Carnation Maison Mona di Orio 2006
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Sehr hilfreiche Rezension
Ein ganzer Tag
Carnation verführt. Zu Tagträumen. Die Zeiten vermischen sich, der Tag wölbt sich in vergangene, als die Sommertage endlos waren und ein Tag fast nahtlos in den nächsten überging, als wäre es ein einziger und ewiger, grenzenlos.
Ein kleiner, hüpfender bunter Fleck, in flirrenden Blumenwiesen, in der Mittagshitze, barfuß und ungewaschen, versenkt die Nase in alle Blüten, maßlos und wie ein witterndes Tier, inhaliert unterschiedslos ihren manchmal indolischen, manchmal betörenden Atem, bevor sie gepflückt und zu zahllosen Sträußen in kleiner schmutziger Faust zusammengepresst werden. Sie wurden immer verschenkt, die Beschenkten ungefragt überflutet. Im Zelt füllten sie Gläser, bis die Gläser ausgingen. Füllten Vasen bei Oma und Opa Maschke, Blumen aus ungeordnetem Garten neben dem Plumpsklo. Wir besuchten sie jeden Sommer auf der Heimfahrt vom Urlaub, Oma und Opa, die gar nicht Oma und Opa waren.
Der Krieg war vorbei, Familien zerstreut, die Städte zerstört und Flüchtlinge auf der Suche. Auch mein Vater suchte, klopfte bei Wildfremden, bei Maschkes. Und die sahen ihn an und nahmen ihn auf, teilten ihre Armut. Er bezog das Zimmer von Maschkes vermissten Sohn, und sie träumten, auch der eigene würde irgendwo nicht abgewiesen. Und irgendwann kam ihr Sohn zurück, aus einem wurden so zwei Söhne, später kamen zu zwei eigenen Enkelkindern vier nicht ganz eigene aber doch irgendwie eigene dazu. Alle waren willkommen, Geschenke des Lebens.
Und ein geschenktes Enkelkind plünderte ihren Garten, um zu schenken, füllt die niedrige Stube mit Sommer. Am Abend kauert es auf dem Sofa, drückt die Nase auf die nackten heißen Knie. Sie riechen intensiv, nach Sonne und Haut. Oma Maschke sieht auf die Sträuße, auf diesen Akt des Nehmens und Vergeudens. Kleine Tiere taumeln aus zitternden Kelchen. Sie lächelt, glücklich. Das Leben ist schön. Sie streichelt dem Enkel über den Kopf. Ihre Hand riecht nach Garten und Mensch. Blütenstaub rieselt aus verwildertem Haar.
Ein kleiner, hüpfender bunter Fleck, in flirrenden Blumenwiesen, in der Mittagshitze, barfuß und ungewaschen, versenkt die Nase in alle Blüten, maßlos und wie ein witterndes Tier, inhaliert unterschiedslos ihren manchmal indolischen, manchmal betörenden Atem, bevor sie gepflückt und zu zahllosen Sträußen in kleiner schmutziger Faust zusammengepresst werden. Sie wurden immer verschenkt, die Beschenkten ungefragt überflutet. Im Zelt füllten sie Gläser, bis die Gläser ausgingen. Füllten Vasen bei Oma und Opa Maschke, Blumen aus ungeordnetem Garten neben dem Plumpsklo. Wir besuchten sie jeden Sommer auf der Heimfahrt vom Urlaub, Oma und Opa, die gar nicht Oma und Opa waren.
Der Krieg war vorbei, Familien zerstreut, die Städte zerstört und Flüchtlinge auf der Suche. Auch mein Vater suchte, klopfte bei Wildfremden, bei Maschkes. Und die sahen ihn an und nahmen ihn auf, teilten ihre Armut. Er bezog das Zimmer von Maschkes vermissten Sohn, und sie träumten, auch der eigene würde irgendwo nicht abgewiesen. Und irgendwann kam ihr Sohn zurück, aus einem wurden so zwei Söhne, später kamen zu zwei eigenen Enkelkindern vier nicht ganz eigene aber doch irgendwie eigene dazu. Alle waren willkommen, Geschenke des Lebens.
Und ein geschenktes Enkelkind plünderte ihren Garten, um zu schenken, füllt die niedrige Stube mit Sommer. Am Abend kauert es auf dem Sofa, drückt die Nase auf die nackten heißen Knie. Sie riechen intensiv, nach Sonne und Haut. Oma Maschke sieht auf die Sträuße, auf diesen Akt des Nehmens und Vergeudens. Kleine Tiere taumeln aus zitternden Kelchen. Sie lächelt, glücklich. Das Leben ist schön. Sie streichelt dem Enkel über den Kopf. Ihre Hand riecht nach Garten und Mensch. Blütenstaub rieselt aus verwildertem Haar.
11 Antworten

Eine berührende Geschichte die den Duft so schön beschreibt. Auch wenn ich den nicht kenne kommt jetzt auf die ML. Ein Pokal voller Erde, Sonne und Blütenstaub

wunderschön, vielen Dank

Ein wunderschöner Kommi, den ich irgendwie so spät gefunden habe. Eine sehr bildliche Vorstellung des Duftes. Danke, dass Du so etwas persönliches mit uns geteilt hast!

Diesen Duft suche ich seit 2 Jahren. Gibt es ihn denn überhaupt noch irgendwo? Dein wundervoller Kommentar verstärkt den Wunsch erheblich:-)

Hallo Iphigenie63, Carnation zielt direkt auf das Herz. Es muss dort aber eine Andockstelle geben, damit es eine Resonanz geben kann, ein Erkennen möglich ist. Ich sehe, dass Du diesen Duft in Deiner Sammlung hast. -:)

Hallo Titania, die Haut scheint ein wichtiges Thema für Mona gewesen zu sein. Vor einiger Zeit sah ich ein Video über sie. Sie sprühte einer Kundin den Duft in die Ellenbeuge um dann dort zu riechen, ganz nah am Körper, dort wo man den Menschen riecht. Die Kopfnote von Carnation bleibt über den ganzen Duftverlauf, sie scheint nur schwächer zu werden. Einige schreiben, sie verschwindet und danach würde der Duft schöner. Ich rieche es anders, die Kopfnote scheint, nachdem die Herz- und dann die Basisnote sich ausbreiten, in die Haut zu kriechen, deutlich wahrnehmbar, wenn man die Nase direkt auf die Haut drückt. Als würde die Kopfnote den Duft erden. Sie gehört unbedingt dazu.

Danke!

oh wow .... Kinheit voller Duft und Farbe ... Ja, unermeßlich reich, aller materiellen Armut zum Trotz - ich fühle mich beschenkt und laß ein Glas für die Wildblumen da!

Was fuer ein traumhafter Kommentar-danke.Man hat das Gefuehl,so wollte Mona die Menschen mit ihren Dueften beruehren...

Freue mich nun noch mehr darauf, diesen Duft irgendwann kennenzulernen. Ich mag die Nähe zur menschlichen Existenz, zur geteilten Erfahrung, die in Mona di Orios Düften oft ebenso greifbar wird wie hier, durch deinen Kommentar. Ja: Wunderschön.

So ein wunderschöner Kommentar! Danke!