Habit Rouge Rouge Privé 2023

AndreasK
03.05.2023 - 12:15 Uhr
7
Wenig hilfreiche Rezension
4
Sillage
5.5
Duft

Wie ein Rosé

Vorneweg: Ich rieche wieder. Eine lange Phase der Geruchslosigkeit, das einzige, was ich seinerzeit von meiner Corona-Infektion bemerkte, ist vorbei. Ihr schloß sich eine fast genau so lange Zeit der Fehlwarnehmungen an. Moschus roch mir wie ein Abflussrohr. Aber jetzt ist es vorbei. Ich bilde mir sogar ein, Gerüche feiner differenziert wahrzunehmen als ich es von der Zeit zuvor in Erinnerung habe. Insofern: danke Corona!

Guerlain Habit Rouge riecht also wieder wieder wie anno dazumal. Um so mehr lässt mich das Privé ratlos zurück. Ich erkenne darin keinen Flanker, sondern einen eigenständigen leichten Sommerduft, etwas Angehauchtes. Habit Rouge EdT ist für mich ein schwerer, reicher, nachhaltiger Franzose: animalisch, lederig, pudrig, pikant, mit einem brüllenden zitrischen Auftakt. Ein Crescendo ist das, als ob das Ganze Orchester in die Vollen geht wie beim Auftakt des Gefangenenchors von Verdi.

Aber das Privé nun. Es ist so leicht, nur angedeutet, schwächer als das Orginal noch am Morgen danach. Wohl ist es pudrig-pikant, aber eine homöopathische Verdünnung davon, andeutungsweise herb. Ich habe ja den Verdacht, die Düfte werden zunehmend schwächer ausgelegt, weil die Chinesen solche Parfums lieben. Sie wollen nur eine leichte Andeutung, mehr nicht. Das Privé scheint mir ein weiterer solcher Fall der Anpassung an die Duftpräferenz des Reichs der Mitte zu sein.

Und es ist ein Unisex-Duft. Ich kann nichts spezifisch Männliches darin entdecken. Es passt zu beiden Geschlechtern sommers, tagsüber in leichter, weißer oder heller pastellfarbener Kleidung bei einer Fruchtsaft-Schorle auf der Terasse eines Tennis-Clubs.

In so fern passt auch die Namensgebung. Es verhält sich zum Original wie ein Rosé zu einem Rotwein.

Das sind die Assoziationen, die es bei mir herruft. Mehr nicht. Schade!
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