Grand Soir Maison Francis Kurkdjian 2016 Eau de Parfum
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Top Rezension
Jeder verdient eine zweite Chance ... oder auch eine dritte.
Lernt man eine Person kennen, für welche man mehr als nur Freundschaft empfindet, bei der jedoch gleichzeitig die eigene Gefühlswelt aufgrund gewisser, nicht ganz so positiver Charaktereigenschaften noch keine eindeutige ist, so macht man sich Gedanken, spricht mit seinen engsten Freunden und stellt sich immer und immer wieder die Frage, ob das wirklich der Mensch ist, mit dem man zusammen sein möchte, mit dem man seine innigsten Geheimnisse teilen möchte, so wie man vieles andere mit ihm teilen würde.
Natürlich ist niemand perfekt. Neben positiven Seiten gibt es zwangsweise auch immer negative. Das ist die Natur des Menschen. Doch auch wenn nicht jeder perfekt ist, jeder seine nicht allzu tollen Charakterzüge hat, so muss man sich schlussendlich die Frage stellen - ganz pragmatisch halt - ob man mit genau diesen, bei jeder Person so individuellen, schlechten Seiten leben kann und leben will, ob man sie akzeptieren kann oder halt nicht. Überwiegt das Positive das Negative oder gar umgekehrt? Wie entscheidet man sich?
"Grand Soir" ist nun keine große Liebe, sondern "nur" ein Parfüm - welch "ketzerische" Aussage gerade in diesem Forum ;). Versuchte ich das erste Mal, kurz nachdem ich die heiß erwartete Abfüllung bekam, jenen "großen Abend" zu durchleben, was nun schon einige Monate her ist, so wurde ich verschreckt, vergrault, und auch ein wenig traumatisiert und so wie man mit seinen engsten Freunden über die Liebe spricht, möchte ich mich mit euch Parfumos nun über "Grand Soir" unterhalten, denn es besteht wahrlich Redebedarf.
Es war warm, zwar noch nicht dieser Hochsommer wie wir ihn vor einigen Wochen noch hatten, aber es war warm - ich schätze so um die 20 Grad. "Grand Soir" packte während unserer ersten Begegnung sofort meinen Arm, versuchte mich mit einer Süße zu verzaubern, die jedoch nur wie eine aufgesetzte wirkte, denn tief in seinem Inneren fühlte ich etwas, was mich einfach angewidert auf meinen Stuhl sinken ließ. Die Süße fühlte sich irgendwie falsch und künstlich an, versprüht von jemandem, der jene nur einsetzt, um zu manipulieren, um sich einzuschleimen. Es wirkte so, als wollte mein "Grand Soir" mit all seiner Süße seine Ecken und Kanten, seine negativen Seiten oder seine Schwächen kaschieren, um meine Sympathie um jeden Preis zu gewinnen. Das kam mir alles so inszeniert und offensichtlich vor. Sehr wohl registrierte ich seine trotz aller Süße vorhandene Künstlichkeit, die einfach nicht versteckt werden konnte. Und dann sollte es noch schlimmer kommen. "Grand Soir" wurde aufdringlich, laut und mir persönlich nur noch unangenehm. Verließ ich das Lokal, folgte er mir. Stieg ich in die S-Bahn, folgte er mir. Gelangte ich dann endlich an meine Haustür ... naja. Er verstand einfach nicht, dass ich nichts mit ihm zu tun haben wollte, dass unser erstes Date wohl auch das letzte sein sollte.
Wie ihr euch mit Sicherheit denken könnt, blieb es nicht beim sogenannten ersten und letzten Date. Ich war irgendwie neugierig und brauchte ein paar Wochen, um mich von all dem zu erholen. Die Tage wurden etwas kälter und ich entschloss mich, es doch nochmal zu probieren.
Unser zweites Date verlief etwas besser. Zwar war er noch immer etwas aufdringlich, doch ließ er die große Schauspielerei sein. Er versuchte mich zwar weiterhin, mit all der Süße zu umwerben, doch fand ich das jetzt gar nicht mehr so schlimm. Die negativen Seiten wurden nicht versucht zu verstecken und genau das war es, was die zuvor noch bestehende Antipathie ein wenig verfliegen ließ. Aber war ich mir jetzt sicher? Kann ich mir eine gemeinsame Zukunft vorstellen? Ich weiß es noch nicht.
Eine dritte Begegnung sollte folgen. Die Nächte wurden nun wirklich kühl, zum Teil wurde die Fünf-Grad-Marke unterboten und man sehnt sich nach mehr Wärme und Geborgenheit, anders als im noch warmen Frühling oder gar Sommer. Die Tage werden kürzer, ungemütlicher und dunkler, was sich irgendwie auch auf uns Menschen auswirkt. Es braucht einfach einen Herzenswärmer - einen, der ein wenig Licht in die dunkle Zeit des Jahres bringt. "Grand Soir", den ich nun ein drittes Mal traf, da ich endlich nach Gewissheit verlangte, kam genau richtig. Irgendwie mochte ich nun seine Süße, sogar seine Aufdringlichkeit, sobald Vanille und Tonkabohne ihren Zauber entfalteten, das Benzoe-Harz nach einiger Zeit eine leicht rauchige Note hervorbrachte und das Amber das Ganze mit einer dezenten Cremigkeit abrundete. "Grand Soir" wusste um mein Bedürfnis nach Zuneigung und Wärme, blieb lange bei mir, zog mit seinem Charakter fremde Blicke auf sich, jedoch ohne, dass es mich großartig störte. Dieser dritte Abend war wirklich groß, toll, besonders und tatsächlich bin ich nun schlauer und sicherer als vorher.
Ich mag "Grand Soir", kann mir vorstellen, Zeit mit ihm zu verbringen, jedoch nicht immer. "Grand Soir" hat einen besonderen Charakter, der für besondere Situationen gedacht ist - ein Charakter, der mal perfekt, mal deplatziert ist. Wenn es aber etwas gibt, bei dem ich mir absolut sicher sein kann, so ist es seine Zuverlässigkeit, denn sobald er da ist, ist er da und dann aber auch richtig, ohne jeden Kompromiss. Ich habe dabei gelernt, seine Ecken und Kanten zu verstehen und zu mögen. Das Positive überwiegt nun doch und das Negative ist gar nicht mehr so negativ. Letzteres gehört einfach dazu und so kann ich mir - nach drei Anläufen - vorstellen, mit "Grand Soir" ein wenig Zeit zu verbringen, aber nicht Minute für Minute, nicht Stunde für Stunde, nicht Tag für Tag, nicht Monat für Monat.
Natürlich ist niemand perfekt. Neben positiven Seiten gibt es zwangsweise auch immer negative. Das ist die Natur des Menschen. Doch auch wenn nicht jeder perfekt ist, jeder seine nicht allzu tollen Charakterzüge hat, so muss man sich schlussendlich die Frage stellen - ganz pragmatisch halt - ob man mit genau diesen, bei jeder Person so individuellen, schlechten Seiten leben kann und leben will, ob man sie akzeptieren kann oder halt nicht. Überwiegt das Positive das Negative oder gar umgekehrt? Wie entscheidet man sich?
"Grand Soir" ist nun keine große Liebe, sondern "nur" ein Parfüm - welch "ketzerische" Aussage gerade in diesem Forum ;). Versuchte ich das erste Mal, kurz nachdem ich die heiß erwartete Abfüllung bekam, jenen "großen Abend" zu durchleben, was nun schon einige Monate her ist, so wurde ich verschreckt, vergrault, und auch ein wenig traumatisiert und so wie man mit seinen engsten Freunden über die Liebe spricht, möchte ich mich mit euch Parfumos nun über "Grand Soir" unterhalten, denn es besteht wahrlich Redebedarf.
Es war warm, zwar noch nicht dieser Hochsommer wie wir ihn vor einigen Wochen noch hatten, aber es war warm - ich schätze so um die 20 Grad. "Grand Soir" packte während unserer ersten Begegnung sofort meinen Arm, versuchte mich mit einer Süße zu verzaubern, die jedoch nur wie eine aufgesetzte wirkte, denn tief in seinem Inneren fühlte ich etwas, was mich einfach angewidert auf meinen Stuhl sinken ließ. Die Süße fühlte sich irgendwie falsch und künstlich an, versprüht von jemandem, der jene nur einsetzt, um zu manipulieren, um sich einzuschleimen. Es wirkte so, als wollte mein "Grand Soir" mit all seiner Süße seine Ecken und Kanten, seine negativen Seiten oder seine Schwächen kaschieren, um meine Sympathie um jeden Preis zu gewinnen. Das kam mir alles so inszeniert und offensichtlich vor. Sehr wohl registrierte ich seine trotz aller Süße vorhandene Künstlichkeit, die einfach nicht versteckt werden konnte. Und dann sollte es noch schlimmer kommen. "Grand Soir" wurde aufdringlich, laut und mir persönlich nur noch unangenehm. Verließ ich das Lokal, folgte er mir. Stieg ich in die S-Bahn, folgte er mir. Gelangte ich dann endlich an meine Haustür ... naja. Er verstand einfach nicht, dass ich nichts mit ihm zu tun haben wollte, dass unser erstes Date wohl auch das letzte sein sollte.
Wie ihr euch mit Sicherheit denken könnt, blieb es nicht beim sogenannten ersten und letzten Date. Ich war irgendwie neugierig und brauchte ein paar Wochen, um mich von all dem zu erholen. Die Tage wurden etwas kälter und ich entschloss mich, es doch nochmal zu probieren.
Unser zweites Date verlief etwas besser. Zwar war er noch immer etwas aufdringlich, doch ließ er die große Schauspielerei sein. Er versuchte mich zwar weiterhin, mit all der Süße zu umwerben, doch fand ich das jetzt gar nicht mehr so schlimm. Die negativen Seiten wurden nicht versucht zu verstecken und genau das war es, was die zuvor noch bestehende Antipathie ein wenig verfliegen ließ. Aber war ich mir jetzt sicher? Kann ich mir eine gemeinsame Zukunft vorstellen? Ich weiß es noch nicht.
Eine dritte Begegnung sollte folgen. Die Nächte wurden nun wirklich kühl, zum Teil wurde die Fünf-Grad-Marke unterboten und man sehnt sich nach mehr Wärme und Geborgenheit, anders als im noch warmen Frühling oder gar Sommer. Die Tage werden kürzer, ungemütlicher und dunkler, was sich irgendwie auch auf uns Menschen auswirkt. Es braucht einfach einen Herzenswärmer - einen, der ein wenig Licht in die dunkle Zeit des Jahres bringt. "Grand Soir", den ich nun ein drittes Mal traf, da ich endlich nach Gewissheit verlangte, kam genau richtig. Irgendwie mochte ich nun seine Süße, sogar seine Aufdringlichkeit, sobald Vanille und Tonkabohne ihren Zauber entfalteten, das Benzoe-Harz nach einiger Zeit eine leicht rauchige Note hervorbrachte und das Amber das Ganze mit einer dezenten Cremigkeit abrundete. "Grand Soir" wusste um mein Bedürfnis nach Zuneigung und Wärme, blieb lange bei mir, zog mit seinem Charakter fremde Blicke auf sich, jedoch ohne, dass es mich großartig störte. Dieser dritte Abend war wirklich groß, toll, besonders und tatsächlich bin ich nun schlauer und sicherer als vorher.
Ich mag "Grand Soir", kann mir vorstellen, Zeit mit ihm zu verbringen, jedoch nicht immer. "Grand Soir" hat einen besonderen Charakter, der für besondere Situationen gedacht ist - ein Charakter, der mal perfekt, mal deplatziert ist. Wenn es aber etwas gibt, bei dem ich mir absolut sicher sein kann, so ist es seine Zuverlässigkeit, denn sobald er da ist, ist er da und dann aber auch richtig, ohne jeden Kompromiss. Ich habe dabei gelernt, seine Ecken und Kanten zu verstehen und zu mögen. Das Positive überwiegt nun doch und das Negative ist gar nicht mehr so negativ. Letzteres gehört einfach dazu und so kann ich mir - nach drei Anläufen - vorstellen, mit "Grand Soir" ein wenig Zeit zu verbringen, aber nicht Minute für Minute, nicht Stunde für Stunde, nicht Tag für Tag, nicht Monat für Monat.
8 Antworten


Bewertet hatte ich ihn nach den ersten drei Stunden - dementsprechend schlecht kam er bei mir weg.
Hm, stelle gerade fest, ich hab ihn im August letzten Jahres getestet.....
nach Deinem Kommi bekommt er noch eine zweite und dritte Chance - wenn es knackig kalt ist.
Und das lustige ist, du sprichst mir hier aus der Seele!
es muss kalt und grausig draußen sein, dann passt dieser warme Duft und seine übertriebene Zuneigung einfach.
Ich freue mich dennoch auf meine 10 ml Abfüllung und freue mich die passenden Gelegenheiten jetzt im Herbst und Winter dafür zu finden und hoffentlich prägende Duftassoziationen zu erleben!