L'Eau d'Issey 1992 Eau de Toilette

Lillie
11.04.2022 - 09:44 Uhr
37
Top Rezension
10
Preis
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft

Der Duft von Süßwasser

Wenn ich die Rezensionen oder Statements zum 90er Jahre Meisterwerk, zum ersten seiner Art, L'Eau d'Issey (Achtung, Wortspiel für: Odyssee...) hier so durchlese, werde ich ein bisschen traurig. Wehmütig, weil die Vokabeln, die benutzt werden, um dieses "Wesen" zu beschrieben oft so gleichförmig sind, Frisch, liest man da oft. Frische. Kühle, Strenge, Kaltheit... keine normale Kälte sondern dieses harte, Stählerne, das wird vermittelt. Das alles macht mich ein bisschen betroffen. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie und wann ich diesen Duft das erste Mal roch. Meine Eltern waren damals schon geschieden, ich muss so um die 16 gewesen sein, einmal die Woche übernachtete ich bei Papa, der mit seiner damaligen Freundin, nun schon lange Frau, in der Stadt lebte, sie war Lehrerin. Sie versorgte mich immer mal wieder mit Luxusproben von Kosmetik oder Düften, die ich mir nicht leisten konnte und dieses Probefläschchen bekam ich mit den Worten: das trägt meine Kollegin Frau Soundso, da riecht das ganze Lehrerzimmer danach, ich ertrage diesen Duft aber nicht, probiere doch du mal. (Sie trug Youth Dew zu der Zeit!) Ich war ja höflich und wollte die Luft also nicht "verpesten" und probierte es erst wieder zuhause auf dem Land angekommen (ich lebte bei Mama und ihrem neuen Mann). Ich sprühte es auf und ich war geradezu schockiert, narkotisiert, umgehauen, aber auf die gute Art! Das roch nach etwas, was ich noch nie gerochen hatte! Nach süßen Blumen (Lilie, Tuberose, Freesie), nach Sommer (Nelke, Rose, Pfingstrose, Seereose! Stellt euch vor! ), nach "dem Geruch von Wasser", irgendwie kühl und gleichzeitig auch irgendwie, wie von der Sonne gewärmte Haut. Ich wartete (und sparte) lange, bis ich mir das erste Fläschchen zulegte. Es muss nach dem Abi gewesen sein, und seitdem war er immer wieder on-off in meiner olfaktorischen Welt zuhause. In den 2000ern wiederentdeckt und spätestens seitdem ein moderner Klassiker.
Die Hauptakkorde die ich wahrnehme sind Lilie, ich liebe Lilie, man kann es meinem Namen fast entnehmen... :-) da bin ich also nicht neutral, dann aber auch dieses was damals so neuartig war, das Gurkige, die Melonennote, die kam ja erst in den frühen 80ern/90ern überhaupt aus der Aromachemie in die Parfumwelt - obwohl hier Calone nicht gelistet ist. Eine leichte transparente Honignote, wie dünnflüssiger Nektar, der Duft von Wasser, das richtiggehend mineralisch wirkende Salz wurde im Parfum ja erst viel später modern, ich mag es auch sehr (vgl. L'Eau d'Issey Pure!!) aber hier ist es nicht vorhanden. Hier stehen wir unter einem Wasserfall aus Süßwasser. Ein Hauch von Meer vielleicht, aber nicht das Salz auf der Haut.
Im Fond ist das Sandelholz warm und sanft, der Moschus macht es so streichelweich und die Sillage, die frisch nach dem Aufspühen größer ist, wird gut-durchschnittlich, aber die Haltbarkeit des EdT (das EdP ist tatsächlich ein anderer Duft, verwandt aber anders) ist sehr gut.
Ich möchte es nicht mehr missen in meiner Sammlung. Fragil und stark. Nixenwesen, Wassergeister im Sommerblumenmeer...
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