Vinyldates
04.01.2022 - 04:28 Uhr
13

Safranrisotto

Risotto, ein Breigericht aus Reis, welches so gut die elementaren Klassenverhältnisse unserer Gesellschaft aufzeigt. Es geht ja schon los, wenn man beschämt vom Reisregal steht und sich entscheiden muss, ob es der von Mutter bevorzugte Risottoreis wird, der durch sein feines und zartes Aroma gepaart mit einem viel zu überhöhten Preis für Reis besticht, oder eben doch der günstige Milchreis, der oft absolut ausreichend ist. Hat man sich letztendlich doch für die günstigere Version entschieden, bereut man es doch gleich wieder. Wollte ich doch heute mal was außergewöhnliches kochen, nämlich Safranrisotto. Und für so ein Gericht, sind teurere Zutaten doch angebracht, auch wenn sie geschmacklich gar nicht so viel verändern und nur den Geldbeutel belasten. Nachdem ich mich nach langem hin und her, für einen überaus gelobten und teuren Reis entschieden hatte, Safran, Weißwein (natürlich den guten!), Zimt und etwas Vanille in den Einkaufskorb geschmissen hatte, konnte der eigentliche Spaß beginnen.
Eigentlich ist Risotto kochen ja auch nur eine Art Lifestyle- etwas was hip und cool ist, selbst wenn man nur in der viel zu kleinen Küche rumsteht und "Italien" spielt, dazu eine hippe Musikplaylist hört ( bei mir Italien Dinner, muss ja alles zusammenpassen) und gedankenverloren Zutaten in den Topf schmeißt und dabei liebevoll ab und zu rührt. Aber egal, es würde gut werden, ich hatte teuer eingekauft, erstklassige Zutaten und der Hype um dieses Gericht war groß- jedenfalls in diesen angesagten Kochmagazinen.
Der Reis blubberte, ich schwenkte fröhlich mit meinem Glas Wein hin und her und schnupperte immer wieder daran, mmmh, süßlich, das muss der Safran sein, oder die Vanille, hatte ich überhaupt Vanille reingemacht?, noch ein Schluck vom Wein, ziemlich würzige Note, bestimmt der Zimt, aber schmeckt, ich bin niemand, der sich über Wein beschwert, aber kommt da noch was? Egal, ich lösche den Reis einfach etwas damit ab, wird schon gut sein, jedenfalls besser, als das was ich sonst koche. Vor lauter Vorfreude drehte ich mir erstmal eine Zigarette, den Tabak hatte ich gefunden, ein Relikt einer vergangenen Hausparty, glaube ich, riecht zwar kaum noch, aber egal, wird gut sein. Vielleicht stecke ich die nach den Essen an- hat ja irgendwie Stil sowas, habe ich jedenfalls gehört.
Ich schaufelte eine große Kelle in mich hinein, ja ist interessant, ah okay das ist Safran, mh naja ist schon gut, aber muss jetzt nicht so oft sein, wofür also der Aufwand? Der Reis ist fad, jedenfalls nicht weniger fad als die cheapy Variante, ich denke es muss nur mehr Käse rein, Käse geht nämlich immer und eine coole Band hat mal darüber gesunden, dass er die Welt retten kann- oder war das ein Song über Pizza? Ist ja das gleiche. Bevor ich den 1,99€ Gouda greife, besinne ich mich, dass ich es hier mit einem Gourmetgericht zu tun habe und zücke den Parmesan, der zuvor liebevoll auf einer Sandelholzreibe gerieben wurde. Mama sagt immer, wenn keine Liebe im Essen ist, schmeckts nicht. Also liebevoll kochen, dann wird es was und so stecke ich mein gesamtes beschissenes Herz in diese Herstellung des verdammten Edelrisottos und eben auch mein Geld. Es wird sich lohnen, denke ich und wage einen weiteren Bissen...mh schmeckt halt wie Reisbrei, cool. Ich kann ja jetzt schlecht zugeben, dass mir die Billigversion mit Milchreis, Gemüsebrühe und Gouda besser schmeckt- keine Lust auf die gerunzelten Augenbrauen meiner Freunde, dennoch habe ich viel mehr erwartet. Auf die fahle Kippe habe ich jedenfalls auch keine Lust mehr, was für eine scheiße.
Enttäuscht und etwas fertig von der gemeinen Erkenntnis, das es anscheinend doch keinen großen Unterschied zwischen Milch-und Risottoreis gibt und das ganze wohl nur eine böse Verschwörung der Reisindustrie ist, um privilegierten Menschen mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, und vielleicht die zwei Klassengesellschaft so richtig zu fördern, wovon ich nun widerwillig ein Teil geworden war, ließ ich mich resigniert auf meinen Sessel plumpsen. Naja, dann bleibe ich eben bei der günstigen Variante.
___________________________________________________________________________________________________
Und mal wieder bin ich auf einen sehr gehypten Duft hereingefallen. Initio- eine Marke die irgendwie zur Zeit richtig richtig cool ist, und dass natürlich mit Recht, denn über 500 Bewertungen können ja nicht lügen, ist dennoch so gar nicht mein Fall. Der Duft startet sehr süß zu Beginn- das liegt am Safran, ein edles Gewürz (ich find ja den Namen crocus sativus cooler), der natürlich nicht nur Speisen sondern auch in gefälligen Duftkompositionen zu finden ist. Ich koche selten damit- ist mir zu teuer und anscheinend finde ich ihn auch olfaktorisch nicht so dolle.
Nachdem der erste süßliche Schwall überstanden ist, driftet Side Effect in eine eher cleane alkoholische Richtung die später ins Würzige übergeht. Zimt ist schon in der Kopfnote präsent, wird aber zur Basis gerichtet intensiver, ebenso wie Sandelholz.
Gespannt warte ich auf den Geruch des lieblichen Rums gemischt mit starken Tabakrauch- ich muss irgendwie an Kuba denken- und schweife immer wieder mit der Nase an mein Handgelenk. Mhhh, ja das kommt bestimmt gleich, und mein Gehirn wünscht sich einer hoffnungslosen Illusion hingeben zu können, doch vergeblich, es bleibt für mich aus. Es riecht weiterhin nur nach Sandelholz, was an sich auch ganz nett ist, aber eben nicht das, was ich erwartet hatte- gerade bei so einen "guten" Duft.
Die Projektion ist ganz nett, kann man nicht viel meckern, riecht ne ganze Weile und wird später hautnah (Sandelholz regelt das), ich denke 8h riecht man Side Effect gut und gerne.
Mit einer Bewertung von 8.4 (holy), vermag ich es nicht, dem Duft eine schlechte Bewertung zu geben- denn an sich ist er auch kein schlechter Duft- nur unendlich langweilig und das Geld (meiner Meinung nach) nicht wert. Er riecht rund, wird seine Anhänger haben und hat bestimmt seine Daseinsberechtigung, so wie eben überteuerter Risottoreis. Dennoch denke ich, dass es ähnliche gute Sandelholzdüfte in einem niedrigeren Preissegment gibt, die eben doch etwas spannender und naja auch besser riechen.
5 Antworten
SeejungfrauSeejungfrau vor 4 Jahren
Kreisrund grins. Reisbrei.Dito. :-)))
AukaiAukai vor 4 Jahren
Toll geschrieben - musste an den ersten Weihnachtstag denken, als ich eine Stunde am Herd stand, um - tadaaaa: Risotto zu rühren. Ob mit Milchreis oder Risottoreis vermag ich nicht zu sagen, den hat die liebe Schwägerin reingekippt. Es war jedenfalls sehr lecker. Beim Duft bin ich auch noch unentschlossen. Er darf jetzt als größer Abfüllung einziehen, damit wir uns näher kennenlernen. Und jetzt hab ich Hunger…
ElevatorgirlElevatorgirl vor 4 Jahren
Recht hast du. Zwar schön, aber etwas zu rund geraten und besonders im Gegensatz zu anderen Initios nicht gerade durch seine Originalität bestechend.
MonsieurTestMonsieurTest vor 4 Jahren
Sehr feine und umsichtige Rezension. Viel gelernt über Risotto-Produktion und ihre ideologischen Fallstricke und über nen offenbar überbewerteten Duft. Gern gelesen!
FloydFloyd vor 4 Jahren
Klasse, gerne gelesen. Ich fand eigentlich nur den Magnetic 8 gut von der Marke. Aber bahnbrechend sind die nicht..