfumregal. "Was soll's!" Drei, vier Sprüher aus dem Probenröhrchen (vielen Dank nochmal an den lieben Yatagan!) und ab durch's Treppenhaus.
Schon im Auto wurde mir klar, dass hier etwas nicht stimmt. Der Dufteindruck aus dem ersten Test war zwar immer noch präsent, die "Eigenprojektion" durchaus stark, aber keineswegs unangenehm und anstrengend wie noch beim Handrückentest. Der floral eingerahmte Kümmel wirkte im Gegenteil regelrecht erfrischend und belebend. Nur eben ganz anders, als es die klassischen Kölnisch Wasser-Formeln fast allgemeingültig vorgeben. Bis zum frühen Nachmittag wurde ich von immer neu emporsteigenden Astor-Wellen erfreut und fokussiert gehalten. Der Duft behält dabei im Wesentlichen seinen ungewöhnlichen Charakter, wird dabei aber zugleich sukzessive runder und weicher (wird das Amber sein, das sich als solches sonst nicht zeigen mag). Haltbarkeit und Sillage werden meiner Ansicht nach durch die entsprechenden Mittelwerte der Parfumo-Bewertungen bei weitem nicht adäquat abgebildet: Der hält durch!
Ein Duft, der die paar Zentimeter Luftlinie zur Nase durchaus braucht, um das zu tun, was er tun soll. Dann tut er es vorzüglich.
Nachtrag (gleicher Abend): Während beider Testläufe habe ich das aufgeführte Sandelholz nicht herausriechen können. Gerade eben, nach dem Duschen: Sandelholz in Reinform, wie man es nur von Sandelholz-Seife kennt. Als würde mich Astor zum Narren halten wollen!
5 Antworten
NotAmused vor 7 Jahren
Sehr schöner und treffender Kommentar. Ich werde kurzfristig hierzu auch ein paar Worte finden. Bisschen Werbung machen, gell? Nochmal zu Eucris, den ich momentan fast täglich trage: der kommt am Hals auch deutlich runder als an der Hand.
Yatagan vor 7 Jahren
Tja, der hat einiges an Überraschungen zu bieten und ist formidabel!
Fittleworth vor 7 Jahren
Sehr schöner Kommentar! Muß meine Haltung zu Astor also noch einmal überdenken ...
FvSpee vor 7 Jahren
Ha! Sandelholz beim Duschen freigelegt! Ein interessanter Kommentar, der möglicherweise erklärt, warum ich dem beim (wahrscheinlich Handgelenk-) Testen zwar 8 Punkte, aber keine bleibende Erinnerung und vor allem nicht die Idee, ich könnte sowas tragen, abgewinnen konnte.
Profumorist vor 7 Jahren
Schöner Kommentar zu einem feinen und stilvollen Parfum. Kleiner Tipp: Teste mal den Quorum von Puig.

