Venezia (1992) (Eau de Toilette) von Laura Biagiotti

Venezia 1992 Eau de Toilette

Version von 1992
loewenherz
29.12.2016 - 14:20 Uhr
19
Top Rezension
7Duft 7Haltbarkeit 7Sillage 5Flakon

Doch mit den Clowns kamen die Tränen

Als die Italienerin Laura Biagiotti 1988 Roma herausbrachte, hätte vermutlich kaum jemand voraussagen können, dass daraus eine der olfaktorischen Signaturen der 90er werden sollte. Doch weil die Sehnsucht nach den romantiktrunkenen Städten Italiens als Projektionsfläche für das Luxusgut Parfum in jener Dekade offenbar so gut verfing, lag es nur nahe, Roma nicht nur einen gleichnamigen Herrenduft beizustellen, sondern es mit einer weiteren Stadt gleich nochmal zu versuchen. An geeigneten Städten mangelte es Italien damals wie heute nicht.

Venezia. Es gibt nur wenige Orte, die gleichzeitig so wunderbar sind wie so fürchterlich. Es scheint keinen Augenblick der Ruhe zu geben dort - ich habe es im Januar versucht, ist besser, aber auch nicht gut - und besonders grässlich ist es natürlich im Karneval, wenn Harlekine oder Pierrots in pastellfarbenem Tüll über die Brücken huschen und einander im Schutz porzellanerner Masken Anzüglichkeiten zuraunen - so mochten zumindest Marlies und Manfred aus Mettmann denken, als sie damals die Venedig-Pauschalreise mit dem Bus bei Tchibo buchten.

Porzellanmasken und traurige Pierrots oder andere Clowns (mit Swarovski-Stein als Tränchen im Augenwinkel) waren eine der populärsten Landplagen der 80er und 90er, die schlimmsten von ihnen mit angeklebtem Federschmuck und karierter Halskrause aus Polyester - zum Platzieren auf der Rückenlehne des Dreisitzers aus terracottafarbenem Alcantara, auf dem sich Manfred und Marlies sonntags mit einer Flasche Eckes Edelkirsch und einer Schachtel Toffifee einkuschelten, während im Hintergrund als artgerechter Soundtrack Rondò Veneziano lief.

Venezia ist bei weitem nicht so furchtbar, wie die oben umrissene Erinnerungen an Mettmann in den frühen 90ern verheißt. Er ist ein vanillig-opulenter Orientale - und einer der ersten, der sich Pflaume als Duftnote zu thematisieren traute. Auffällig war er damals, ein bisschen schwülstig und südlich kapriziös, aber sicherlich unter denen, die man heute als 'Best of 90s' subsumieren würde - und unter denen nicht der schlechteste. Doch seine Zeit ist vorüber - wie es auch Rondò Veneziano, weinende Pierrots und Eckes Edelkirsch nur noch ganz theoretisch gibt.

Fazit: 'Doch mit den Clowns kamen die Tränen' heißt ein bekannter Roman das Schriftstellers Johannes Mario Simmel. Venezia war der zweite und beinahe auch letzte Duft von Laura Biagiotti, dem der Sprung in die vordere Reihe noch gelang. Danach kam nichts mehr oder - anders gesagt - nur noch Tränen.
3 Antworten
BlauemausBlauemaus vor 9 Jahren
Der Kommi ist fast so schön wie der zu Roma, nur ohne Leierbündchen. *gg* Venezia mochte ich immer an anderen, nur nie an mir. Roma passte irgendwie besser. Die reformulierte Venezia-Version finde ich übrigens gar nicht mal so übel, das Vintage ist mir zu heftig.
KleopatraKleopatra vor 9 Jahren
Bin ganz bei Dir - aber was hast Du denn gegen Toffifee??? :)
Mustang69Mustang69 vor 9 Jahren
Schauerliches Treiben. Darauf einen Dujardin.