Vanderbilt 1982 Eau de Toilette

EdithLyri
25.10.2021 - 03:37 Uhr
25
Top Rezension
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Destilliertes Morgenlicht

Damit hab ich nicht gerechnet... Ich muss zugeben, ich mag ihn tatsächlich. Trotz Tuberose, trotz 80er. Er enthält Zutaten, die ich hasse: die bereits erwähnte Tuberose, Zibet und Opoponax. Beim Lesen der Duftpyramide macht sich in mir eher das Gefühl breit "da passt doch nix vorn und hinten zusammen!"
In Vanderbilt erkenne ich eine Fortführung der Aldehyd-Düfte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, diese ätherische "Seifigkeit". Da muss ich spontan an die ganzen Duschgeldüfte denken, die es heutzutage so gibt, vor allem im Männerbereich. Ist das vielleicht, wie die aldehydigen Düfte früher wahrgenommen wurden? Sportlich, sauber, zurechtgemacht? Effektiv tragen wir heute immer noch die Note "Ich hab mich gerade gewaschen und rieche noch nach der Waschsubstanz", nur ein bisschen anders, so wie sich auch die Waschvorlieben geändert haben.
Vanderbilt ist nicht mehr so schnurrig, so schmusig wie die Aldehyd-Düfte davor (die ich kennen gelernt habe), sondern hat einen viel herberen Aufbau. Die Seife ist jetzt reinweiß, sie waschpulvert leicht, aber nur ein bisschen, denn darüber scheinen jetzt weiße Blumen mit einer Helligkeit, die auffällt.
Oh, du Tuberose, was kannst du einen in deinen Bann ziehen, gleich, ob man dich mag oder nicht.
Ich habe einen 80s-Orientkracher erwartet, der knarzt und schrill umherschreit, doch das ist Vanderbilt nicht.
Irgendwie ist er sehr filigran - wie ein Buntglasfenster, durch das sich das Licht in Regenbogenfarben aufspaltet. Es ist ein warmes Licht, ein Morgenlicht, das pudrige Ylang-Aromen mit hereinweht, die sanft von Vanille, Zimt und Sandel getragen werden.
Ja, Morgenlicht. So wirkt der Duft auf mich. In einen Duft destilliertes Morgenlicht. Ein gelber Duft, der den neuen Tag willkommen heißt.
Der Duft einer selbstbewussten Frau, die nicht nur "Frau von X" ist und das niemals sein wird. Die Tuberose ist eine klare Ansage! Gleichzeitig hat die Trägerin von Vanderbilt eine sinnliche Seite - sie ist keine Powerfrau, die sich nur noch erlaubt, Hosenanzüge zu tragen, um mächtig & männlich zu wirken. Nein, nein, sie ist in Touch mit ihrer Weiblichkeit und hat keine Angst, sie selbst zu sein. Sie ist in Balance, und daraus zieht sie ihre Kraft.
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