Emporio Armani...lei/elle/she/ella/女... 1998

Aromantica
11.11.2017 - 17:21 Uhr
8
7
Flakon
9
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft

(B)elle.

Sie beginnt mit kalabresischem Charisma. Leuchtende, strahlende Zitrusakkorde, nicht scharf, fast mandarinenartig, bilden den Auftakt eines Meisterwerks. Ein Strahlen in ihren Augen. Irisblau. Ein Hauch von Zimt schwebt über der temperierten Lobby. Der Duft frisch geduschter Haut. Sonnencreme. Die Tür nach draußen öffnet sich, der Sommerwind trägt das Aroma von Thymian aus dem Garten an ihren Tisch. Am Nebentisch steht eine Schale mit Obst. Sie nimmt sich eine Birne und geht zurück zu ihrem Notebook. Das Staccato ihrer Absätze erfüllt den weitläufigen, lichtdurchfluteten Saal. Dieses Leben, ihr Leben, es ist so wunderbar. Auf dem Tisch stehen frische Blumen. Weiße, duftende Blumen, gerade aufgeblüht. Ihr Blick fällt auf den schwarzen Docht der Kerze, die daneben steht. Der Raum hatte so feierlich ausgesehen am vergangenen Abend. Im Spiegel an der Decke sieht sie eine junge Dame, einen Notebook, ein Smartphone, gepflegte, sorgfältig manikürte Hände, emsig tippende Finger, eine Tasse Jasmintee. Der durchscheinende Stoff ihrer Bluse erinnert an die aufgehende Sonne, ihr dunkles, fließendes Haar verdeckt fast die kleinen, funkelnden Steine an ihren Ohrläppchen und an der silbernen Kette um ihren Hals. Sie wirkt gelassen, in sich ruhend. Noch einmal öffnet sich die Tür nach draußen. Sie hebt den Blick. Eine Gruppe, Frauen, Männer, ungefähr ein Dutzend. Sie kennt sie nicht. Respektvolles Kopfnicken in ihre Richtung. Sie lächelt ihnen zu. Einer der Neuankömmlinge bekommt einen Anruf. Eine Zornesfalte auf seiner Stirn. Er schreit in sein Telefon, in einer Sprache, die sie nicht versteht. Sie sucht seinen Blick. Freundlich. Versöhnlich. Die Falte auf seiner Stirn verschwindet. Etwas ruhiger beendet er sein Gespräch. Sie widmet sich wieder ihrem Notebook. Ihr Smartphone vibriert. Zweimal lang. Das Display leuchtet auf. Ein Augenpaar leuchtet ihr entgegen. Dunkler Bernstein. Sie lächelt und schaut noch einmal zum Spiegel. Nie zuvor war sie so glücklich. Ihr Lächeln. Ein Strahlen, das den ganzen, großen Raum zu erfüllen scheint. Ein Duft. Vanille. Kekse. Vermutlich aus der Küche. Eine Seite nach der anderen füllt sie mit ihren Gedanken, ihren Ideen. Noch einmal vibriert das Smartphone. Nur einmal. Eine Nachricht, den Absender kennt sie aus der Arbeit. "Hey, hast du heute Abend Zeit für mich? Ich würde dich so gerne näher kennen lernen. Es gibt ein schönes Restaurant in meiner Nähe." Sie hebt die Augenbrauen und sendet eine kurze Antwort. "Ich habe bereits jemanden gefunden, für den ich jeden anderen verlassen würde. Es tut mir leid." Der Duft aus der Küche ist stärker geworden. Kirschkuchen. Früher hat sie viel Zeit in der Küche verbracht. Noch immer liebt sie es, erst auf dem Markt zu überlegen, was sie gerne zum Abendessen hätte, und danach den ganzen Abend am Herd zu stehen und sich an Aromen, Gewürzen und guter Musik zu erfreuen, mitzusingen, zu tanzen. Nur kommt sie immer seltener dazu. Wieder öffnet sich die Tür. Wieder eine Gruppe Neuankömmlinge. Ein Herr mittleren Alters in einem maßgeschneiderten Anzug, ein jüngerer im hellblauen Hemd, eine Dame im roten Kostüm. Ob sie wohl nett sind? Rot. Ihre Lieblingsfarbe, seit sie denken kann. Erinnerungen an eine ganz andere Zeit. Sie lächelt. Noch einmal schaut sie nach oben. Welches Journal war es, in dem sie gelesen hat, dass man rote Unterwäsche unter heller Kleidung nicht sehen würde? Auch dieses kleine stilistische Malheur lässt sie unter ihren Haaren verschwinden. Ein Grinsen umspielt ihre Mundwinkel. Rot. Ein bisschen Aberglaube muss sein. Wieder vibriert das Handy. Zweimal. Sie würde für ihn durch die Hölle gehen und das nicht nur einmal, das ist sicher. Zeit, den Posteingang zu auf Nachrichten zu überprüfen. Natürlich ist er voll, aber das macht nichts. Kein Problem ohne Lösung. Auf dem Tisch steht die fünfte Tasse Jasmintee neben einem Gruß aus der Küche, der den Duft von warmer Vanille verströmt. Noch einmal setzt sie sich aufrecht hin, um die letzten Themen für diesen Tag zu bearbeiten. Ein letzter Punkt, dann nimmt sie den Notebook und geht hinaus. Es ist früher Abend. Der Boden unter ihren Füßen ist noch warm. Aus den Fenstern kommt der Duft verschiedener Duschzusätze, der sich mit den Aromen aus der Küche mischen. Aus ihrer Tasche dringt der Vibrationsalarm des Smartphones, zweimal. Höchste Zeit, die Business Lady abzulegen. Sie lächelt und läuft. Ihr Leben - sie liebt es.
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