Cabochard 1959 Parfum

Version von 1959
Millefiori
08.10.2012 - 16:27 Uhr
16
Top Rezension
5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft

Krautige Gedanken

Cabochard bekam ich zu meinem 19. Geburtstag von meinem Vater geschenkt.
Ob er mir damit etwas sagen wollte? Als Jüngste von vier Geschwistern war ich nicht gerade die Rebellische, eher lief ich "so nebenbei mit". Vielleicht wollte er, dass ich mehr aus mir heraus komme, Kante zeige?
In dieser Zeit endete ein Lebensabschnitt: nie wieder Schule! Kein Chemielehrer, der verlangte, dass man "Desoxyribonukleinsäure" nicht nur fehlerfrei aussprechen, sondern auch noch genauestens erklären konnte. Ganz zu schweigen von Mathe: zwei Stunden an einer Gleichung herumrechnen, um am Ende ein völlig unspektakuläres x=1 herauszubekommen!
Dieses unvergleichlich prickelnde Gefühl von Aufbruch, Abenteuer, Neuanfang, Unbekanntem!
Ein Umzug in eine andere Stadt, die erste eigene "Bude", endlich konnte ich die Dinge lernen, die mich richtig interessierten.
Cabochard durfte mit. Er sollte mich begleiten, mir Mut machen, den Rücken stärken.
Der zitrisch-herbfrische Auftakt macht sofort hellwach, vermittelt ein Gefühl von: was der Tag auch bringen mag, ich schaffe das!
Allein! möchte man hinzufügen, denn die nun folgende Herznote mit absolut
un-süßen
un-gefälligen
un-weichen
un-lieblichen
un-schmeichelnden
Blütenaromen kommt so wunderbar kantig und krautig daher, dass diese selbstbewusste Querkopf - Ausstrahlung an Teamarbeit fast nicht denken lässt.
Ich erinnere mich an ein abendliches Essen im Rose d'Or mit einem Studienkollegen, sehr anregend, spannend, lustig - nur, als er mir beim Hinausgehen in den Mantel helfen wollte (!), rief ich empört und aus tiefster Überzeugung "Das kann ich auch allein!" (Wir haben trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb?? - einige Jahre später geheiratet :))

Der herbwürzige Übergang zur Basis wird von einer erdig-waldigen Note begleitet, das riecht wie Laubwald im Herbst, nachdem es geregnet hat. Mit derben Lederschuhen an den Füßen, und irgendwer raucht eine Selbstgedrehte.

All dies kommt mir in den Sinn während einer Fahrt nach Aachen, in eben jene Stadt des Aufbruchs.
Cabochard musste mit.
Und überdauert die Fahrt um Längen! Die Haltbarkeit lässt keine Wünsche offen, zehn Stunden und mehr sind locker drin! Ich genieße es! In vollen Zügen!

Und wenn mir jemand in den Mantel hilft? Auch das genieße ich mittlerweile!
(Es handelt sich hier um die Vintage-Version aus den Siebzigern.)
9 Antworten