Gentleman Givenchy 2018 Eau de Parfum

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23.03.2019 - 09:46 Uhr
8
Hilfreiche Rezension
7
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

Dunkle französische Eleganz mit Internatsausbildung

Nachdem ich mich nun lange mit Probe und Teststreifen begnügen musste, ist er nun endlich da! Der Duft, den von mir geschätzte Rezensenten als eine der besten Erscheinungen des letzten Jahres bezeichnet haben! Er kam heute morgen im Paket verspätet endlich auch bei mir an! Ich feiere es!

Vor einiger Zeit machte ich mich auf die Suche nach einem Parfüm für die gediegeneren Anlässe. Als mir dann Gentleman Givenchy zum ersten Mal unter die Nase kam, war der erste Gedanke: „Gefunden!“ ; der zweite: „So möchte ich an Weihnachten riechen!“ Nicht falsch verstehen, der hat nix mit Zimt oder Lebkuchen zu tun! Ich finde ihn nur irgendwie „feierlich“! Warm, elegant und feierlich! Deswegen der spontane Gedanke an Weihnachten!
Er ist sicher vielseitiger, aber ich möchte ihn mir – feierlich – für besondere Momente aufsparen. Für Hochzeiten und wenn man mit lieben Menschen richtig chic Essen geht. Im profanen Alltag werde ich ihn kühl, dunkel und geschützt in der Kommode belassen und mich nur manchmal freudig daran erinnern, dass es ihn gibt!

Es ist sicher kein Zufall, dass GG spontan mein Gefallen gefunden hat, denn Nathalie Lorson (EN-Reihe, Bentley Intense, u. a.) gehört definitiv zu meinem Lieblingsparfümeuren!
Es gilt auch hier, was wohl für viele ihrer Männerparfüms gilt: Sie geht zum Parfümmachen in den Keller! Und in diesem Keller wird nicht gelacht! Just-fun-Düfte sind jedenfalls irgendwie anders!
Am Ende der Entwicklung stehen dann etwas ernstere, etwas dunklere und in jedem Fall äußerst geradlinige Düfte! Larifari ist nicht ihr Ding! Eine oder - wie im Fall von GG - einige wenige Duftnote(n) werden genommen, ins Zentrum gestellt und eigenwillig interpretiert. Alles sehr – neudeutsch - straight! (Siehe auch Encre Noir!)

Givenchy hat wohl erst sehr spät den von DHI, VUI und Prada gesetzten Trend erkannt und ist in gewisser Weise ein Nachzügler! GG steht also keineswegs allein auf weiter Flur! Vielmehr tief im Iriswald! Dank Nathalie Lorson jedoch in einer recht schattigen Ecke, die zur Melancholie einlädt!
Für mich hat der Duft dadurch doch Eigenständigkeit und auch einen Wiedererkennungswert! Ich empfinde ihn als weniger süß und weniger aufdringlich als seine Kontrahenten. Er gefällt, ohne zwanghaft gefallen zu wollen! Auch an anderer Stelle kann man - dankenswerter Weise - lesen, dass er nicht unbedingt Mainstream ist!

Damit wären wir auch beim Duft:
Neben nach und nach aufsteigendem „Vanillig-Cremigen“ bildet pfeffrige Würze den Auftakt und bleibt im gesamten Duftverlauf dezent wahrnehmbar. Keinesfalls besteht Niesgefahr! Der Pfeffer ist noch stärker runtergeregelt als beim auch schon gemäßigten Prada L’Homme (Auch nur allenfalls entfernte Verwandtschaft!). Lavendel liefert ein bisschen männliche Frische ohne erkennbare Akzente zu setzen! Mit Tolubalsam kenne ich mich nicht aus, es liefert wohl einen Teil der balsamische Süße des Duftes.
Zentrale Herznote bildet – oh Überraschung - die Schwertlilie = Iris. Ich finde sie wesentlich dezenter als bei Dior Homme Intense bzw. nehme ich bei Dior irgendeinen „Störfaktor“ wahr, den ich nicht genauer benennen kann; eine Nuance in der Irisnote, die mir nicht gefällt. Hier ist jedoch alles sehr schmeichelnd!
Den lang anhaltenden Drydown von GG dominiert die Vanille, begleitet von Patchouli. Die Vanille wurde hier – wohl aus Marketinggründen – „schwarz“ genannt! (Ist nicht jede fermentierte Vanilleschote schwarz?) Ganz abwegig ist der Name aber dennoch nicht. Denn auf mir unbekannten Wegen hat man es geschafft, die tendenziell eher als „feminin“ begriffene Note ins Maskuline zu wenden! Ich kann es nicht erklären: Ganz ganz weit im Hintergrund riecht es leicht nach verrauchter Lederjacke. Vielleicht ist es das!

Die Sillage entspricht einem Gentleman! Ein Gentleman spricht laut und deutlich, mit Bestimmtheit, aber niemals unangenehm auffallend! Ich finde das nur zeitgemäß! Man sollte niemanden zwingen, vor die „Wand“ des eigenen Duftes zu laufen! Das ist schlicht unhöflich!
Die relativ lange Haltbarkeit habe ich schon in einem Statement besungen! Es ist auch im mittleren Preissegment nicht mehr wie richtig, dass, wenn man einen bestimmten Betrag Geldes bezahlt hat, auch eine gewisse Qualität erhält. Ich erwarte das von einem N.Lorson-Duft! Im Grunde erwarte ich es auch von einem Givenchy-Duft.

Zusammenfassend:
Gentleman Givenchy ist ein eleganter, leicht melancholischer, französischer Bourgeois! Er wurde mutmaßlich in einem erstklassigen britischen Internat zu Ausdauer erzogen und mit Manieren ausgestattet. Er ist deswegen nicht zu einem zwanghaften, südländischen Verführer, sondern zu einem wahren Gentleman geworden!
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