Cuté 2013

HeavyAlice
03.04.2024 - 13:08 Uhr
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Ihr Name ist Emily

Das allererste Mal erblickt er sie auf der Party, die er jedes Jahr im Sommer auf seiner prächtigen Yacht veranstaltet. Der Himmel ist stahlblau und lässt sich von den winzigen, wattigen Wölkchen kaum beeindrucken. Sie sind lediglich schwache Dekoration, die der Perfektion eines lauen Sommertags entgegensteht und ihn grade dadurch so rund, so aufregend macht. Auf dem Boot, das direkt am Strand liegt, tummeln sich dutzende von schönen Frauen; die Luft ist erfüllt von prickelndem Champagner, von gekühlten Himbeeren, von schwülstigen, schweren Parfumdüften, die sich genau wie die Gäste versuchen in ihrer Luxuriosität gegenseitig zu übertrumpfen.

Er lacht. Er lächelt. Er schüttelt Hände. Er gibt den perfekten Gastgeber. Er latscht in seinen weißen, teuren Tennisschuhen durch klebrige Pfützen aus Chardonnay Irgendwas, streichelt mit seinen Armen beiläufig sonnengebräunte, seidige Haut. Schneeweißes Hollywoodlächeln droht seine Augen zu verbrennen, hohes Gekicher zerrt an seinem Trommelfell und an seinen Nerven, Erwartungen drücken ihm ständig die starken Schultern zusammen. Er drängelt sich panisch durch die Menge, hin zum Rand des Bootes, will der feierwütigen, protzigen Masse entkommen, die er sich selbst eingeladen hat wie die Geister die er nie rufen wollte- und dann ist es plötzlich still um ihn herum.

Denn dann sieht er SIE.

Die opulente, schwülstige, protzige Wolke aus teuren Damendüften weicht zickig und zeternd zurück vor dieser zarten, unschuldigen und doch bemerkenswert durchsetzungsfähigen Note aus Pfingstrose, die seine Nase in einen weißen Schwanensee taucht und ihn an einen Ort entführt, der so einladend, romantisch und sicher ist, das er sich sofort geborgen fühlt.

Sie,- das ist Emily.

Emily steht im Abseits, hält nervös ein Glas Champagner in der Hand, weiß überhaupt nicht was sie hier soll zwischen all den luxuriösen, gut betuchten Gästen die sich über Pferdewetten und Aktien unterhalten. Sie wurde von ihrer Freundin, einer selbsterklärten Fashionista mitgeschleift, die jedoch sofort im Getümmel verschwunden ist und sie zurückgelassen hat.

Emily ist nicht reich; sie arbeitet in einem Dessousgeschäft und lebt in einem winzigen Haus am Strand, was sie von ihrem Vater geerbt hat. Ihre honigblonden Locken trägt sie offen, sie umschmeicheln ein rundes, natürlich schönes und freundliches Gesicht, was ihn schüchtern anlächelt als er sich traut, zu ihr heranzutreten. Fasziniert nimmt er wahr, um wieviel eleganter und weiblicher sie wirkt, als die kreischenden, bunten, pompösen Damen die ihn amsonsten umschwänzeln. Das weiße, cremige Sommerkleid aus Satin umspielt ihre braungebrannten Beine, die Diamantstecker in ihren Ohren passen zu dem glitzernden Anhänger an ihrer Halskette und denen an ihrem Armband. Das diese nicht echt sind, stört ihn keineswegs. Die schwarzen Riemchensandalen umschmeicheln gepflegte, zierliche Füße. Sie will nicht auffallen, sie muss es auch gar nicht. Sie ist die Taube unter tausend Raubvögeln, die Cinderella auf dem Ball. Eine Frau von zurückhaltender Eleganz, weiß, rein und trotzdem anschmiegsam.

Er vermisst sie. Er vermisst sie schon, wenn er sie nur ansieht.

Bevor er etwas sagen kann, streckt sie ihm ihre zierliche, weiche Hand hin.

,,Hallo", sagt sie. Eine weiche und doch klare Stimme, präsent und doch zurückhaltend, begleitet von weißen, etwas zapfenartigen Zähnen, die trotz ihrer fraulichen Präsenz noch das niedliche Mädchen aus früheren Tagen erahnen lassen. ,,Mein Name ist Emily."

Sie kuscheln im Strandhaus. Auf dem kleinen Landhaustisch vor ihnen zwei leere Teller mit Resten von Wildlachs in Tagliatelle. Hell und schmeichelnd schmiegt sich ihr Duft an ihn; er sieht gleißend helle Blumenfelder, riecht Zedernholz und Rosen, riecht bodenständiges und leises Frühlingserwachen und weiß, das er nie wieder aufhören wird zu träumen. Und so lässt er sich von ihr mit in die Ewigkeit nehmen; in ihren eigenen weiß blühenden Garten aus Pfingstrosen, Freesien und Rosen, einem Bouquet was ihm die Sicherheit schenkt, nach der er schon solange sucht und die nun endlich ein Zuhause gefunden hat.

Dieser Duft ,,Cute" ist dem von Chloe nachempfunden und ich muss sagen, das ich Chloe ein wenig besser finde, jedoch heißt das nicht das der hier schlecht ist. Ich bemühe mich immer, das ,,Dupe" als eine eigene Duftkomposition zu sehen. Für mich ist es ein Duft wie die Emily aus meiner Geschichte; sanft, rein, kühl in seiner zurückhaltenden Eleganz, ein weiblicher Duft, recht klassisch. Ein Duft für die Frauen, die trotz ihrer wichtigen Berufe, egal ob Lehrerin, Verkäuferin, Köchin oder Pflegerin immer noch vor allem eins sind: Bemerkenswerte Ladys.
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