A Fleur de Peau 1999

Serenissima
28.11.2023 - 00:14 Uhr
11
Sehr hilfreiche Rezension
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft

„avoir les nerfes a fleur de peau“

Diese Aussage passt schon; jedenfalls für mich!
Wenn ich hier nämlich die gereizten Nerven durch Sinne ersetze und sie auch noch mit positiven Emotionen unterlege, dann wird schnell klar: „A fleur de peau“ und ich, wir haben uns gefunden, obwohl wir gar nicht wusste, dass wir uns suchten!
Ein duftendes Kennenlernen einer Kreation, die im ersten Moment vielleicht etwas fremdeln lässt, sich dann aber als ein überraschend reizvoll blumig-animalisches Duftwesen zeigt.

Welch ein Auftakt:
Ein weicher, großzügig mit Iris gepuderte Wildlederhandschuh (er lässt mich an den Nerzhandschuh von James Bond in „Feuerball“ denken) berührt sanft und gleichzeitig intensiv meine Haut und erweckt alle Sinne: „Ich zittre! Ich bebe!“ heißt es in Mozarts „Zauberflöte“.
Aber das nicht etwas vor Angst, sondern vor wohliger Erwartung; ich möchte gern mehr davon erleben!
Es entwickelt sich im weiteren Duftverlauf aber keine zu heißer Leidenschaft steigernde Sinnlichkeit, sondern ein sanftes Schnurren des Wohlbehagens:
Ein sich so verführerisch lebendig anfühlendes Prickeln durch die feine Mandarinenfrische und eine große Wiedersehensfreude mit reicher blumiger Ylang-Ylang Duftumarmung lässt mich leicht erschauern.
Wie stimmig ist diese mich streichelnde Duftharmonie, wenn auch speziell und sicher etwas aus der Zeit gefallen.
In welches verschwiegene Boudoir, in welche Duft und Wärme durchfluteten Räumlichkeiten eines Serails fühle ich mich versetzt?
So angewärmt und aufnahmebereit erwarte ich nun sehnsüchtig die nächste Stufe dieser Duft-Zärtlichkeit: Reiche harzige und gleichzeitig weiche Amberschleier umhüllen mich und wecken dadurch noch meine restlichen, bisher schlummernden Sinne; sie reagieren einen Moment lang leicht gereizt mit einer Gänsehaut!
Was macht diese außergewöhnlich Duftschöpfung nur mit mir?

Sweetsmell nennt „A fleur de Peau“ sexy: Ja, das trifft schon zu!
Für mich strahlt dieser Duft aber eine anregende, sich subtil entwickelnde Erotik mit vielen unterschiedlichen, reizvollen bis aufreizenden Facetten aus, ohne zu übertreiben.
Diese blumig gepuderte Animalik des Wildleders, gepaart mit fast keuscher Mandarinenfrische, findet in sich hier etwas süßlich-holzig entwickelnder Amberwärme, wohl mit reifer Vanille verfeinert, einen perfekten Höhepunkt.

Ein wenig verträumt in all dieser duftenden Hingabe fühle ich mich in eine andere Zeit versetzt.
In ein Zeitalter, in dem Sinnlichkeit, mit feiner versteckter Erotik gewürzt, noch nuancenreich und leise lockend unter die Haut gehen durfte und nicht alles so offenbar beim Namen genannt wurde.
Denn bei allen Sinnenreizen zeigt „A fleur de Peau“ auch eine Art Keuschheit durch die anfangs bereits erwähnte leicht mädchenhafte Mandarinenfrische.

Ich traf hier bereits vor längerer Zeit eine Duftkomposition, die mich sofort und unerwartet tief berührte, auf die ich mich aber erst nach und nach ganz einlassen konnte.
So dauerte es auch einige Zeit, bis ich all die unterschiedlichen Fragmente meiner Duft-Wahrnehmung in Worte fassen konnte.
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