Parfums-Jardins

Le Jardin de Monsieur Li 2015

Rivegauche
17.06.2015 - 12:02 Uhr
31
Top Rezension
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Schwein gehabt

Denn wenn ich die vorhergehenden Kommentare lese, bin ich offenbar ein guter Duftträger. Kollegen haben mich noch am Nachmittag positiv auf "Monsieur Li" angesprochen, nachdem ich den Duft am Morgen aufgetragen habe. Auch ein Freund, der den Duft ebenfalls besitzt, findet nicht nur die Haltbarkeit ausgesprochen gut. Man könnte sich vielleicht auch fragen, welche Erwartungen ich an einen Duft habe, der nicht nur in der sommerlich angelegten Gartenserie von Hermès erscheint, sondern der Parfumeur auch Jean-Claude Ellena heisst, dessen Düfte seit gut zwanzig Jahren für seine luftige Transparenz berühmt sind. In seinem Buch "Der geträumte Duft" bemängelt er, dass häufig die Eleganz eines Duftes für die "Performance" - also Intensität und Diffusion - von der Industrie geopfert wird, die einzig allein das Ziel habe, die Zugänglichkeit des Duftes zu erleichtern um eine internationale Klientel zu umschmeicheln (Original-Ton). Dem könnte man entgegensetzen und kritisieren, dass er seine Produkte für Hermès ja schließlich auch verkaufen will...nicht umsonst werden seine Bücher deshalb in einem Einband im berühmten Hermès-Orange erscheinen. Aber auch schon Edmond Roudnitska schrieb in seinem Buch "Le Parfum" wie entsetzt er vom Trend der in den Achtziger Jahre aufkommenden "Extreme" Welle war...er scheint aber auch kein einfacher Geselle gewesen zu sein.

Ich selbst sehe das gerne im Zusammenhang mit den verwendeten Rohstoffen und der gewünschte Verwendung. Während mir bei den Gartendüften oder anderen Colognes jeglicher Hersteller die Haltbarkeit und Silage in der Regel egal sind, empfinde ich Sie bei beispielsweise bei "Poivre Samarcande," dessen Grundcharakter durch die angegebenen Noten Eiche, Moos, Pfeffer und Zeder eigentlich ein stärkerer sein sollte, manchmal als zu wenig...auch wenn ich den Duft selbst ganz wunderbar finde.

"Le Jardin de Monsieur Li" startet durch die angegebene Kumquat zitrisch fruchtig und belebend frisch und addiert recht schnell die floralen Noten des Jasmins. Der Jasmin lässt hier jede indolische Note vermissen und spielt lediglich mit seiner sommerlich sonnigen Blumigkeit. Eine versteckt bitter-grasig-grüne Note, die ich als teeartig wahrnehme oder sich vielleicht auch als "grüner Bambus" Holzigkeit beschrieben ließe, nehme ich mit einer schwebenden Leichtigkeit wahr, die dem Jasmin den nötigen Kante verleiht um nicht zu rund zu werden. Das macht den Duft auch für Männer möglich. Durch Ellenas wandlungsfähigen Lieblingsstoff Iso-E Super, so scheint es mir, bettet sich eine undefiniert aber alles verbindende dunstig mineralische "warmes Wasser auf Steinen" Atmosphäre mit ein, das gefällt mir sehr gut. In der Basis wird noch etwas Moschus für den leicht cremig sauberen und leicht seifig eleganten Charakter verantwortlich sein. "Le Jardin de Monsieur Li" erscheint mir als ein typischer Jean-Claude Ellena Duft, dessen Duftcharakter sich zwar durch den kurzen und unkomplizierten Duftverlauf schnell durchschauen lässt...dessen Unkompliziertheit vielleicht als erstes Alterwerk erkennbar ist...aber beim Tragen trotzdem mir nicht langweilig wird. Vielmehr erscheint mir die Qualität der verwendeten Rohstoffe trotz synthetischer Herkunft fernab vom Wort "Synthetik" und auch die Verblendung der einzelnen recht sparsam verwendeten Duftstoffe ganz wunderbar miteinander verwoben. Das lässt sich einen ganzen Tag lang wunderbar sublim er-/tragen...womit dem Anspruch Ellenas nach Eleganz Rechnung getragen wäre.

Das Ergebnis ist ein zeitgemäßer und dennoch zeitlos elegant zurückhaltender blumig frischer Duft mit leicht seifig holzig grünen Facetten, der im Frühling und Sommer hervorragend tragbar ist. Insofern finde ich Werbekampagne mit dem Flakon inmitten eines zurückhaltend farbigen Gartens und einem Wasserteich mit Steinen recht treffend gewählt, auch wenn ich zugeben muss, dass das Duftergebnis für mich durch die blumig grüne Klarheit eher mediterran als tatsächlich asiatisch wirkt. Ganz klar ist aber auch immer einfach Geschmackssache, welche Duftgeschmack man persönlich besitzt. Roudnitska und Ellena liegen mir mit Ihrer fast philosopisch intellektuellen Idee von Düften einfach mehr, als die direkten "Hau drauf" Keulen.
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