H24 2021 Eau de Toilette

Profumorist
28.02.2021 - 10:27 Uhr
41
Top Rezension
7
Preis
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Lockdown.Duft.Fragezeichen.

Die 70er und 80er Jahre waren geprägt durch gehaltvolle, moosige, schwere, raumfüllende, mit Testosteron geschwängerte prägnante Düfte wie „Azzaro pour homme“, „Antaeus“, „Patou pour homme“, „Quorum“, um nur einige zu nennen. Etwas später kam noch „Boss No. 1“ und „Zino“ hinzu. Unisex gab es noch nicht wirklich. Das waren noch die Signaturdüfte von Darth Vader, Gordon Gecko und dem Terminator. Das, was wir heutzutage als Klassiker bezeichnen und noch so oft gerne tragen.

Mitte/Ende der 80er änderte sich die olfaktorische Landschaft radikal. Aus schwer und moosig wurde aquatisch und frisch. Krasser kann ein Wechsel gar nicht sein. Angefangen mit „Green Irish Tweed“ und drei Jahre später mit „Cool Water“ und „New West“ schwappte die Erfrischungs-Welle über uns hinweg. In den 90er kamen noch „L’eau d’Issey pour homme“, Calvin Kleins Unisex-Meisterwerk „CK One“, Kenzos "Pour homme" und Giorgio Armanis Disco-Schleuder „Acqua di Gio“ hinzu. Alles, was wir heutzutage als moderne Klassiker bezeichnen und teilweise noch gerne tragen.

Mitte / Ende der 90er und Anfang des neuen Jahrtausends änderte sich wieder etwas. Es wurde süßlich. „Le male“. Jean Paul Gaultier. In den 00er Jahren kamen noch „One Million“ und „Spicebomb“. Die hochwertigen Ableger dieser Stilrichtung hören auf den Namen „Dior Homme“. Irgendwer entdeckte auch auf einmal ein komisches Harz aus dem Adlerholzbaum und Leder war trotz des Vegan-Trends auch wieder up-to-date.

Und was hat sich ab Anfang der 10er Jahre getan? Richtig. Die so oft gescholtenen Duschgel-Düfte. „Aventus“, „Bleu de Chanel“, „Sauvage“ und all ihre Konsorten, Nachahmer und Trittbrettfahrer. Und trotz ihrer „Mankos“ erfreuen Sie sich überall auf der Welt nach wie vor größter Beliebtheit. Sie sind durch die Bank frisch gehalten und zu jeder Jahreszeit und zu jedem Anlass tragbar. Die eierlegende Wollmichsau?

Vielleicht noch nicht?! Denn was kommt denn nun im neuen Jahrzehnt auf uns zu? Dior hat damit im letzten Jahr begonnen. Das neue „Dior Homme“. Frisch ohne wirkliche Zitrik. Schwebend sanfte Holzigkeit. Man vermutet kaum Sillage, weil man sie selber schwierig wahrnehmen kann. An anderen Mitmenschen wahrgenommen, ist sie aber enorm. Ähnlich Molecule No. 1. Molekular halt.

Wie Ihr seht, ändert sich im Leben nun stetig vieles. Das ist Naturgesetz und das ist auch gut so.

Wenn Hermès einen neuen Männerduft lanciert, ist bei mir die Vorfreude riesig. „Terre d’Hermès“ ist eines meiner absoluten Lieblingsdüfte für eine einsame Insel. Und „Voyage d’Hermès“ eines der unterschätzten Düfte.

H24 ist in all seinen Phasen ungemein weich und frisch. Frische ohne erkennbare Zitrik. Leicht grün ohne Assoziationen an Gräser oder Wälder. Blumig, aber kein Blumenstrauß in einer Vase. Wenn Pepper 81 weiter unten schreibt, der Duft erinnere sie an das alte „Higher“ von Dior, kann ich dem nur zu 100% zustimmen. H24 ist einfach hervorragend austariert und ausbalanciert.

Die Haltbarkeit ist sehr gut. Mehr als acht Stunden bei mir. Zur Sillage kann ich nicht viel sagen. Ich vermutet aber, dass diese ebenfalls nicht von schlechten Eltern ist (wenn Andere sie an einem wahrnehmen).

Was bleibt? Nun, ich denke, dass der H24 ein weiterer Duft einer neuen Kategorie oder besser gesagt, einer neuen Machart ist. Dior hat es vorgemacht. Und ich verwette meine Sammlung, dass Chanel mit ihrem neuen Männerduft auf die gleiche Machart setzen wird. Und alle anderen werden dann nachziehen. Und nein, das ist nicht der Untergang des Abendlandes. Das ist der Gang der Zeit und der ist eben nicht aufzuhalten. Und natürlich wird er denjenigen nicht gefallen, die eher auf orientalische und süße Düfte stehen.

Ach ja, interessant wäre es noch zu wissen, wie man diese Düfte wohl nennen wird. Molecular Freshies? (wird ja eh alles gedenglished).

Gruß

Euer Profumorist

PS: Ich kann Jedem hier nur den Film „Nose“ über Francois Demanchy und Dior empfehlen. Erstaunlich objektiv gehalten und einfach nur schön inszeniert.
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