Forever 2011 Eau de Toilette

TheHavoc
14.01.2023 - 04:39 Uhr
9
Hilfreiche Rezension
8
Preis
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft

Tonkadämmerung

Da dachte ich, ich wäre am Ende meiner Parfumreise angekommen, da ich den heiligen Gral für mich wiederbeschaffen konnte. Ich habe mir tatsächlich eingebildet, ich Idiot, ich bräuchte keine weiteren Parfums mehr. Ich Honk glaubte wahrhaftig, mir unbekannte Düfte könnten mich nicht mehr begeistern. Aber wie das eben so ist mit Vorurteilen, auch sich selbst gegenüber, werden selbige früher oder später - das dann aber garantiert - widerlegt. Meine Vorurteile waren erstens daß italienische Düfte nix taugen (kann ja gar nicht, meine Kracher kommen fast alle aus Frankreich oder Deutschland und sind auch noch TEURER und Moschino hat in Modekreisen einen eh zweifelhaften Ruf und überhaupt) und zweitens, daß mich diese folglich zu Recht nicht flashen KÖNNEN. Wie sehr ich mich geirrt habe, sollte ich durch den Blindkauf des hier besprochenen Parfums erfahren. Mich muss wohl die Parfummuse geküsst haben.

Als der FOREVER erschien, während meiner unheiligen Parfumabstinenz, registrierte ich den Flakon sehr wohl in den Auslagen und Regalen der verschiedenen Parfumerien, er fiel mir auf wegen des auffälligen Deckels, der - vorsichtig ausgedrückt - jetzt nicht unbedingt ein Designhighlight darstellt. Ein weiteres Vorurteil wurde geboren: ein Parfum in einem Flakon mit SO einem Deckel KANN überhaupt nicht gut sein, schlicht UNMÖGLICH. Also habe ich ihn ignoriert ergo nicht getestet. Hätte ich das mal gemacht, verdammte Axt - HÄTTE HÄTTE HÄTTE Mannomann ich reg mich grad auf - meine Parfumabstinenz wäre schlagartig zum Erliegen gekommen. Ich hätte (jajaja....) mir allerschnellstens, ABER SOFFOCHT, nämlich stante pedes, tout-de-suite, IMMÉDIATEMENT, ein After Shave und mindestens einen Flakon des EdT gekauft. Tja. So vergingen weitere 11 Jahre, immerhin wich meine Parfumabstinenz wieder geistiger Klarheit, ich registrierte mich auf Parfumo, schaffte wieder meine Böller an und war glücklich. Dachte ich.

Bei meinem ersten (und hoffentlich nicht letzten) Parfumotreffen im Dezember in Essen suchten wir auch unterschiedliche Parfumerien heim. Es war saukalt, fies windig und schon früher Abend, und vom vielen Schnüffeln der Proben der anderen Parfumos sowie durch das Wetter war meine Nase total ausgenudelt. Nichtsdestotrotz muss ich wohl irgendeine Probe gerochen haben, deren Folgen indes schwer wiegen. So testeten wir in den Parfumerien noch ein bisschen herum, aber nichts begeisterte mich wirklich. Ich ging zu den Mainstreamern, und ich bekam genau mit - jaja ihr Schlingel/-innen - wie ihr mich ensetzt dabei beäugt habt, nahm ich doch einen EROS in die Hand und sprühte ihn mir auf. "Gar nicht schlecht !" dachte ich sofort bei mir, der ist ja garnicht so schlimm wie viele schreiben (die "Älteren"), der hat sogar was (die "Jüngeren"), wobei es letztendlich nicht zum Kauf kam weil ich grosse Angst hatte hier und jetzt von den anderen Parfumos verschmäht, geächtet und in letzter Instanz geteert und gefedert zu werden. Nein, Quatsch, ihr wart supergeil - Alle ! Ich hab dann noch einen KOUROS gekauft, der half meiner armen gefrorenen gestressten Nase wieder ein bissl auf die Beine.

Kurz: am EROS gefiel mir, was ich sonst so von mir garnicht kannte, die dominante aber auch frisch-fruchtige Tonkabohne, jedoch etwas zu süß. Später bei mir zu Hause in Town probierte ich den Tonkabomber AHSEE aus, hier kam mir das Böhnchen aber zu plakativ, viel zu dominant und auch noch mir unerträglich natreenmässig nachgesüßt vor. Ich hatte jetzt aber Bock auf Tonka, Mann ! Frau ! Eine nochmalige Sichtung auf Parfumo präsentierte mir dann letztendlich den FOREVER: die Pyramide versprach eine gewisse Frische durch Bergamotte und Kumquat sowie eine dezente Würzigkeit durch Pfeffer und Sternanis. Zusätzlich fiel mir auf, daß der FOREVER zunehmend seltener erhältlich ist (das ist schon per se verdächtig), häufig vergriffen, nicht nachbestellbar und wenn dann mit steigenden Preisen: genau das Richtige für mich. In der Tat musste ich schon einen Raritätenhändler bemühen, weil es ihn sonst nirgendwo mehr gab.

FOREVER startet mit einer frisch-fruchtigen, leicht süssen Note mit schön wahrnehmbarer Würze des Sternanis . Kumquat kann ich nicht gezielt erriechen, ich hatte noch nie eine vor der Nase, es ensteht ein Eindruck einer Mischung aus frischer Pflaume und Pfirsich. Nach vielleicht 15-30 Minuten dämmert - wirklich dämmert - ganz langsam die Tonakbohne herauf, schööööööön so schön, und lecker, der ein Teil der Süsse durch eine Idee Pfeffer und dem Muskatellersalbei wieder entzogen und dafür einen leicht herben Einschlag verliehen wird. Wenn männliche Tonkabohne in Dominanz, dann SO ! Die dergestalt gepimpte Tonkabohne übernimmt immer mehr das Szepter, legt es aber nie aus der Hand, sondern agiert zusammen mit der zarten Würze des Pfeffers und des Sternanis. Nach weiteren 2-3 Stunden gesellen sich Zedernholz und Moschus dezent dazu und geleiten die Tonkabohne hinüber in die Basis, in der sie sich wieder in den Hintergrund zurückzieht, jedoch nie verschwindet. Forever ist ein gleichzeitig frischer, warmer und sehr sinnlicher Duft der es nicht nötig hat, schreiend auf sich aufmerksam zu machen.

FOREVER ist ein sehr edler ausgewogener Duft, jedoch kein H/S-Monster. Er ist, wie die anderen schon schrieben, dezent und elegant, und ergänzt den Träger wirklich nur anstatt selbigen zu überstrahlen, stets aber gut wahrnehmbar. Für mich ein ganz grosses Ding, ich werde wohl noch etwas davon bunkern müssen. Eigentlich, wenn man ehrlich ist, sollten Parfums doch genauso sein, den Träger ergänzen und nicht die Umgebung mit ihrer Präsenz erschlagen.

Ich wage folgende Prognose: er wird (oder ist schon, ich weiss es nicht) eingestellt, die Preise gehen hoch, und ehe man sich's versieht trauert man einem grossen Parfum hinterher und lamentiert rum, daß heute so etwas nicht mehr gemacht werde. Ich denke, diesmal war ich schlauer.
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