Pawly

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Rezensionen
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1 - 5 von 57
Pawly vor 10 Tagen 2 1
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Gefrorener Wald bei Sonnenschein - Saunagang am Sonntagmorgen
Soudain L'Hiver von Henry Jacques - ein ganz besonderer Duft für mich. Nach einem Statement und einiger Zeit in meiner Sammlung muss jetzt auch eine Rezension zu diesem schönen Duft folgen. Dies ist mein aller erster Henry Jacques Flakon. Und nicht nur das, er ist auch der erste Duft, welchen ich jemals von Henry Jacques getestet habe. So viel zum Thema gute Empfehlungen von erfahrenen Verkäufern.

Aktuell haben wir April, und jetzt wo die kalte Polarluft so über ganz Europa zieht und es sogar in Berlin schneit, ist es offenbar der beste Zeitpunkt um diesen Duft nicht nur selbst zu geniessen, sondern auch mehr über ihn zu erfahren.
Waldig ist es hier. Aufgewacht im Zelt, irgendwo in Skandinavien. Draussen gefrorener Morgentau. Die Sonne scheint, die Luft ist kühl und trocken. Auf dem Kopf ist es durch die Sonnenstrahlen angenehm warm, unter Bäumen eiskalt. Der Frost am Morgen zieht sich durch den ganzen Wald, ein leichter Wind weht durch die Baumkronen. Nach dem Aufwachen geht es direkt in die Sauna. Der Duft von Zeder und Kiefer ist deutlich wahrnehmbar, der erste Aufguss ein Traum. Langsam wird es angenehm warm, der Frost vom Morgen gerät in Vergessenheit. Nach dem letzten Aufguss dann ab in den kalten See. Barfuss geht es durch den gefrorenen Morgentau, vorbei an Kiefern, der See leicht gefroren. Genug gefroren, das Morgenritual ist beendet - auf geht's an die Arbeit, die Hütte baut sich nicht von allein.

Soudain L'Hiver ist ein traumhaft grüner Duft, welcher eine wundervolle Entwicklung hinlegt, die nicht nur von Temperatur, sondern auch vom Umfeld abhängt. Beginnend mit einer wundervoll grünen, holzigen Note, wird er recht zügig leicht würzig durch den Rosmarin. Besonders Zeder und Rosmarin treten hier in den Vordergrund, doch auch Neroli und Jasmin sind ziemlich klar erkennbar und sorgen für einen abgerundeten Duft, sodass sich die Zeder nicht so trocken anfühlt wie es bei dieser Duftnote doch recht üblich ist. Leder und Moos erscheinen später zur Party und sorgen für einen interessanten Drydown, welcher sich durchaus sehen lässt. Spannend wird es auch bei besonders kalten Temperaturen: Hier treten die floralen Noten weit in den Hintergrund und bieten Platz für eine Art Frische. Sehr angenehm und schön. Grün bleibt es hier bis zum Schluss, Kiefer ist nahezu durchgehend wahrzunehmen, alle Noten verschmelzen ineinander und sind kaum voneinander zu unterscheiden. Nach etwa 6-8 Stunden ist hier jedoch Schluss, zumindest beim Extrait.

Soudain L'Hiver wird wohl immer einen Platz in meinem Herzen haben, nicht nur weil es der erste Duft der Marke für mich war, sondern auch weil es der erste war, den ich kennenlernen durfte. Er hat einen wirklich spannenden Charakter, macht sich gut als "rough gentleman", hat aber auch eine filigrane Seite und würde sich sicherlich genau so gut in einer Gala machen wie im Wald mit Axt und Holzfällerhemd. Bei Hitze kann er etwas dicht werden - wie der Name (Soudain L'Hiver - plötzlicher Winter) bereits sagt, sehe ich ihn eher im Winter, Frühling oder Herbst. Könnte etwas langanhaltender sein, aber durchaus in Ordnung. Starke Ähnlichkeiten zu No. 9 d'Igor & 1995 von Henry Jacques. Allesamt toll.

Wer gerade erst bei Henry Jacques einsteigt und sich zurecht findet, dem kann ich diesen Duft nur ans Herz legen. Nicht nur preislich befindet sich dieser in der unteren Liga der Marke, auch dufttechnisch ist dieser wirklich schön gemacht. Grün mag nicht jeder, hier ist jedoch so viel mehr als nur grün. Florale Noten spielen hier eine signifikante Rolle und das Leder rundet die Komposition schön im Drydown ab. Ein tolles Erlebnis und durchaus eher erschwinglich als so manch anderer Henry Jacques. Auch die Entwicklung ist hier sehr spannend. Herrlich.
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Pawly vor 14 Tagen 2
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Eine Leinwand auf der Suche nach ihrem passenden Kunstwerk
Nach der Rezension und entsprechender Begeisterung zum Fragrance Öl folgt nun die einzig logische Konsequenz - eine Rezension zum Fragrance "Les Brumes", also sprühbaren Parfüm - eine deutlich weniger intensive, dafür konstruktivere Variante mit etwas mehr Praxiserfahrung und Hintergrundwissen. Statt vieler Adjektive und beeindruckender Zeilen, eine ruhigere Herangehensweise. Wer beides lesen möchte, dem empfehle ich meine Rezension zum "Henry Jacques - Fragrance (Pure Parfum)". Wir kommen am besten direkt zur Sache.. nach etwa 6 Zeilen Gerede. Also gar nicht mal so direkt.

Sonntagmorgen. Es gab Frühstück, der Tag ist regnerisch - was tun? Für Parks ist es noch zu kalt, es ist schliesslich April und du lebst in Deutschland. Oh, ist das mittlerweile sogar Schneeregen? Ich hoffe, morgen sind die Strassen nicht glatt und ich komme rechtzeitig zur Arbeit. Kino öde, Zuhause herumsitzen ebenso. Kunstgalerie - lange ist's her. Nun gut, wieso denn auch nicht? "Contemporary Art" steht drauf, von altbackenen Bauten keine Spur. Stattdessen alles glatt, weiss, kontrastlos. Komische Umgebung, total neu und ungewohnt, aber auch interessant. Die Kunst? Irgendwie verwirrend, überhaupt nicht greifbar. Merkwürdige, minimalistische Skulpturen, eigenartige Bilder, teilweise skurrile Formen. Videoausstellungen verstörend. Musik gibt es nicht, selbst der knarzende Holzboden aus altbackeneren Kunstausstellungen fehlt. Die einzig wahrnehmbaren Geräusche sind die der Ticketscanner in weiter Ferne, in Kombination mit den Schuhen der Besucher und dem Getuschel aus der Ecke - diskutieren diese Menschen über die Kunst oder über die Verwirrung? Wissen diese Leute, was sie sich hier anschauen oder laufen sie, so wie ich, bloss ziellos umher, in Hoffnung, hier etwas verstehen zu können? Nun gut - in den nächsten Raum. Huch, falsch abgebogen, komplett leer. Weisse Wände. Niemand ist hier. Leichter Geruch von Farbe, dazu komplett geräuschlos. Beruhigend aber auch beunruhigend. Eine Zeit lang verweile ich hier um die Eindrücke auf mich wirken zu lassen. Schritte kommen näher - haben sich noch mehr Menschen hierher verlaufen? Es ist lediglich ein Mitarbeiter, welcher mich darauf hinweist, dass meine Zeit in diesem Raum abgelaufen ist. Zehn Minuten pro Person sind das Maximum. Die nächste Person steht bereits wartend in der Schlange. Oh, nicht verlaufen, gewollt ist das hier. Genau so. Macht das die Erfahrung nun besser oder schlechter? Unsicher verlasse ich den Raum, die Galerie, und begebe mich zurück nach Hause. Die Reise war verwirrend, aber auch schön.

Fragrance - ein so merkwürdiger aber gleichzeitig so gefälliger Duft von Henry Jacques. Selbst der Name ist nicht aufschlussreich und ist so generisch wie er nur sein könnte. Selbst die Suche nach diesem Duft in der Suchmaschine des Vertrauens ist schwierig, da diese einfach nur alle Henry Jacques "Fragrances" ausspuckt und nicht genau diesen anzeigt. Die Noten? Verschmolzen. Angefangen mit vielen Aldehyden, ziehen sie sich bis zum Schluss hindurch und bleiben im Vordergrund. Dazwischen etwas florales. Vielleicht Gartennelke und Ylang-Ylang, vielleicht aber auch nicht, so genau lässt sich das gar nicht sagen. Die Iris scheint hindurch und bildet zusammen mit den Aldehyden eine tolle, etwas altbackene Komposition, die jedoch gleichzeitig total modern und alternativ wirkt. Eine wirklich interessante Mischung. Keine Süsse, keine Trockenheit, von nichts zu viel und dennoch stark und wahrnehmbar. Charakter ja, aber ein sehr eigener und kaum greifbarer. Spannende Sache.

Nach vielen Stunden ist hier Schluss. Sowohl auf Haut als auch auf Kleidung hält sich dieser Duft wahnsinnig gut. Die Sillage luftig, die Haltbarkeit beeindruckend. Für einen Tag in der Kunstgalerie sicherlich ausreichend. Während Henry Jacques normalerweise etwas altbackener und traditioneller unterwegs ist, bietet dieser Duft einen sehr interessanten und ungewöhnlichen Kontrast. Sicherlich einer der spannendsten aus dem Hause, welcher leider wahnsinnig schwierig zu testen ist, da es ihn nur exklusiv in Paris zu testen und kaufen gibt. Preislich schmerzhaft, besonders für Menschen die von ihrer Kunst leben, der Flakon ist schön anzusehen und die transparente Flüssigkeit passt überraschend gut zum Duft.

Ein tolles Kunstwerk, welches lediglich auf den richtigen Künstler zum Tragen wartet. Einzigartig, besonders, gleichzeitig gefällig. Süchtig machend. Komisch, aber nicht zu komisch. Absolut Signature worthy, aber nicht jeder ist worthy, um ihn als Signature zu tragen. Der Duft wählt sich seinen Träger aus. Hach, einfach toll. Als Brume ein kleines bisschen schöner als als Öl - dieser Duft lässt sich einfach super aufsprühen und auch die Haltbarkeit leidet hier kaum.
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Pawly vor 14 Tagen 4
9
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
4
Duft
Nach dem Abwaschen ganz gut..
.. davor viel zu anstrengend.

Fleur du Desert - der neueste Duft der orientalischen Louis Vuitton Kollektion, mit einem überraschend akzeptablen Preis für LV Verhältnisse kommt er daher und spaltet ganz offensichtlich die Meinungen. Für die einen der tollste LV, für die anderen der schlimmste.

Louis Vuitton konnte mich bislang überraschend stark überzeugen. Als jemand der weder die Marke sympathisch findet noch massentaugliche Düfte ohne viel Charakter mag, würde man eigentlich meinen, die Marke sei so gar nichts für mich, und doch überzeugt sie mich immer und immer wieder. Ein toll gemachter, frischer und gut gelaunter Imagination am Morgen funktioniert einfach, und der Ombre Nomade, wenn auch mittlerweile etwas anstrengend, hat diese Art von Oud im europäischen Bereich durchaus stark etabliert, und auch hier hört es nicht auf. Die Marke ist überraschend mutig. Der Nouveau Monde oder auch Cactus Garden ist ziemlich weit entfernt von massentauglich. Diese Düfte fliegen eher unter dem Radar, haben spannende Kompositionen und bewegen sich in einem akzeptablen Preissegment. Mit dem Pur Oud hat sich Louis Vuitton sogar an einen richtigen, wahnsinnig polarisierenden Oud Duft getraut, und auch der Myriad spielt in selbiger Liga. Wie sieht's nun also um den Fleur du Desert aus?

Angefangen in der Boutique, auf der Suche nach dem Pacific Chill, sprühte ich den Fleur du Desert zunächst auf einen Papierstreifen auf und war sofort begeistert. Pudrig, floral, gleichzeitig orientalisch, holzig, warm. Schön und besonders. Ganz anders als der Rest der orientalischen Kollektion, gleichzeitig angenehm zu riechen. Die Begeisterung war sofort zu spüren. Nach dem Opening kam das Puder dann jedoch, zusammen mit den floralen Noten, immer mehr hindurch und wurde etwas anstrengender. Begeisterung wurde zu Ernüchterung - "Wieso entwickelt der sich denn so?" Nun gut, nicht weiter beschäftigt, dafür war ich schliesslich auch nicht hier. Eine Probe bekam ich dennoch mit.

Zuhause dann ein erneuter Test - diesmal direkt auf die Haut, soll ja besser sein und schön war er auch eigentlich. Direkt erschlagen. Puder durch und durch, floral ebenso. Als grosser Jasmin Fan Ernüchterung - von Jasmin ist hier nicht viel zu spüren, es dürfte wohl die Orangenblüte sein, die ich nicht so recht leiden kann. Chemisch, synthetisch, kratzend, laut, anstrengend waren hier die Assoziationen. Holz, Oud, Wärme, etwas ausgleichendes? Fehlanzeige. Es wurde regelrecht trocken in der Nase, dabei sollte das doch mein angenehmer, orientalischer "Scent of the Night" werden. Nun gut, das war wohl nichts, sonderlich entwickeln tut er sich auch nicht mehr, ab ins Bett, morgen ist er weg. Doch nein - es geht nicht, er muss abgewaschen werden, und das obwohl ich das eigentlich nie tun muss. Er ist einfach zu anstrengend. Am nächsten Tag ein angenehmer Duft im Bett. An der Hand gerochen - so ist er toll! Leicht, angenehm, ausgeglichen. Das Puder weicht, der Jasmin bleibt. Orangenblüte wahrnehmbar, dafür weniger anstrengend. Oud rieche ich hier weiterhin keines. Wäre dieser Duft von Anfang bis Ende genau so, wäre er sicher einer meiner Favoriten aus dem Hause. Ein 300+ Euro Wässerchen jedes mal abzuwaschen bevor ich es tragen kann, halte ich jedoch für etwas.. befremdlich. Sehr schade.

Trotz der miesen Erfahrung, gibt es hier Punkte für den Flakon, denn dieser ist wirklich toll, und auch der Preis ist für Louis Vuitton zwar nicht günstig, aber okay. Haltbarkeit und Sillage sind enorm, dieser hier schafft Konkurrenz für den Ombre Nomade. Die anderen zwei orientalischen LVs sind deutlich schwächer und zurückhaltender, dieser hingegen schreit förmlich durch die Strassen. Wer Performance sucht, wird sie hier bekommen, Kopfschmerzen sind bei über 5 Sprühern vorprogrammiert. Für mich ein unfassbar anstrengender, lauter, nerviger und unbalancierter Duft, welcher so schön sein könnte, hätte man ihn nur ein wenig herunter geschraubt. Leider ist das leider nicht so wirklich das, was Louis Vuitton und entsprechende Kunden haben möchten und so entsteht ein Duft, welchen man als Endgegner für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel bezeichnen könnte.
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Pawly vor 14 Tagen 5 1
9
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft
Einzigartig, langanhaltend, Oldschool, Wow-Faktor..
.. beeindruckend, Traumsillage, raumfüllend, arrogant, pudrig, unisex, vielseitig, Frühling im Flakon, frisch, Komplimente anziehend, traumhaft schön, besonders, unüblich und dennoch gefällig, luftig, nostalgisch, faszinierend, süchtig-machend, kaum zu beschreiben, wundervoll, toll gemischt, qualitativ, ständiger Wandel, kreativ, künstlerisch, facettenreich, kaum greifbar, nicht von dieser Welt.

Henry Jacques' Fragrance - ein Duft, der weit unter dem Radar fliegt, viel zu wenig Aufmerksamkeit erhält, eine eher unbeeindruckende Duftpyramide hat aber zweifelslos mit seiner Komposition beeindruckt, denn diese ist nicht nur traumhaft schön, sondern auch überraschend einzigartig. Nicht nur in der Duftwelt, auch im Henry Jacques Lineup ein absolut einzigartiger und besonderer Duft. Genug geschwärmt, zurück zu den harten Fakten, ernsten Noten und strengen Bewertungskriterien.

Wir fangen an mit den Noten. Der Duft beginnt direkt nach dem Auftragen seine Aldehyde zu zeigen, und davon so richtig viel. Diese strahlen sofort in den gesamten Raum heraus und breiten sich wahnsinnig schnell aus - die Sillage ist hier bereits wahnsinnig stark. Mal wieder etwas unüblicher für Henry Jacques, aber überraschend erträglich. Ylang-Ylang und alle anderen floralen Noten sind hier für mich nicht einzeln erkennbar, sondern machen sich eher als Gemisch bemerkbar, Zeder fehlt gänzlich, die Aldehyde behalten mit grossem Abstand die Überhand. Iris und Labdanum lassen sich im Drydown sehen, besonders die Iris sticht zusammen mit den Aldehyden heraus und sorgt für eine pudrige, florale, oldschoolartige Kreation, die an klassische Chanel Düfte erinnert. Vanille fehlt hier gänzlich, ich wüsste aber auch nicht so genau ob diese hier korrekt am Platz wäre. Diese Aldehyd-floral-Iris-Kreation zieht sich bis zum Ende hin durch bei gleichbleibender Stärke. Sicherlich einer der stärksten HJ-Düfte. Besonders spannend dürfte hier sein, dass sowohl Haltbarkeit als auch Sillage enorm sind. Von allen Teststreifen ist es der Fragrance, welcher sich mit Abstand am längsten gehalten hat, und nach dem Auftragen mehrerer HJ Düfte auf der Haut war es einzig und allein der Fragrance, welcher eine Wolke hinter sich her zog und alle anderen Düfte übertönen konnte. Nach vielen, vielen Stunden ist hier irgendwann Schluss. So wie es anfing, wird es auch beendet - mit den Aldehyden, welche sich die gesamte Zeit über gehalten haben und sicherlich das Gerüst der gesamten Komposition bilden. Trotz teils schwieriger Noten eine herrliche Kreation, welche mir ausgesprochen gut gefällt und nach welcher ich mich auch nach Monaten noch sehne.

Henry Jacques' Fragrance ist auf eine merkwürdige Art und Weise fesselnd. Die pudrig-floralen Noten, kombiniert mit der tollen und wahrnehmbaren, aber dennoch luftigen und unaufdringlichen Sillage, sorgen dafür, dass man sich immer und immer wieder nach diesem Duft sehnt - und das obwohl die Noten normalerweise nicht meinem Geschmack entsprechen würden. Die Performance ist grossartig, die Entwicklung ebenso. Überraschend gut und mit entsprechendem Budget lässt sich dieser Duft auch grossartig mit einer der grüneren Henry Jacques Kreationen layern. Probiert habe ich das mit dem No. 9 d'Igor und dem 1995, in beiden Fällen ein wirklich schönes Ergebnis.

Dieser Duft ist einer der schönsten, die mir bislang unter die Nase gekommen sind, und auch wenn ich das bei Henry Jacques leider immer und immer wieder sagen kann, so finde ich diese Komposition einfach äusserst gelungen und mutig, denn Aldehyde, Puder und floral muss gekonnt sein und erfordert ein gewisses Selbstbewusstsein. Der Duft hat eine oldschool Note, erinnert aber gleichzeitig auch an moderne Ateliers, Kunstausstellungen, an alternative Menschen, welche künstlerisch begabt und kreativ sind. Weisse Galerien, noch gänzlich ohne Kunstwerke, dazu ein leichter Geruch von Farbe. Ein Künstler/eine Künstlerin sitzt allein in der Mitte dieses gigantischen Raumes und fertigt kontrovers bewertete Skulpturen an. Hier sehe ich den Duft - ein Signature für eine künstlerische Person. Weisse Leinwand, weisser Raum, die Farbe bringt die jeweils tragende Person mit.
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Pawly vor 21 Tagen 6 1
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Morgens Chanteraines, Abends Moulin Rouge
Henry Jacques kann mich nun schon seit längerer Zeit begeistern. An einem regnerischen Nachmittag ging es dann auf einem meiner vielen Paris Trips in die Henry Jacques Boutique. Nachdem ich schon mehrmals die Boutique in Dubai besucht habe und relativ gut über das Lineup bescheid wusste und dies auch dem Verkäufer mitteilte, wusste dieser ganz genau, welchen Duft er mir zeigen musste: 1995. Enttäuscht werden sollte ich an diesem Tag nicht, lediglich teuer sollte es in naher Zukunft werden.

Beim 1995 von Henry Jacques handelt es sich um einen Paris City Exclusive. Dies bedeutet, dass er nur in der einen Paris Boutique getestet und gekauft werden kann. Weder auf der Website noch woanders ist dieser Duft zu kaufen. Es gibt keine Parfümerien, auch nicht in Paris, welche diesen Duft führen, es gibt keine Aktionen 1x im Jahr, wie bei manch anderen Marken, bei denen einmal kurz alle Exclusives verfügbar sind, und es gibt keine Proben, um den Duft einmal selbst testen zu können bevor man sich für einen Kauf nach Paris begibt. Es gibt ihn nur dort, und das sollte nicht zuletzt daran liegen, dass dieser Duft die Stadt repräsentieren soll.

Bevor wir zum ganzen Drumherum kommen, erst einmal der Duft und seine Noten.
1995 zeigt sich nach dem Aufsprühen erst einmal frisch und freundlich. Basilikum und Lavendel sind sofort wahrnehmbar, und auch die Bergamotte riecht man sofort. Wirklich schön, erinnert leicht an den Roi Sans Equipage aus selbigem Hause. Oldschool, gleichzeitig modern. Durchaus zeitlos, minimal arrogant. Noch riecht man hier nicht viel von dem, was später folgen soll.
Nach etwa einer halben Stunde wird's dann so richtig spannend - der Duft wandelt sich. Deutlich waldiger, deutlich grüner. Hier erinnert er mich sehr eindeutig an den Soudain L'Hiver aus selbigem Hause. Dies dürfte sicher an der Zypresse und dem Wacholder liegen. Grün und kalt. Ich rieche hier auch noch sehr eindeutig Aldehyde heraus, bin mir jedoch unsicher warum diese nicht gelistet sind. Allemal schön, eine leicht pudrige Note im sonst recht grünen, waldigen Gemisch. Patchouli und Leder kommen dann im Drydown hinzu, und wenn der Duft bislang bereits äusserst schön war, so ist es die Basis, die mich so richtig begeistern kann. Die Mischung aus Leder, den grünen Noten des Wacholders und der Zypresse, und dann noch das Patchouli ist einfach zum Verlieben. Äusserst elegant, gleichzeitig ein Stück weit "rough". Ein hart Arbeitender Mann, welcher nach seiner Schicht beim Bäume Fällen direkt zum Abendball geht. Eine traumhafte Mischung aus wundervollen Noten, und das obwohl ich Lavendel und Bergamotte eigentlich weniger gut leiden kann. Nach etwa 8 Stunden verabschiedet sich der Duft dann langsam.

Henry Jacques' 1995 ist einer der schönsten Düfte, die mir unter die Nase gekommen sind. Nicht umsonst befindet er sich mit einigen anderen Henry Jacques Düften auf meiner Wunschliste. Grün ja, aber eben auch ledig und edel. Von nichts zu viel, nichts stört hier, nichts sticht hier besonders laut heraus. Stattdessen eine wundervolle Mischung schönster Noten und ein wahrlich genialer Kontrast aus rau und edel. Luxuriös und gleichzeitig funktionell. Ein Duft, welchen man beim Bäume Fällen und auf einem Abendball tragen kann. Mit Anzug oder mit Blaumann. Falsch wäre er an keiner Stelle. Ein herrliches Gefühl beim Tragen - er verschmilzt förmlich mit der Haut und sorgt dafür, dass man sich einfach gut fühlt. Wie bei Henry Jacques üblich, wird der Duft quasi ein Teil der Person. Man trägt nicht nur einfach einen Duft auf seine Haut auf, sondern unterstreicht seine Persönlichkeit regelrecht.

Haltbarkeit ist hier etwas weniger als bei vielen anderen Henry Jacques - nach spätestens 8 Stunden nehme ich hier nicht mehr viel wahr, auch beim Öl ist das ganz ähnlich. Die Sillage ist beim Extrait durchaus solide, aber nicht übermässig stark - genau richtig, um entdeckt zu werden. Er zieht eine schöne, aber kleine Wolke. Für mich genau richtig. Flakon, wie bei HJ typisch, eigentlich schön, der Deckel könnte schöner sein. Zur Erfahrung im Laden brauche ich wohl nicht mehr viel sagen, hierzu habe ich schon in meinen anderen Reviews viel geschrieben. Eine absolute 10 an Duft und Erfahrung, die Performance befindet sich im Mittelfeld, ebenso der Flakon. Der Preis ist ein ganz grosses Aua.

Für mich ein Duft ohne welchen ich nicht mehr kann und möchte - er wird ganz sicher ganz bald einziehen. Einer der absolut schönsten, die ich jemals riechen durfte. Vielen Dank, Henry Jacques, für dieses Meisterwerk.
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