Anticonformiste 2023

Inedito
28.02.2024 - 10:26 Uhr
7
Sehr hilfreiche Rezension
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
6
Duft

Mogelpackung des Jahres?

Einige Worte vorab: Meine Probe von Anticonformiste ist durch das von Parfumo organisierte Gewinnspiel zu mir gekommen. Es war das erste Mal, dass ich bei einer Verlosung hier gewonnen habe, entsprechend überrascht und dankbar war ich, als ich heute in meinen Briefkasten geschaut habe. Ich gehe gleichwohl nicht davon aus, in den weiteren Genuss des exklusiven Duftpakets zu kommen, selbst wenn meine Rezension hier ein paar Pokale mehr als üblich erhalten sollte.

Denn: Mir gefällt der Duft nicht. Ich halte ihn fast eher für einen Anwärter im diesjährigen Rennen um die Mogelpackung des Jahres. Vielleicht handelt es sich hierbei aber auch einfach um enttäuschte Erwartungen.

Die Duftnoten lesen sich schonmal nicht unbedingt außergewöhnlich, aber das muss nichts heißen. Vielleicht handelt es sich ja um einen Aquaten, der aneckt, frisch ist, aber ironisch. Eben irgendwie nonkonform eben. Pustekuchen.

Das Opening ist enttäuschend, denn es erinnert mich an all die Düfte, die gerne von Jünglingen in Sportumkleiden großflächig als Duschersatz eingesetzt werden. Womöglich wie ein Duft von Alberto Morillas selbst, nur für eine andere Marke, die bei Müller und Douglas steht und nicht wie Mizensir bei Breuninger. So viel getestet habe ich noch gar nicht von Mizensir, im Vorübergehen allerdings den Eindruck bekommen, es mit ganz soliden Parfüms zu tun zu haben.

Na jedenfalls: Veilchen und Pfeffer sind eindeutig zu erkennen, auf der Haut sogar noch mehr das Pfefferminzöl. Nach einem großzügigen Auftritt weichen diese Noten allerdings in den Hintergrund zurück und es kommt immer mehr Calone durch. Ich finde Aquaten nicht prinzipiell schlecht oder synthetisch oder zu gewöhnlich. Daher hier die Hoffnung, es mit einem irgendwie anderen Aquaten, einem Antikonformisten zu tun zu haben. Aber nein, das Calone ist ein bekanntes, das immer stärker zu werden scheint und den Duft immer kälter werden lässt.

Mehr denn je erinnere ich mich an die Umkleide der Sporthalle aus meinen Schulzeiten. Schön war’s da nicht. Blau, grau, kalt. Ob es die nicht besonders wärmenden Erinnerungen daran sind oder der Duft selbst, kann ich nicht sagen, aber je stärker das Calone in den Vordergrund rückt, desto komischer wird mir.

Vielleicht haben wir es also doch irgendwie mit einem nonkonformen Duft zu tun, einem Spion der in der Masse untergeht, unerkannt, und doch nicht unbedingt aufmerksamkeitshaschend gefallen will. Immerhin kann ich die Duftnoten eindeutig herausriechen, nicht so wie bei manchen gepanschten Wässerchen. Dennoch: gefallen tun sie mir nicht.

Eine Enttäuschung also. Der Name ist toll, sollte dann aber auch mehr sein als nur leeres Gewäsch. „Letters to a young contrarian“ von Christopher Hitchens etwa hält was es verspricht. Das Buch ist Leitfaden für jene, die den Status quo in Frage stellen und unabhängig, kritische denken wollen, geschrieben von einem wahren Antikonformisten, der gegen den Zeitgeist und vermeintlich Unsagbares anschrieb. Hippies in Madrid, New Mexiko, fallen mir da auch ein, die noch heute so leben als gäbe es das, was das Feuilleton Spätkapitalismus nennt, gar nicht.

Der Werbeflyer schreibt, der Duft sei von New York inspiriert. Ich schätze, ich kann mir eine Reise dorthin sparen.
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