BFellmeden
02.02.2024 - 16:46 Uhr
9
Hilfreiche Rezension
8
Preis
7
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

1740 von Histoires de Parfums, der Duft der dominanten Damen?

Die Marke Histoires de Parfums begegnete mir erstmals in Videos von Marc Gebauer. Schon vor einigermaßen langer Zeit pries er den Histoires de Parfums This is not a Blue Bottle 1.2 und einige seiner blauen Brüder als sehr besondere Düfte an. Und so begab es sich, dass die 1.2er Version mein erster Duft dieser Marke wurde.

Später dann beschrieb er in zwei sehr unterhaltsamen Videos, einmal im Beisein Herbert Strickers und einmal im Beisein Kai Portens, den Histoires de Parfums 1740 als extrem starken und raumfüllenden Duft, als Duft für echte Männer, als Duft für Leute, denen ihr Umfeld völlig egal ist. Grinsend erklärte er, dass dieses Parfüm der ideale Blindbuy sei und dass man mit ihm einfach nichts falsch machen könne. Das machte mich zwar neugierig, aber mehr derzeit noch nicht.
Ich weiß nicht, ob die Parfumoregeln es erlauben, dass ich die Links zu den beiden Videos, von denen ich berichte, hier veröffentliche. Ich versuche es einfach mal und würde mich über einen freundlichen Hinweis auf einen eventuellen Regelverstoß deutlich mehr freuen als über ein kommentarloses Löschen dieser Rezension.

https://www.youtube.com/watch?v=T9A99YE6Dpc
https://www.youtube.com/watch?v=wD6JLdJNduY

Lange Zeit habe ich mich mit der Marke nicht weiter beschäftigt, was im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass mein bereits erwähnter Duft 1.2 zwar über eine ganz erhebliche Haltbarkeit verfügt, der Duft selbst auch schön ist, aber für mich persönlich nicht auf der höchsten Welle surft.

Wie schon so oft, stolperte ich über ein gutes Angebot im Fachhandel, wo die Marke Histoires de Parfums im Übrigen sehr häufig extrem stark rabattiert wird. Im freien Fall griff ich zum Flakon, der seinerzeit leider nur als 60 ML-Version zu haben war und schlug zu. Das hätte ich ohne das Angebot sicherlich nicht gemacht und hätte dann tatsächlich etwas verpasst.

Der erste Versuch: Ich ging mit einer gewissen Erwartungshaltung an den 1740 und vermutete einen Duft zu erleben, der nicht nur nicht alltagstauglich sein würde, sondern mir wahrscheinlich auch nicht gefallen und für mich einfach drüber sein würde.
Meine Erwartungshaltung wurde nur zum Teil erfüllt. Ich würde nicht sagen, dass er mir nicht gefiel. Ich würde aber auch nicht sagen, dass er die Erfüllung meiner olfaktorischen Träume war. Aber stark war er schon, so dass mir zumindest spontan nicht einfiel, bei welchen Gelegenheiten ich dieses Parfüm würde auflegen können.

Bevor ich an dieser Stelle ins Detail gehe, kann ich es mir nicht verkneifen darauf hinzuweisen, dass diese Reihe der Düfte von historischen Personen und Ereignissen inspiriert ist. Der Bezug des 1740 gehört dem Marquis de Sade, einem französischen Adligen und Schriftsteller, von dem sicherlich die meisten Menschen schon einmal etwas gehört oder vielleicht sogar gelesen haben. Er gilt nicht unbedingt als Erfinder des BDSM, wird aber vielfach als einer der ersten Menschen gehandelt, die entsprechende Neigungen hatten und diese öffentlich gemacht haben. Ohne dass ich dazu befragt werden will, woher ich meine Weisheit nehme, kann ich versichern, dass der Duft nichts mit der Welt der Qualen, Schmerzen und Folterritualen zu tun hat. Heutzutage riechen vielleicht die Dominas gut, nicht aber deren Opfer, deren Geruch sehr oft von Angst und blutigen Spuren beseelt ist.

Der Duft ist dunkel, schwer und beerig, aber all die Beeren, die hier (hypothetisch) verarbeitet wurden, sind unsüß. Gleiches gilt für die Zitrik, die zwar vorhanden, aber für mich in solcherlei dunklen Parfüms immer sehr schwer zu extrahieren ist. Da ist viel Leder und viel Harz und auch wenn in der Duftpyramide nichts von irgendwelchen Früchten steht, assoziiere ich den Duft mit einer fast schwarzen Marmelade aus ungesüßten Blaubeeren und Brombeeren.
Außerdem nehme ich eine sehr angenehme Alkoholnote wahr, die dem Duft eine wunderbare Eleganz verleiht, aber auch von Alkohol steht nichts in der Duftpyramide. Grüne Noten oder irgendetwas „Helles“ kann ich nicht erkennen.

Schnell wird mir klar, dass wir (ich) ein Problem haben! Es stellt sich mir tatsächlich die Frage, wann trägt man sowas?

Am Abend dann habe ich den 1740 einer Freundin, die nicht ganz so tief im Thema ist wie ich, aber immer großes Interesse an meinen neuen Düften hat, gezeigt. Auch sie hat ihn Probe getragen und kam zu dem Ergebnis: „Nee, den finde ich aber gar nicht schlecht!“
Solche Aussagen hat sie auch bei anderen Düften, von denen ich nicht eine Sekunde gedacht hätte, dass sie einer Frau gefallen könnten, getroffen und damit schon früher dafür gesorgt, dass ich ein Parfüm aus einem anderen Blickwinkel betrachte, weil sie damit meine Sorge, ich könnte meinem Umfeld auf die Nerven gehen oder auf Frauen „abstoßend“ wirken, vom Platz verwies. Das führte dazu, dass diese Düfte, so wie nun auch der 1740 weitere Chancen bekamen. Und was soll ich sagen? Ich habe das schon so, so oft erlebt. Schon beim nächsten Versuch gab es kein Problem mehr.

Der 1740 von Histoires de Parfums ist nach wenigen Anläufen für mich zum 10er-Kandidaten avanciert. Wer „mich“ liest wird jetzt vielleicht sagen: Ja, ja, das ist bei dem ja immer so. Wer’s glaubt wird selig. Ich aber sage euch: Ich schreibe lieber über Parfüms, die mir gut gefallen, als über Düfte, mit denen ich niemals Freundschaft schließe. Das macht mir erstens mehr Spaß und wird zweitens auch von der Community deutlich besser honoriert. Und das bedeutet mir etwas.
Aber wofür eignet sich nun dieser Duft? Ich denke, man kann ihn auch in geschlossenen Räumen tragen, dann aber sollten es eher großzügige Räumlichkeiten mit Stuck unter den hohen Decken sein. Ein kleines Büro mit fünf Arbeitsplätzen ist wohl eher ungeeignet.

Ganz toll ist dieser Duft, wenn man an einem sonnigen, aber eiskalten Tag einen Spaziergang entlang von brach liegenden Feldern macht. Mit dem 1740 riecht man sich unentwegt selbst und das verschafft mir als Parfümjunkie die olfaktorische Befriedigung nach der wir alle streben.
Wenn ich euch den 1740 mit dieser Rezension etwas näherbringen konnte, freut mich das sehr. Vielen Dank für’s Lesen.
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