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Die Dosis macht's: "Mein" Vetiverduft
Um an Profumo anzuknüpfen: "Vetiver-Skeptikerin" bin ich nicht, im Gegenteil; das Aroma des exotischen Grases mag ich sehr. Wenn ich ihm in Damenparfums begegne, denke ich oft bedauernd: Warum sind die Duftmacher bloß nicht großzügiger damit umgegangen?
Meine Versuche mit ausgeprägten Vetiverdüften waren aber sämtlich Fehlschläge. Von Guerlains Klassiker "Vetiver" über "Vetiver Extrème", Lubins "Vetiver – Itasca", Malles "Vetiver Extraordinaire" bis hin zu Chanels "Sycomore" (was habe ich vergessen?): Ich habe einiges gefunden, was ich sehr gern an (m)einem Mann rieche. Nur leider nichts für mich. (Mit "Sycomore" habe ich einen Kampf der dritten Art ausgefochten. Da als Damenduft ausgeflaggt, durfte er ohne Papier-Umweg auf den Arm – ein Fehler: Nach drei Stunden wehte es mir zwar grandios, jedoch erschröcklich muskulös entgegen, der Duft nervte, sollte von der Haut. Trotz Wasser, Seife, Bürste, Creme, Öl und sogar Bimsstein (!) habe ich den Fight verloren, ich hatte das kerlige Zeug bis zum nächsten Mittag (!!) am Leibe ;-))….)
Dann lernte ich "Vetyverio" von Diptyque kennen. Frauentauglich, keine Frage. Aber Eigenheiten des Duftgrases, die ich schätze, sind dort stark heruntergedimmt. Da ist nichts Erdiges, Eckiges, Kratzbürstiges, nur helles, frisches, freundliches Grün – das hat Charme, kommt für mich aber zu nett, zu glattgebügelt, zu eindimensional daher. "Mein" Vetiver ist es nicht.
Das ist "Vetiver pour Elle" geworden: dunkler, sperriger, komplexer.
Zunächst war da ein Pröbchen, nebenbei mitbestellt bei einem US-Decanter. Ohne große Erwartungen, schließlich hatte ich hier was von "Vetiver für Weicheier" ;-) gelesen. Der Inhalt der Phiole überraschte mich. Noch’n Test, noch einer: ja!!!
Beim Besuch in der Pariser Maison Guerlain kam ein Sprüher aufs Handgelenk. Durch den Laden streifen, anderes beriechen, gucken, ab und zu die Nase an den Arm halten – nach einer halben Stunde war ich reif für den Flakon. Denkste, ausverkauft, es gab nur noch Literflaschen. Nö. Doch beim Stadtbummel wurde der Duft auf dem Arm immer schöner, unwiderstehlich: Anderthalb Stunden später stand ich ein zweites Mal im Geschäft an den Champs Elysées und reservierte die Riesenbuddel ;-)…
Dass der Duft Vetiver im Namen trägt, scheint mir gerechtfertigt: Das Gras ist von Anfang bis Ende dabei. Zum Start legt es der Bergamotte-Frische Zügel an, dunkelt den Duft ab, gibt ihm angenehme Kanten. Und eine eigenwillige Rauheit. Nichts Kompakt-Kratziges, kein derbes Sackleinen, eher frisch aufgebürstes Mohairgestrick: ein bisschen widerspenstig, aber fluffig-leicht. In der Kopfnote – fein verwebt, das Maiglöckchen drängelt sich zum Glück nicht vor! – tritt Vetiver höflich einen Schritt zurück, übernimmt die Begleiterrolle fürs unsüße Blumenbouquet, dessen Komposition akzentuierend und steigernd. In der Basis gesellen sich Zweige zum Gras, holzige Noten treten hinzu, der Duft wird immer würziger, wärmer, dunkler, tiefer. Wobei zwei Leitmotive den gesamten Duftverlauf prägen: herbes, widerborstiges Vetiveraroma und grazile Luftigkeit – Gegensätze, raffiniert vereint. (Dass Jean-Paul Guerlain lange gebraucht hat, um dieses Balance-Kunststück hinzukriegen, wundert mich nicht ;-)…)
Alles in allem wirkt der Duft recht hell und leicht; nein, ein Fall für Hardcore-Vetiver-Fans ist er nicht. Aber denen ist er ja auch nicht zugedacht. Sondern eher Vetiver-Sympathisanten, denen das Gras pur "too much" ist – die Dosis macht's. Kraft und Ausdauer bringt der Duft trotz seiner Luftigkeit mit, er hat ordentliche Ausstrahlung und hält ewig.
Warum Guerlain die Produktion eingestellt hat, verstehe, wer kann. Ebenso rätselhaft die Preispolitik des Hauses: Warum "Vetiver pour Elle" doppelt so teuer verkauft wird wie der Herren-Klassiker, erschließt sich mir nicht. (Solche Rätsel gibt es freilich auch jenseits der Parfum-Welt, man schaue sich nur mal bei Friseuren um: Oft müssen Frauen fürs Haareschneiden doppelt so viel berappen wie Männer.) Ob der Duft besser ist als das männliche Pendant, diese Frage stellt sich mir nicht – ich finde ihn einfach gut. Sehr gut. Übrigens auch für Männer.
Meine Versuche mit ausgeprägten Vetiverdüften waren aber sämtlich Fehlschläge. Von Guerlains Klassiker "Vetiver" über "Vetiver Extrème", Lubins "Vetiver – Itasca", Malles "Vetiver Extraordinaire" bis hin zu Chanels "Sycomore" (was habe ich vergessen?): Ich habe einiges gefunden, was ich sehr gern an (m)einem Mann rieche. Nur leider nichts für mich. (Mit "Sycomore" habe ich einen Kampf der dritten Art ausgefochten. Da als Damenduft ausgeflaggt, durfte er ohne Papier-Umweg auf den Arm – ein Fehler: Nach drei Stunden wehte es mir zwar grandios, jedoch erschröcklich muskulös entgegen, der Duft nervte, sollte von der Haut. Trotz Wasser, Seife, Bürste, Creme, Öl und sogar Bimsstein (!) habe ich den Fight verloren, ich hatte das kerlige Zeug bis zum nächsten Mittag (!!) am Leibe ;-))….)
Dann lernte ich "Vetyverio" von Diptyque kennen. Frauentauglich, keine Frage. Aber Eigenheiten des Duftgrases, die ich schätze, sind dort stark heruntergedimmt. Da ist nichts Erdiges, Eckiges, Kratzbürstiges, nur helles, frisches, freundliches Grün – das hat Charme, kommt für mich aber zu nett, zu glattgebügelt, zu eindimensional daher. "Mein" Vetiver ist es nicht.
Das ist "Vetiver pour Elle" geworden: dunkler, sperriger, komplexer.
Zunächst war da ein Pröbchen, nebenbei mitbestellt bei einem US-Decanter. Ohne große Erwartungen, schließlich hatte ich hier was von "Vetiver für Weicheier" ;-) gelesen. Der Inhalt der Phiole überraschte mich. Noch’n Test, noch einer: ja!!!
Beim Besuch in der Pariser Maison Guerlain kam ein Sprüher aufs Handgelenk. Durch den Laden streifen, anderes beriechen, gucken, ab und zu die Nase an den Arm halten – nach einer halben Stunde war ich reif für den Flakon. Denkste, ausverkauft, es gab nur noch Literflaschen. Nö. Doch beim Stadtbummel wurde der Duft auf dem Arm immer schöner, unwiderstehlich: Anderthalb Stunden später stand ich ein zweites Mal im Geschäft an den Champs Elysées und reservierte die Riesenbuddel ;-)…
Dass der Duft Vetiver im Namen trägt, scheint mir gerechtfertigt: Das Gras ist von Anfang bis Ende dabei. Zum Start legt es der Bergamotte-Frische Zügel an, dunkelt den Duft ab, gibt ihm angenehme Kanten. Und eine eigenwillige Rauheit. Nichts Kompakt-Kratziges, kein derbes Sackleinen, eher frisch aufgebürstes Mohairgestrick: ein bisschen widerspenstig, aber fluffig-leicht. In der Kopfnote – fein verwebt, das Maiglöckchen drängelt sich zum Glück nicht vor! – tritt Vetiver höflich einen Schritt zurück, übernimmt die Begleiterrolle fürs unsüße Blumenbouquet, dessen Komposition akzentuierend und steigernd. In der Basis gesellen sich Zweige zum Gras, holzige Noten treten hinzu, der Duft wird immer würziger, wärmer, dunkler, tiefer. Wobei zwei Leitmotive den gesamten Duftverlauf prägen: herbes, widerborstiges Vetiveraroma und grazile Luftigkeit – Gegensätze, raffiniert vereint. (Dass Jean-Paul Guerlain lange gebraucht hat, um dieses Balance-Kunststück hinzukriegen, wundert mich nicht ;-)…)
Alles in allem wirkt der Duft recht hell und leicht; nein, ein Fall für Hardcore-Vetiver-Fans ist er nicht. Aber denen ist er ja auch nicht zugedacht. Sondern eher Vetiver-Sympathisanten, denen das Gras pur "too much" ist – die Dosis macht's. Kraft und Ausdauer bringt der Duft trotz seiner Luftigkeit mit, er hat ordentliche Ausstrahlung und hält ewig.
Warum Guerlain die Produktion eingestellt hat, verstehe, wer kann. Ebenso rätselhaft die Preispolitik des Hauses: Warum "Vetiver pour Elle" doppelt so teuer verkauft wird wie der Herren-Klassiker, erschließt sich mir nicht. (Solche Rätsel gibt es freilich auch jenseits der Parfum-Welt, man schaue sich nur mal bei Friseuren um: Oft müssen Frauen fürs Haareschneiden doppelt so viel berappen wie Männer.) Ob der Duft besser ist als das männliche Pendant, diese Frage stellt sich mir nicht – ich finde ihn einfach gut. Sehr gut. Übrigens auch für Männer.
6 Antworten
So schön beschrieben, Pokal! Ich bin immer noch verliebt in diesen Duft und verwende ihn sehrsehr sparsam.
Danke für den Kommi und noch vielmehr Danke für´s Sharen