Fragrance Extrait de Parfum

Pawly
22.04.2024 - 08:00 Uhr
2
7
Preis
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

Eine Leinwand auf der Suche nach ihrem passenden Kunstwerk

Nach der Rezension und entsprechender Begeisterung zum Fragrance Öl folgt nun die einzig logische Konsequenz - eine Rezension zum Fragrance "Les Brumes", also sprühbaren Parfüm - eine deutlich weniger intensive, dafür konstruktivere Variante mit etwas mehr Praxiserfahrung und Hintergrundwissen. Statt vieler Adjektive und beeindruckender Zeilen, eine ruhigere Herangehensweise. Wer beides lesen möchte, dem empfehle ich meine Rezension zum "Henry Jacques - Fragrance (Pure Parfum)". Wir kommen am besten direkt zur Sache.. nach etwa 6 Zeilen Gerede. Also gar nicht mal so direkt.

Sonntagmorgen. Es gab Frühstück, der Tag ist regnerisch - was tun? Für Parks ist es noch zu kalt, es ist schliesslich April und du lebst in Deutschland. Oh, ist das mittlerweile sogar Schneeregen? Ich hoffe, morgen sind die Strassen nicht glatt und ich komme rechtzeitig zur Arbeit. Kino öde, Zuhause herumsitzen ebenso. Kunstgalerie - lange ist's her. Nun gut, wieso denn auch nicht? "Contemporary Art" steht drauf, von altbackenen Bauten keine Spur. Stattdessen alles glatt, weiss, kontrastlos. Komische Umgebung, total neu und ungewohnt, aber auch interessant. Die Kunst? Irgendwie verwirrend, überhaupt nicht greifbar. Merkwürdige, minimalistische Skulpturen, eigenartige Bilder, teilweise skurrile Formen. Videoausstellungen verstörend. Musik gibt es nicht, selbst der knarzende Holzboden aus altbackeneren Kunstausstellungen fehlt. Die einzig wahrnehmbaren Geräusche sind die der Ticketscanner in weiter Ferne, in Kombination mit den Schuhen der Besucher und dem Getuschel aus der Ecke - diskutieren diese Menschen über die Kunst oder über die Verwirrung? Wissen diese Leute, was sie sich hier anschauen oder laufen sie, so wie ich, bloss ziellos umher, in Hoffnung, hier etwas verstehen zu können? Nun gut - in den nächsten Raum. Huch, falsch abgebogen, komplett leer. Weisse Wände. Niemand ist hier. Leichter Geruch von Farbe, dazu komplett geräuschlos. Beruhigend aber auch beunruhigend. Eine Zeit lang verweile ich hier um die Eindrücke auf mich wirken zu lassen. Schritte kommen näher - haben sich noch mehr Menschen hierher verlaufen? Es ist lediglich ein Mitarbeiter, welcher mich darauf hinweist, dass meine Zeit in diesem Raum abgelaufen ist. Zehn Minuten pro Person sind das Maximum. Die nächste Person steht bereits wartend in der Schlange. Oh, nicht verlaufen, gewollt ist das hier. Genau so. Macht das die Erfahrung nun besser oder schlechter? Unsicher verlasse ich den Raum, die Galerie, und begebe mich zurück nach Hause. Die Reise war verwirrend, aber auch schön.

Fragrance - ein so merkwürdiger aber gleichzeitig so gefälliger Duft von Henry Jacques. Selbst der Name ist nicht aufschlussreich und ist so generisch wie er nur sein könnte. Selbst die Suche nach diesem Duft in der Suchmaschine des Vertrauens ist schwierig, da diese einfach nur alle Henry Jacques "Fragrances" ausspuckt und nicht genau diesen anzeigt. Die Noten? Verschmolzen. Angefangen mit vielen Aldehyden, ziehen sie sich bis zum Schluss hindurch und bleiben im Vordergrund. Dazwischen etwas florales. Vielleicht Gartennelke und Ylang-Ylang, vielleicht aber auch nicht, so genau lässt sich das gar nicht sagen. Die Iris scheint hindurch und bildet zusammen mit den Aldehyden eine tolle, etwas altbackene Komposition, die jedoch gleichzeitig total modern und alternativ wirkt. Eine wirklich interessante Mischung. Keine Süsse, keine Trockenheit, von nichts zu viel und dennoch stark und wahrnehmbar. Charakter ja, aber ein sehr eigener und kaum greifbarer. Spannende Sache.

Nach vielen Stunden ist hier Schluss. Sowohl auf Haut als auch auf Kleidung hält sich dieser Duft wahnsinnig gut. Die Sillage luftig, die Haltbarkeit beeindruckend. Für einen Tag in der Kunstgalerie sicherlich ausreichend. Während Henry Jacques normalerweise etwas altbackener und traditioneller unterwegs ist, bietet dieser Duft einen sehr interessanten und ungewöhnlichen Kontrast. Sicherlich einer der spannendsten aus dem Hause, welcher leider wahnsinnig schwierig zu testen ist, da es ihn nur exklusiv in Paris zu testen und kaufen gibt. Preislich schmerzhaft, besonders für Menschen die von ihrer Kunst leben, der Flakon ist schön anzusehen und die transparente Flüssigkeit passt überraschend gut zum Duft.

Ein tolles Kunstwerk, welches lediglich auf den richtigen Künstler zum Tragen wartet. Einzigartig, besonders, gleichzeitig gefällig. Süchtig machend. Komisch, aber nicht zu komisch. Absolut Signature worthy, aber nicht jeder ist worthy, um ihn als Signature zu tragen. Der Duft wählt sich seinen Träger aus. Hach, einfach toll. Als Brume ein kleines bisschen schöner als als Öl - dieser Duft lässt sich einfach super aufsprühen und auch die Haltbarkeit leidet hier kaum.
0 Antworten